Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
viel Mut hätte ich dir nie zugetraut.»
«Auf die dämliche Idee mit der Erpressung bin ich nicht allein gekommen, das war Jill. Aber der Polizei hab ich das nicht gesagt, ich will sie da nicht mit reinziehen.»
Vincent nickt. «Das ist ziemlich anständig von dir.»
Martha zuckt mit den Schultern. «Du kannst dir nicht vorstellen, wie mich dieser Kommissar zusammengefaltet hat. Der hat mich behandelt, als hätte ich selbst den Mord begangen und versucht, Lilli zu vergewaltigen.»
«Kapier ich nicht, schließlich haben sie ihn doch erwischt.»
Martha nickt. «War aber knapp. Wenn es den Streik am Flughafen nicht gegeben hätte, wäre er auf und davon gewesen. Er wollte auch gar nicht nach New York, das war gelogen. In den Staaten hat er nämlich ein Verfahren wegen versuchter Vergewaltigung einer Schülerin am Hals. Deswegen ist er ja überhaupt nur nach Deutschland gekommen. Nein, er hatte ein Flugticket nach Rio in der Tasche.»
«Unglaublich. Ich meine, ich mochte ihn ja nie besonders, aber einen Mord hätte ich dem nie zugetraut und auch nicht, dass er auf kleine Mädchen steht.»
«Er leugnet natürlich alles. Aber einen winzigen Beweis gibt es immerhin», sagt Martha.
«Was für einen?»
«Eine russische Puppe. Die hatte ich Poppy gegeben als Belohnung dafür, dass sie das Lösegeld holt.»
Sie haben den Spielplatz erreicht. Martha war seit dem Donnerstag vor zehn Tagen nicht mehr hier.
Sie zeigt auf das Klohaus zur Rechten. «Dahinten ist der Abfalleimer, in dem das Geld deponiert werden sollte. In einer roten Plastiktüte.» Sie lacht auf und schlägt sich an die Stirn. «Mann, war ich blöd!»
«Du wiederholst dich», sagt Vincent mit einem Lächeln. «Was ich nicht verstehe: Wieso ist denn Poppy zu ihm ins Auto gestiegen?»
«Keine Ahnung, was Miller ihr erzählt hat, aber er war ja kein Fremder für sie, sie hat ihm vertraut. Der Polizei hat er dann gesagt, ich hätte mir mit Gewalt Zutritt zu seinem Haus verschafft.»
«Warum hättest du das denn tun sollen?»
Martha sieht Vincent an.
Bitte zwing mich nicht, es auszusprechen
, fleht sie stumm. «Er meint, ich hätte ihn gestalkt.»
«Aha», sagt Vincent nur und bleibt stehen, um Bella Zeit zu lassen, eine Pfütze zu beschnuppern.
Martha spricht schnell weiter. «Miller behauptet, ich wäre mit Poppy in sein Haus eingedrungen, um ihn dann wegen Kindesmissbrauchs anzuzeigen. Den Kakaobecher mit dem Schlafmittel drin hat er natürlich abgewaschen.»
«Aber du kannst dich schließlich nicht selbst im Keller eingesperrt haben.»
«Das gibt er ja zu. Ich hätte mich wie eine Wahnsinnige benommen, wollte ihn daran hindern abzureisen. Er hätte mich zu seinem Schutz einsperren müssen. Angeblich wollte er vom Flugplatz aus meine Mutter anrufen und sagen, wo sie mich findet. Dabei hätte der mich in dem Loch glatt verrecken lassen!»
«Und was ist jetzt mit der russischen Puppe?»
«Die hatte Poppy in seinem Wagen liegengelassen. Er hat sie da rausgeholt und neben den Fernseher gelegt und behauptet, Poppy hätte die bei sich gehabt.»
«Und die allerkleinste war weg», sagt Poppy.
«Häh?» Vincent macht ein dummes Gesicht.
«In so einer Matrjoschka stecken mehrere Puppen, bis hin zu der letzten, die nicht viel größer ist als ein Fingernagel. Poppy hat in Millers Auto hinten gesessen und die Puppe aufgemacht. Die kleinste ist in die Ritze zwischen den Sitzen gefallen. Miller hat sein Auto zwar gründlich sauber gemacht, aber dieses winzige Ding hat er glücklicherweise übersehen, und damit ist bewiesen, dass Poppy bei ihm im Auto war, was er ja geleugnet hat.»
«Und du musst wirklich ins Gefängnis?», fragt Vincent.
«Der Anwalt hat gesagt, wenn ich Glück habe, komme ich mit Sozialstunden davon. Ich helfe dem Gericht ja auch. Schließlich bin ich die einzige Zeugin. Man hat in der Wohnung der Dernburg keine Fingerabdrücke von ihm gefunden. Dafür jede Menge von Johannes.» Martha lacht. «Ich hatte ihn wirklich eine Zeitlang im Verdacht. Die Polizei auch, aber er hatte überhaupt kein Motiv außer ihrem grauenvollen Herumgeorgle.»
Martha wird ernst. «Ich darf überhaupt nicht daran denken, dass ich im Gericht Miller gegenüberstehen muss. Ich hab noch nie vor jemandem solche Angst gehabt.»
«Ich komme mit», sagt Vincent. «Die ganze Klasse kommt mit. Wir halten Plakate hoch, da steht drauf
Miller, du Schwein!
»
Martha lacht.
«Jetzt hat Bella Aa gemacht!», ruft Poppy.
Vincent zieht einen schwarzen Beutel aus der
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