Am Ende der Nacht
danach?«
»Danach.«
»Und Sie sind sicher, daß Sie Seabrooks
Namen nicht genannt haben?«
»Ganz sicher. Was ist eigentlich so
wichtig dran, daß Matty mit diesem Typ geredet hat?«
Alles, aber ich bekam es nicht recht zu
fassen.
»Kann es sein, daß John Seabrook Matty
von seiner Vergangenheit erzählt hat? Von der Stirling-Sache? Und wenn ja,
warum hat sie uns angelogen?« sagte ich zu Hy.
»Ich bezweifle, daß er ihr irgendwas
erzählt hat. Die Flugsportszene ist überschaubar, die meisten Leute wissen, was
bei Stirling gelaufen ist. Und Matty hatte jede Menge Freunde. Sie kann es von
irgendwem gehört haben.«
»Aber die Insider-Informationen —«
»Vielleicht von jemandem, der mal bei
Stirling gearbeitet hat oder jetzt dort arbeitet. Oder von jemandem, der
Eindruck schinden wollte und nur behauptet hat, er verfüge über
Insider-Informationen.«
Wir standen auf der Diner-Terrasse und
schauten aufs Flugfeld hinaus. Eine restaurierte Tiger Moth setzte auf und
startete gleich wieder durch, aber ich war zu sehr in Gedanken, um sie mehr als
flüchtig wahrzunehmen.
»Okay«, sagte ich. »Calder Franklin hat
Matty mit dem Hauptbelastungszeugen der Stirling-Prozesse gesehen. Und er hat
ihre Bemerkung über die Stirling-Sache fälschlicherweise so interpretiert, daß
Walker ihr alles darüber erzählt hätte, unter anderem auch Einzelheiten, die
sonst kaum jemand weiß. Na ja, und? Er hat doch auch gesehen, wie Walker vor
ihm geflüchtet ist. Das war doch wohl kaum das Verhalten eines Mannes, der
wieder aufzutauchen gedenkt, falls Dune je geschnappt und vor Gericht gestellt
wird.«
»Und zu diesem Zeitpunkt war außerdem
kaum davon auszugehen, daß Dune je geschnappt werden würde. Das ist erst in den
Bereich des Wahrscheinlichen gerückt, als du in Arkansas warst und mit David
Stirling geredet hast.«
»Ich wollte, ich wüßte, warum Walker in
Panik geraten ist, als er Calder Franklin gesehen hat, nicht aber, als er mit
Win Reade gesprochen hat. Mag ja sein, daß Franklin immer noch sauer auf Walker
ist, weil er den Mund aufgemacht und ihn und seine politischen Gesinnungsfreunde
mit in den Dreck gezogen hat, aber irgendwie leuchtet mir trotzdem nicht ein,
warum Walker Angst vor ihm haben sollte.«
»Ich schätze, er ist einfach
ausgerastet. Wenn man so lange im Untergrund ist, reagiert man nicht immer
situationsangemessen.«
»Mag sein.«
Hy schwieg, und in seinen Augenwinkeln
bildeten sich Fältchen, als er beobachtete, wie die Moth wieder in den
Gegenanflug ging. »Weißt du, ich verstehe ja, daß Reades und Franklins
plötzliches Auftauchen hier in Los Alegres der Auslöser war, der Walker in die
Flucht gejagt hat. Aber ich sehe nicht, was das mit dem Anschlag auf Matty zu
tun haben soll.«
»Na ja, ich glaube kaum, daß die beiden
nach Hause zurückgeflogen sind und ihre Begegnung mit Walker für sich behalten
haben. Mal angenommen, jemand, mit dem sie in Aida geredet haben, hat immer
noch Kontakt zu Dune und konnte ihm mitteilen, wo Ash Walker gesichtet wurde.
Und Dune hat beschlossen, das, was er damals mit Andie Walkers Ermordung
begonnen hat, zu Ende zu führen.«
Hy nickte grimmig. »Aber inzwischen war
Walker schon verschwunden. Also blieb Dune nur dessen Lebensgefährtin, um Rache
zu nehmen.«
Ich dachte einen Moment nach, trommelte
mit den Fingern aufs Terrassengeländer und sah die Moth Fahrt und Höhe
verlieren. »Okay, Walker und sein Sohn hatten über zehn Jahre in Frieden
gelebt; Walker hatte eine Frau, die er liebte, er hatte wieder mit der
Fliegerei angefangen. Er wußte, daß Reade und Franklin herumerzählen würden,
sie hätten ihn gesehen, und daß Dune womöglich irgendwie davon erfahren würde.
Also beschloß er, sich Dune zu schnappen, bevor Dune ihn sich schnappte.«
»Er beschloß, sich sein Leben von Dune
nicht ein zweites Mal zerstören zu lassen. Er nahm sich vor, der Sache ein für
allemal ein Ende zu machen. Aber weißt du was, McCone? Eins beunruhigt mich:
Mattys Absturz war bundesweit im Fernsehen und in der Presse. Wenn Walker das
mitgekriegt hat, muß er sich doch gesagt haben, daß sein Sohn ganz allein und
in Gefahr ist. Wäre er da nicht zurückgekommen?«
»Ich schätze schon. Wenn er gekonnt
hätte.«
»Also stehen die Chancen, daß er noch
lebt, schlecht. Armer Zach.«
Ich warf einen Blick über die Schulter
und sah den Jungen durch die Scheibe zu uns herausstarren, sein Gesicht sah vor
Trauer und Sorge aus wie das eines kleinen Greises. Ein hohles
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