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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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»Ich stell fest, dass Sie den Ernst der Lage immer noch nicht begriffen haben! Deshalb sperrens jetzt einmal die Ohren auf: Auch noch der begriffsstutzigste Ermittler könnt einen Zusammenhang zwischen dem Leichenfund in Laim, ihrem unmittelbar danach erfolgten Abtauchen und Ihrem Aufenthalt in einem Dorf an der Grünen Grenze herstellen. Was soll mich also davon abhalten, Sie auf der Stelle verhaften zu lassen?«
    Kajetan glaubte zu spüren, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. »Ich hab keinen umgebracht«, sagte er heiser.
    »Ach ja«, sagte Rosenauer gedehnt. »Wissens, mit einer Aussage wie dieser bin ich noch nie konfrontiert worden.« Bedächtig stippte er die Zigarre in der Aschenschale ab. »Ihnen ist klar, dass auf Mord in der Regel die Todesstrafe steht?« Ohne sein Gegenüber aus dem Auge zu lassen, fügte er mit betonter Beiläufigkeit hinzu: »Und dass sie sogar ziemlich sicher verhängt wird, sollt es sich – nur ein Beispiel, ja? – beim Opfer um einen Staatsbeamten gehandelt haben?«
    Kajetans Herz machte einen Ruck. Seine Knie hatten unwillkürlich zu zucken begonnen. Durch das Rauschen in seinen Ohren hörte er: »Sagen Sie, Kajetan – kommen Sie sich nicht selbst allmählich ein bisserl kindisch vor?«
    Kindisch?, dachte Kajetan. Ich komm mir eher vor wie die Maus in der Falle.
    Rosenauer legte die Zigarre ab. »Gut. Sie wollen es nicht anders.«
    Kajetan verlor die Beherrschung: »Herrgott! Was soll ich denn noch sagen!?«
    »Die Wahrheit, Kajetan«, sagte Rosenauer ungerührt. »Schlicht und einfach die Wahrheit.«
    »Aber …!«
    »Bleiben Sie hocken!«, warnte der Kripoleiter. »Sonst lass ich Sie augenblicklich abführen.«
    Kajetan sank auf den Stuhl zurück. Er schüttelte den Kopf.
    »Aber … das ist die Wahrheit«, sagte er.
    »Was ich Ihnen nicht abnehme, wie Sie bemerkt haben dürften.« Rosenauer seufzte. »Ehrlich gestanden, Sie fangen an, mich zu ermüden, Herr Kajetan.« Er stemmte sich aus dem Sessel und ging zum Fenster seines Amtszimmers. Eine Weile sah er wie abwesend auf die verregnete Straße unter ihm.
    Was ist hier eigentlich los?, dachte Kajetan. Er ist auf der richtigen Spur. Worauf wartet er noch?
    »Na gut«, begann Rosenauer. »Dann werd ich Ihnen ein wenig auf die Sprünge helfen, Kajetan. Seit Ihrem Verschwinden aus München wird auch einer unserer Kriminalinspektoren vermisst. Einer, um den es nicht sonderlich schade ist, wenn ich aufrichtig sein soll. Er hat gehörig Dreck am Stecken gehabt. Solche Leute widern mich an. Konspirieren gegen die Republik, kennen aber kein Genieren, von ihr monatlich das Gehalt zu kassieren.« Er sah über die Schulter. »Sie wissen, wen ich mein, richtig?«
    Kajetan starrte ihn an. Kein Zweifel, Rosenauer wusste Bescheid. Aber warum quälte er ihn noch?
    Als rechne er gar nicht mit Antwort, stieß sich der Kripoleiter von der Fensterbank ab. Mit gemessenen Schritten, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, ging er in der Amtsstube auf und ab. »Der Name des Schufts war Scharmann. Nach allem, was ich mir zusammengereimt hab, ist er es, der unter Ihrem Namen begraben worden ist. Wir wissen mittlerweile, dass er seit längerem bei den Hitlerischen aktiv gewesen ist. Von diesen ist er beauftragt worden, all jene unserer Ermittlungen zu torpedieren, die ihre Partei gefährden könnten. Mein Amtsvorgänger hat nicht die Schneid gehabt, dazwischenzufahren, und der damalige Leiter der Politischen Abteilung – der Herrgott hab diesen parfümierten Gecken ebenfalls selig – hat ihn gedeckt. Ich vermute, dass Sie dieser Bagage irgendwie in die Quer gekommen sind und der Scharmann deswegen auf Sie losgegangen ist. Wobei er dann aber den Kürzeren gezogen hat.« Er blieb stehen und sah Kajetan herausfordernd an. »Richtig?«
    »Er … er hat mich in eine Falle gelockt.«
    »Aber Sie waren schneller«, stellte Rosenauer fest.
    »Nein. Hab bloß Glück gehabt.«
    Rosenauer nickte wissend. »Das nehme ich Ihnen sogar ab. Aus der Leiche hat man nämlich eine Terzerol-Kugel geholt. Es hätt mich schwer gewundert, wenn jemand wie Sie sich einer läppischen Damenwaffe bedient hätte. Aber interessieren würd mich jetzt trotzdem noch, wer Scharmann letztlich erledigt hat. Na?«
    Kajetan sah zur Seite. »Hab ich nicht sehen können.« Er fühlte den bohrenden Blick Rosenauers auf sich. Er weiß, dass ich es weiß, dachte er.
    »Ich weiß, dass Sie es wissen, Kajetan«, sagte Rosenauer. »Ob Ihnen aber klar ist, dass Sie Ihren Kopf noch lange

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