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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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spekuliert, dass einem Spürhund wie Ihnen nicht lang verborgen bleiben wird, was der Fürst noch alles auf dem Kerbholz haben könnt. Dazu gekommen ist, dass wir kurz vorher einen Wink gekriegt haben, dass auch die Berliner einen ziemlich scharfen Hund auf die Sache los gelassen haben. Ab dem Moment war für uns endgültig klar, dass wir mit unserem Verdacht richtiggelegen haben. Wie Sie mir dann treuherzig bestätigt haben, dass auch eine respektable Spürnase wie dieser Kull ebenfalls keinen anderen als den Fürst und damit diese verkommene Sau von Lindenfeld ins Visier genommen hat, war für uns endgültig keine Frage mehr, wo wir die Schrauben anziehen müssen. Was dann auch in angemessener Gründlichkeit gemacht worden ist. Beide haben gestanden, und das Geld ist da, wo es hingehört, nämlich bei uns.«
    Rosenauer nickte halb höhnisch, halb respektvoll. »Ja, Kajetan. Das dürfen Sie sich ans Revers heften. Sie haben unsere Erwartungen erfüllt. Ihnen verdankt die Bewegung, dass wir diesen Verrätern auf die Schliche gekommen sind.«
    Er beugte sich tiefer. »Aber jetzt, nachdem sie alle anderen immer für blöd gehalten haben, dürftens mich auch einmal loben. Das hab ich doch gar nicht so schlecht hingekriegt. Findens nicht, Sie eingebildetes Arschloch?«
    Kajetan fühlte, dass die Taubheit aus seinen Armen wich. Der Deckel einer der Schüröffnungen drückte gegen seine Schulter. Er war heiß.
    »Was ist mit dem Kull?«, flüsterte er.
    »Der Preuß hat Glück gehabt, dass er den Löffel abgegeben hat, bevor er uns zwischen die Finger gekommen ist.«
    Rosenauer richtete sich auf. Ohne sich umzudrehen, winkte er den Bewaffneten heran.
    »Aber was wir jetzt mit Ihnen tun müssen, werden Sie sich denken können. Einer wie Sie passt einfach nicht mehr in die heutige Zeit.«
    Kajetans Finger krampften sich unmerklich. Er spannte seine Muskeln.
    »Du … du wolltst doch, dass … ich dich lob …«, sagte er.
    Rosenauer wirkte für den Bruchteil einer Sekunde irritiert. Er bedeutete dem Bewaffneten, sich nicht weiter zu nähern und sah mit gehobenen Brauen auf Kajetan herab.
    »Wollt ich, ja. Aber ehrlich gesagt, du blöder Hund: Ich kann auch so weiterleben.«
    Kajetan flüsterte: »… ich tus auch nicht … du hast nämlich … was Wichtiges … übersehn.«
    Rosenauer verzog den Mund und beugte sich zu Kajetan hinab.
    »Und was?«, fragte er überheblich.
    »Das«, zischte Kajetan und hob mit einer raschen Bewegung den Deckel des Schürloches. Explosionsartig fauchte eine Säule glühendheißer, von Garben glimmender Kohlenreste durchsetzter Luft empor. Sie traf Rosenauer mitten ins Gesicht. Bart und Haare standen sofort in Flammen. Er gab einen gurgelnden Laut von sich, schnellte zurück und stand für den Bruchteil einer Sekunde wie die Statue eines Höllenwesens, mit gefletschten Zähnen im brandschwarzen, schmorend umknisterten Gesicht, bevor er sich krümmte, sich kreiselnd um die eigene Achse drehte und auf dem Boden aufschlug. Der Bewaffnete hatte einen entsetzten Schrei ausgestoßen, war zurückgewichen, über die Erhebung eines Schürlochs gestolpert und ebenfalls zu Boden gestürzt. Kajetan rollte sich aus der Rückenlage, sprang auf und rannte in weiten Sprüngen davon, verfolgt vom Gestank verbrannten Fleisches und versengten Haares, dem Röcheln des Sterbenden und den unartikulierten Hilferufen des Bewaffneten. Er riss den Riegel des Tors zur Kohlerampe zurück und wand sich durch die Öffnung, als hinter ihm ein Schuss aufbellte und neben seinem Gesicht mit dumpfem »Klock« in die Bretterwand schlug. Kajetan befand sich bereits auf der Rampe, als ein zweiter Schuss folgte. Die Kugel durchschlug das Tor, prallte an der eisernen Strebe des Vordachs ab und schwirrte durch die Luft.
    Kajetan spürte einen Stoß in seiner linken Schulter. Ein feines Brennen folgte, kaum schmerzhafter als der Stich einer zornigen Hornisse. Er rannte weiter, die Rampe hinab, erreichte die Böschung und kletterte auf allen vieren nach oben. Ein betäubender Schmerz begann sich in seinem Rücken zu weiten. Er schlug das Gebüsch zurück. Der weite Acker lag vor ihm. Ein Schwarm Sterne beleuchtete die Ebene. In der Ferne glühten die warmen Lichter des Dorfes.
    Er rannte weiter.
    Dann stockte er. Ein Schwindel wogte heran. In seiner Brust pochte es. Die Geräusche um ihn versanken.
    Er stand aufrecht.
    Plötzlich bewegte sich der Horizont. Er hob sich in unendlicher Langsamkeit, stieg und stieg, bis er Himmel und Sterne

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