Am Ende der Nacht
Wildress-Bluffs — , und meistens hat es dann
auch geklappt, weil ihre Storys so lustig waren, daß alle abgelenkt waren.«
Hy, Zach und ich standen ein Stück von
den anderen entfernt, hinter einem Flecken mit Eiskraut. Hy und ich hatten
nicht zur Flugplatzfamilie gehört, und Zach schien ein bißchen Distanz nötig zu
haben. Als ich letzte Nacht zurückgekommen war, hatte ich Hy bei mir zu Hause
vorgefunden, und er hatte mir erzählt, daß Zach angerufen und gefragt hatte, ob
wir ihn zu der Trauerfeier mitnehmen könnten. Der Junge, sagte Hy, habe
verhalten und ein bißchen nervös geklungen — kein Wunder, das würde sein erster
Flug seit Mattys Tod sein. Hy hatte bereits eine Cessna 172 gebucht, so daß
Platz genug da war.
Als ich Hy fragte, wo er in meiner
Abwesenheit gesteckt habe, war die Erklärung so simpel, daß ich mich meiner
Panik und meiner Entfremdungsvisionen schämte. Er hatte an Thanksgiving nicht
unter Leuten sein wollen, also war er zu seiner Ranch geflogen und dort die
meiste Zeit draußen gewesen, um zu reiten und seinen Leuten beim Reparieren von
Zäunen zu helfen. Die Hochwüste, erklärte er mir, sei genau das, was er
gebraucht habe, um wieder einen klaren Kopf zu kriegen.
Und jetzt standen wir hier über dem
Meer, unter einem wunderbaren Frühwinterhimmel, um Abschied von Matty zu
nehmen. Bob Cuda, noch etwas blaß von seinem ersten Flug, hatte jetzt das Wort.
»Was soll ich sagen? Sie hat mich schließlich doch noch in die Luft gekriegt.«
Er schaute gen Himmel und setzte hinzu: »Bist du stolz auf mich, Matty?«
»Ist sie bestimmt«, sagte Steve
Buchanan, der Chefmechaniker. »Matty hat es immer zu würdigen gewußt, wenn man
was gut gemacht hat, und wenn man was verbummelt hat, hat sie’s einem gesagt,
aber auf nette Art. Da fällt mir was ein, die Sache mit dem Anlasser in der
alten Cessna 150. Der hatte seine Mucken, egal, wie oft ich ihn repariert hab,
früher oder später hing er wieder. Als Signal, daß wieder mal eine Überholung
fällig war, hat Matty ihren Schülern immer gesagt, sie sollen so tun, als ob
sie das Ding mit den Füßen reintreten. Und immer wenn ich einen Flugschüler
eingerollt wie eine Brezel im Cockpit hab sitzen sehen, dann wußte ich, ich
mach mich besser wieder mal an den Anlasser.«
Ich sah auf Mattys gelb-roten Schal,
den ich mir zu ihren Ehren um den Hals geschlungen hatte. Er bewegte sich
leicht und anmutig im Wind — so leicht und anmutig, wie sich Matty in den
wechselnden Strömungen des Lebens bewegt hatte. Als ich den Kopf hob, sahen
mich mehrere Leute, die mich noch aus meiner Flugunterrichtszeit kannten,
erwartungsvoll an.
In das Schweigen sagte ich: »Matty hat
geglaubt, daß man aus den eigenen Fehlern lernt. Einmal, als ich mit dem Check
fertig war, sagte sie zu mir: ›Was haben Sie vergessen?‹ Ich schnappte mir die
Liste und ging sie noch mal durch; ich hatte alles kontrolliert, von den
Zündkerzensteckern bis zu den Rudern. Dann sah ich sie an: Sie saß da, mit
diesem durchtriebenen Grinsen im Gesicht — und unangeschnallt! Seither habe ich
nicht einmal versäumt, mich zu vergewissern, ob der Passagier auch angeschnallt
ist.«
Hy drückte meine Hand und trat vor.
»Matty war eine meiner besten Freundinnen, aber wir hatten auch unsere
Meinungsverschiedenheiten. Sie nannte mich einen Ökofreak, ich nannte sie
kurzsichtig und reaktionär. Einmal, als ich nach einer
Rettet-die-Redwoods-Aktion am Russian River verhaftet worden war, rief ich sie
an, und sie weigerte sich, mich gegen Kaution rauszuholen. Sie sagte, ich hätte
nur das gekriegt, was ich verdient hätte. Aber ich war schon öfter im Gefängnis
gewesen, deshalb hat es mir nicht so viel ausgemacht. Und ich wußte ja: Als ich
sie mal wirklich gebraucht hatte, als es drauf angekommen war, da hatte sie mir
geholfen.«
An meiner anderen Seite straffte Zach
die mageren Schultern und räusperte sich. Mit dünner, zittriger Stimme sagte
er: »Als mein Dad und ich das erstemal bei einer Flugshow waren, da hatte ich
Angst um Matty. Hinterher hat sie mir gesagt, es wär okay, Angst zu haben. Sie
hat gesagt, mutig sein heißt nicht, daß man keine Angst hat. Es heißt, daß man
das Richtige tun kann, obwohl man Angst hat. Das werd ich nie vergessen, und
ich will versuchen, so zu leben.«
Wieder herrschte Schweigen. Gray Selby
hüstelte und kickte ein paar Steine weg, sah dann auf und begann zu reden,
wobei er vor allem mich anschaute.
»Ich schätze, ihr denkt alle: Wie kommt
der Typ
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