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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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starrt an die Decke. In ihrem alten Zimmer war direkt in der Ecke über ihrem Bett ein braungelber Wasserfleck gewesen. Ihr Vater hatte ihn bei Gelegenheit überstreichen wollen, aber die Gelegenheit war nie gekommen. Und Martha war darüber auch nicht unglücklich gewesen. In dem unregelmäßig geformten Fleck hatte sie immer wieder andere Dinge gesehen. Fabelwesen, Gesichter und zum Schluss ein Pony, auf dem sie in Gedanken davongeritten war. Weit, weit fort von dem grauenvollen Husten, der aus dem Nebenzimmer drang und der ihren Vater mit jedem Anfall dem Tod ein Stück näher brachte.
    Die Decke, an die sie jetzt schaut, ist in einem blassen Blau gestrichen. Sie überlegt, ob sie ein paar weiße Wölkchen draufmalen soll, in die Ecke eine Sonne …
    Halt! Sie will ja gar nicht hierbleiben. Und außerdem ist sie kein Kind mehr, das ihre Zimmerdecke bemalt und die Wände beklebt.
    Sie muss an den gestrigen Abend denken. Johannes hatte Nachtdienst gehabt, und Poppy war ausnahmsweise einmal ohne Geschrei und ohne abwechselnd nach einem Glas Milch oder einer Gutenachtgeschichte oder sonst was zu verlangen, ruhig eingeschlafen.
    Im Spätprogramm lief
Notting Hill
mit Julia Roberts und Hugh Grant.
    Martha hatte zusammen mit ihrer Mutter, eingehüllt in eine Decke, auf dem Sofa gesessen, Pralinen genascht, und irgendwann hatte Martha ihren Kopf auf die Schulter ihrer Mutter gelegt und war eingeschlafen.
    Sie kann sich nicht erinnern, wann sie es mit ihrer Mutter das letzte Mal so schön gehabt hatte. Es ist lange her, als ihr Vater noch nicht krank, aber viel unterwegs gewesen war. Da hatten sie sich oft genauso auf dem Sofa zusammengekuschelt und irgendeinen Schmalz im Fernsehen geschaut, und immer war eine von ihnen beiden dabei eingeschlafen. Meistens war es Constanze gewesen, gestern Abend Martha.
    Sie spürt immer noch das warme, wohlige Gefühl, das sie bis in den Schlaf hinein begleitet hat. Sie will ihre Mutter wieder ganz für sich allein, sie nicht mehr teilen mit fremden Kindern und fremden Männern.
    Homer fällt ihr ein. Er hat bisher nicht wieder geantwortet. Und sie ist einerseits erleichtert, aber andererseits auch ein klein wenig enttäuscht.
    Sie hat Jill nichts von ihrer letzten Mail erzählt, und jetzt kann sie es auch nicht mehr, denn Jill und Hanna sitzen bereits im Flugzeug. Es gibt Martha einen Stich, wenn sie sich vorstellt, wie die beiden fröhlich durch London laufen, von einem Laden in den nächsten. Wie sie im Hydepark unter alten Bäumen sitzen und Fish and Chips essen, stilvoll in die Daily Mail gewickelt. In dem Film gestern Abend war London so verlockend erschienen, und ihre Mutter musste gespürt haben, was Martha dachte, denn sie hatte gesagt: «Du kommst noch nach London, ich verspreche es dir.»
    Sehr witzig, wie denn, ohne Geld?
     
    «Connie, Po abputzen!», kreischt Poppy vom Klo her. Und sofort ist das warme Gefühl wieder verschwunden. Martha hat mit fünf bestimmt keiner mehr den Hintern abgewischt. Nur weil die Nervensäge keine Mutter mehr hat, darf sie sich anscheinend alles erlauben.
    «Komme schon, meine Maus!», ruft Constanze aus der Küche.
    Martha steht auf, geht zum Schreibtisch, stellt den Computer an und schaut nach, wie das Wetter wird. Regen in Berlin und Sonne in London. Na super!
    Und ehe sie recht darüber nachdenkt, hat sie sich bei Savemail eingeloggt.
    Homer hat geschrieben!
    Wenn mir das bekannt vorkäme, wäre ich bestimmt nicht so leichtsinnig, Ihnen zu antworten. Was bezwecken Sie also damit?
    Was soll Martha davon halten? Würde jemand, der mit der ganzen Sache nichts zu tun hat, so reagieren? Lotet dieser Homer nicht eher aus, wie viel Martha weiß und was sie mit diesem Wissen anfangen will?
    «Martha?»
    Sie zuckt zusammen.
    «So früh schon im Netz? Komm, wir wollen frühstücken.»
    Martha ist froh über diese Unterbrechung, aber sie kann sich kaum auf das Frühstück konzentrieren. Was soll sie bloß antworten? Soll sie überhaupt antworten?
    «Ich gehe nachher mit Poppy in den Zoo, willst du mit?», fragt Constanze.
    «Es regnet doch.»
    «Das bisschen Niesel … Dann gehen wir eben ins Raubtierhaus und zu den Affen.»
    «Die Affen sind lustig», sagt Poppy und kaut auf ihrem Daumen herum.
    «Komm doch bitte mit, Martha, und erzähl nicht wieder, dass du was für die Schule machen musst, du hast schließlich Ferien.»
    Martha überlegt, sie war seit Ewigkeiten nicht mehr im Zoo. Und vielleicht fällt ihr unterwegs ja ein, was sie Homer schreiben

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