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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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gehört Martha. Ihr Papa hat sie ihr geschenkt.»
    Poppy starrt regungslos auf den Boden und bearbeitet ihren Daumen.
    Constanze erhebt sich und dreht sich zu Martha um. «Lass sie ihr doch. Nach ein paar Tagen bekommst du sie zurück.»
    «Dann fehlt garantiert die Hälfte. Ich denke nicht dran.»
    «Martha, bitte! Die lag jetzt seit Wochen in der Kiste, also scheinst du sie nicht sehr vermisst zu haben.»
    «Das weißt du doch gar nicht!» Martha versucht, Poppy die Puppe wegzureißen. Poppy zieht den Daumen aus dem Mund und fängt an zu schreien. So laut, dass kurze Zeit später Johannes ins Zimmer kommt.
    «Was ist denn passiert, um Himmels willen?»
    «Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du geweckt wirst», sagt Constanze. «Es ist nur –»
    «Penelope will meine Puppe nicht hergeben», sagt Martha.
    «Und ich dachte schon …»
    «Was dachtest du?», fragt Martha angriffslustig. «Dass ich deine Tochter schlage?»
    «Nein, nein, natürlich nicht. Ich dachte, dass sie sich vielleicht wehgetan hat, so wie neulich mit der Schere.»
    «Genau, daran war ich ja auch schuld», sagt Martha bitter und zerrt wütend eine Jacke aus dem Schrank. «Aber keine Angst, ich verschwinde, dann habt ihr endlich eure Ruhe.»
    Unsanft schiebt sie ihre Mutter beiseite und läuft aus dem Zimmer.
    «Martha!», ruft Constanze. «Wo willst du denn hin bei dem Wetter?»
    Aber Martha weiß selbst nicht, wohin, sie weiß nur, dass sie weg muss, dass sie das alles nicht mehr erträgt. Sie fühlt sich wie das fünfte Rad am Wagen – überflüssig und störend.
    Während sie die Treppe runterläuft, spürt sie, wie ihr die Tränen kommen. Das könnte denen so passen, dass sie auch noch anfängt zu heulen.

22.
    M artha steht vor der Haustür, es regnet, und sie hat noch nicht einmal einen Schirm dabei. Feuchte Blätter bleiben an ihren Schuhen kleben, als sie die Straße hinunter Richtung U-Bahn läuft.
    Es ist erst halb fünf. Bis sie mit Vincent im
Brigantino
verabredet ist, hat sie noch ewig Zeit. Dann fährt sie eben ins Einkaufszentrum in der Schloßstraße, das hat bis acht Uhr abends auf, und außerdem ist es da trocken.
    Ziellos streift sie durch Läden, blättert in der Buchhandlung in den neuesten Diätratgebern und leistet sich schließlich eine Cola im Café.
    Hässliche Menschen mit prallgefüllten Einkaufstaschen sitzen da und stopfen Frittenberge oder riesige Tortenstücke in sich hinein. Es riecht nach billigem Fett und nassen Mänteln.
    Wieder spürt Martha die Tränen kommen. Es ist alles so ungerecht! Jill zieht in diesem Moment mit der blöden Hanna durch London und hat allen Spaß der Welt. Und Martha hat noch nicht einmal ein richtiges Zuhause.
Aber auch keine Mutter, die trinkt
, sagt eine Stimme in ihr. Ach was, wenigstens hat Jill noch beide Eltern und muss nicht bei fremden Menschen wohnen, die ihr das Leben zur Hölle machen.
    Martha weiß, dass sie ungerecht ist. Die Hölle sieht anders aus.
    Ihr Handy vibriert in ihrer Hosentasche, sie hat es leise gestellt. Bestimmt ihre Mutter. Nein, es ist eine Nummer, die sie nicht kennt. Homer? Aber woher soll der ihre Nummer haben. Sie wartet, bis der Anrufer auflegt, und hört dann die Mailbox ab.
    Es ist Johannes. «Penelope hat deine Puppe wieder rausgerückt, ich hab ihr gut zugeredet. Das wollte ich dir nur sagen. Und außerdem schiebe ich gleich ein Hühnchen in den Backofen.»
    Na klar, die Glatze will gut Wetter machen, ist ja auch für ihn nicht lustig, wenn zu Hause ständig dicke Luft herrscht. Ob sie sich gut oder schlecht fühlt, ist Johannes doch total egal.
    Martha schaut auf die Uhr. Erst halb sieben. Sie weiß gar nicht, wie sie die Zeit rumbringen soll. Dann geht sie eben schon früher ins
Brigantino
. Vincent freut sich auf jeden Fall, sie zu sehen.
     
    Das tut er wirklich. Er strahlt über das ganze Gesicht, als sie die Tür zu dem kleinen Gastraum öffnet. Es duftet verlockend nach geschmorten Tomaten und Basilikum, und Martha merkt, wie hungrig sie ist. Seit dem Frühstück hat sie nichts gegessen.
    «Du darfst dich an unseren Personaltisch setzen», sagt Vincent und zeigt ihr einen Tisch direkt neben der Schwingtür zur Küche. Martha zögert erst, aber Vincent beruhigt sie. «Der Chef ist nicht da, mach dir keine Sorgen. Kannst du noch einen Moment warten? Dann hab ich Pause, und wir können zusammen essen.» Er schaut sie prüfend an. «Nein, ich seh schon, du hast Hunger. Reicht dir Bruschetta fürs Erste?»
    Martha nickt und setzt sich an

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