Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
könnte.
Als sie am Bahnhof
Zoologischer Garten
aus der U-Bahn steigen, sehen sie schon die Schlangen vor den Kassenhäuschen. «Da sind anscheinend andere auch auf die Idee gekommen», sagt Constanze.
«So teuer!», ruft Martha entsetzt, als sie die Eintrittspreise sieht. «Wollen wir da wirklich rein?»
«Wir nehmen eine Familienkarte», sagt Constanze.
«Für einen Erwachsenen und seine beiden Kinder», liest Martha vor. «Du hast aber nur ein Kind.»
«Martha, bitte!», sagt ihre Mutter leise.
«Connie hat zwei Kinder», zwitschert Poppy vergnügt. «Ich bin das eine und Maahta das andere.»
Als sie drei Stunden später den Zoo wieder verlassen, bereut Martha, mitgegangen zu sein. Poppy hatte alle paar Minuten aufs Klo gemusst, sie wollte unbedingt ein Eis haben und ließ es dann natürlich in den Dreck fallen. Als sie kein neues bekam, fing sie im Affenhaus so laut an zu brüllen, dass eine Frau Constanze böse ansah und meinte, Gorillas seien sehr empfindlich und würden von dem Geschrei einen Schock bekommen.
Martha wäre gern länger bei den Raubtieren geblieben, aber Poppy fand, die Löwen würden stinken, und wollte zu den Giraffen. Da saß sie dann still auf der Bank und schaute fasziniert zu, wie diese langweiligen Tiere irgendwelches Stroh fraßen.
Auch Constanze sieht erschöpft aus, als sie jetzt die Treppe hinunter in den U-Bahn-Schacht steigen.
«Flossy! Flossy is weg!», schreit Poppy plötzlich los.
«Den hattest du doch gar nicht dabei», sagt Martha.
«Doch! Im Rucksack!»
«Und wo hast du ihn liegenlassen?»
«Weiß ich nich.» Der Kleinen läuft der Rotz aus der Nase, sie ist das heulende Elend.
Constanze sieht Martha an und seufzt. «Fahr du schon mal nach Hause, ich gehe mit Poppy zurück und suche ihren Fisch.»
Als Martha zu Hause ankommt, ist sie immer noch wütend. Das hätte sie sich mal erlauben sollen! Sie erinnert sich genau, wie einmal ihr funkelnagelneuer Ball im Park in einen Teich gefallen war. Ihre Mutter hatte nur mit den Achseln gezuckt und gemeint: «Pech gehabt, jetzt ist er weg.» Wenn Poppy das passiert wäre, wäre Constanze bestimmt dem Ball hinterher ins Wasser gesprungen.
Marthas Laune wird nicht besser, als sie in der Küche auf Johannes trifft, der vor einer Tasse Kaffee sitzt und Zeitung liest.
«Wo sind denn Constanze und Poppy?»
«Im Zoo. Es hat mal wieder Ärger gegeben.»
«Ärger?» Johannes lässt die Zeitung sinken und sieht Martha fragend an.
«Poppy hat ihren stinkenden Fisch im Zoo verloren, und jetzt musste Mama noch mal mit ihr zurück.»
«Oh. Ich hoffe, Connie findet ihn. Poppy hängt sehr an Flossy, er war das letzte Geschenk ihrer Mutter.»
Das hätte Martha sich ja denken können, jetzt steht sie wieder wie ein herzloser Idiot da.
«Magst du auch einen Kaffee?», fragt Johannes.
Nein, Martha will keinen Kaffee, sie möchte auch nicht weiter mit der Glatze reden.
«Danke, ich … es wird höchste Zeit, dass ich mal bei mir aufräume.»
Natürlich räumt sie nicht auf, obwohl das keine schlechte Idee wäre. Auf dem Boden türmen sich Klamotten, ihre Schulsachen liegen verstreut herum. Und auf einem Teller liegen Reste von einem Apfel. Vielleicht würde sie sich besser fühlen, wenn sie es sich gemütlicher macht. Aber sie will sich hier nicht wohl fühlen, es ist nicht ihr Zuhause, es wird nie ihr Zuhause sein!
Ihr Handy leuchtet auf. Die erste SMS von Jill stammt von heute Mittag:
London ist schön, wäre mit dir aber noch schöner. Hannas Koffer wiegt zwei Tonnen, wir müssen ständig Typen ansprechen, damit sie tragen helfen.
Dahinter ist ein grinsender Smiley.
Martha muss ebenfalls grinsen. Sie kann sich die Situation lebhaft vorstellen. Schon auf der Klassenfahrt in der Neunten hatte Hanna Unmengen an Gepäck dabei, allein die Gerätschaften für ihre Haare – Föhn, Lockenstab, Glätteisen – füllten eine Tasche.
Aber als Martha die zweite SMS liest, die Jill ihr vor einer halben Stunde geschickt hat, grinst sie nicht mehr.
Hab mir überlegt, dass du Godzilla zum Schweigen bringen solltest. Könnte sonst gefährlich werden.
Das ist doch wieder typisch für Jill. Sie denkt bestimmt, dass Martha das allein nicht gebacken kriegt.
Entschlossen loggt sich Martha auf Savemail ein und schreibt:
Wenn man durch Zufall Zeuge eines Mordes geworden ist, sollte man zur Polizei gehen oder dieses Wissen zu Geld machen.
So, jetzt wird sich zeigen, ob dieser Homer Dreck am Stecken hat oder nicht.
Von draußen ertönt
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