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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ich soll mir mein letztes Gehalt und die Abfindung
holen und sie würden mir gute Referenzen geben. Als ich ihn gefragt habe,
warum, hat er auf sein berühmtes Schweigen geschaltet. Also bin ich aus der Tür
marschiert und habe nie wieder ein Wort mit Duncan Stirling geredet.«
    »Kennen Sie Winthrop Reade?«
    »Klar. Win kennt doch jeder.«
    »Wie war sein Verhältnis zu Duncan?«
    »Nicht eng, aber herzlich. Erstaunlich
herzlich, wenn man bedenkt, daß da diese einseitige Rivalität um die Gunst des
alten Stirling war.«
    »Win hat sich darum bemüht, aber Duncan
nicht?«
    »Genau. Win liebt den Alten echt. Dune
hat niemanden geliebt außer sich selbst.«
     
    Carol Wizner, Wirtin der Razorback
Tavern: »Das stimmt, Dune war kein Trinker. Er hat immer stundenlang vor einem
Bier gehockt, gleich da unten am Ende der Bar, und so unnahbar und
geheimnisvoll getan. Ich persönlich denke ja, das war ein Trick, damit die
Frauen auf ihn flogen. Und sie sind auf ihn geflogen. Und wie sie auf ihn
geflogen sind.«
    »Kannten Sie Cindy Kershner?«
    »Tja, die war ja so ein nettes Ding.
Hätt keiner geglaubt, daß sie ihn erpreßt. Keiner. Aber es hätt ja auch keiner
geglaubt, daß er sie am Ende umbringen läßt. So kann man sich täuschen.«
    »Sie kannten wohl auch Ash Walker?«
    »Klar kannte ich ihn. Wenn Dune je so
was Ähnliches wie einen Kumpel hatte, dann war er’s. Er ist immer reingekommen,
hat sich neben Dune gesetzt und zugeguckt, wie der seine Show abgezogen hat.
Wir dachten alle, er wollte sich was abgucken. Wollte so sein wie Dune — stumm
und gefährlich. Jetzt wissen wir natürlich alle, warum er ihn so genau
beobachtet hat.«
    »Soweit ich weiß, war Ash mal eine
Zeitlang Dunes Pilot.«
    »Nur kurz, wie Dune das kaputte Knie
hatte. Da konnte er nicht selbst fliegen, mußte sich von Ash fliegen lassen.«
    »Hat Dune in dieser Zeit auch einen
seiner mysteriösen Trips unternommen?«
    »Jetzt, wo Sie fragen, ich glaube ja.
Wir waren alle neugierig wegen dieser Trips, und ich erinnere mich, wie sich
ein Stammgast beschwert hat, er hätte Ash gefragt, wo sie waren, doch der
hätt’s ihm nicht sagen wollen. Ob das deshalb war, weil er vor Gericht was drüber
aussagen wollte?«
     
    Ich stellte den Recorder ab und dachte
über diese letzten Worte der Kneipenwirtin nach. Worin genau hatte eigentlich
die Aussage Ash Walkers bestanden, auf die sich die Anklage gegen Dune Stirling
gründete? Kurz darauf nahm ich Kreditkarte und Adreßbuch heraus und rief vom
Flugzeugtelefon aus Craig Morlands Privatnummer in Bethesda, Maryland, an. Der
Anrufbeantworter des FBI-Mannes meldete sich, und ich hinterließ eine
Botschaft. »Craig, hier ist Sharon McCone. Tut mir leid, daß ich Sie schon
wieder belästige, aber ich muß wissen, wie ich an weitere Informationen in der
Sache kommen kann, über die wir neulich abend gesprochen haben. Bitte probieren
Sie es jederzeit unter all meinen Nummern. Und vielen Dank.«
    Morland würde wissen, daß ich auf sein
Angebot bezüglich der Justizbehördenarchive zurückkommen wollte, und ich nahm
an, daß meine Botschaft einen Schubs in Richtung jener unsichtbaren Linie
darstellte, die es ihn offenbar zu überschreiten drängte. Aber ich hatte sie so
formuliert, daß er noch einen Rückzieher machen konnte. Jetzt lag die
Entscheidung bei ihm.
     
     
     
     

17
    Sonntag nachmittag, Bodega Head,
Kalifornien
     
    »...Sie hat mich bei der Stange
gehalten, wenn ich aufgeben wollte. Einmal ist sie sogar zu mir nach Hause
gekommen und hat mir so lange gut zugeredet, bis ich mit zum Flugplatz gefahren
bin. Für sie kam der Unterricht nie an zweiter Stelle, hinter dem Kunstflug,
beides griff perfekt ineinander.«
    Das Wasser vor dem Bodega Head war von
einem tiefen Indigoblau, und weißer Schaum spritzte hoch, wenn die Wellen gegen
die Felsen schlugen. Wir, die wir zu Mattys Ehren nach Bodega Bay geflogen
waren, waren den sandigen Pfad vom Parkplatz hinuntergestiegen und standen
jetzt auf einem Felsvorsprung in halber Höhe über dem Strand. Touristen und
Wanderer schienen den ernsten Anlaß unserer Versammlung zu ahnen und blieben in
respektvoller Distanz.
    Doch es gab nicht nur feierliche
Erinnerungen. Als Mark Casazza, Mattys Fluglehrerkollege, sprach, lächelten
alle.
    »An Regentagen saßen wir immer im
Flugschulbüro oder im Hangareingang und haben gepokert. Sie hat sich ihre
besten Geschichten immer für die Momente aufgehoben, in denen sie geblufft hat
— ihr kennt alle die berühmten

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