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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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Daheim mithelfen, nachdem der Vater gestorben ist, wie wärs damit gewesen?«
    »Wenn ihn halt das Kohlengeschäft nicht so interessiert hat«, sagte Frau Hartinger. Sie wandte sich achselzuckend an Kull: »Er wollt allweil wieder zu den Fliegern. Was anders hats einfach nicht gegeben für ihn.«
    »Allerdings«, pflichtete Hartinger seiner Mutter gallig bei. »Wenn er sonst wenig zustand gebracht hat – sich an die Falschen zu hängen, hat noch immer funktioniert.«
    »Das dürfen Sie so nicht sagen«, entgegnete Kull mild. »Gerade die Fliegerkameradschaft ist ja nun geradezu sprichwörtlich.«
    »Schmarren«, knurrte der junge Mann.
    »Aber das ist doch bekannt, Herr Hartinger«, widersprach Kull mit nachsichtigem Lächeln. »Und das meinten Sie doch sicher nicht mit den ›Falschen‹, oder?«
    Hans Hartinger griff nach einem Handtuch und trocknete sich Gesicht und Hände ab.
    »Geht keinen was an, was ich mein.«
    »Und wahr ist es auch nicht, Hans. Sein Kamerad beispielsweis, der Herr Fürst, der ist ein ganz anständiger Mensch gewesen. Der hat wenigstens noch gewusst, was sich gehört. Darfst mir glauben, so einer ist mir lieber gewesen als wie die Revoluzzer, wo du immer dahergebracht hast, und wo nicht mal mehr in die Kirch gehen.«
    Kull hatte aufgehorcht. Fürst? Ein Mann dieses Namens war es gewesen, der die Frachtkiste in Major Lindenfelds Auftrag auf dem Flughafen angeliefert hatte.
    Hans gab einen verächtlichen Ton von sich und schwieg.
    »Und überhaupt musst nicht allweil so zwider sein«, tadelte die Mutter vergrämt. »Was weißt denn du, was der Manne im Krieg hat mitmachen müssen?« Sie sah Kull mit einem um Zustimmung flehenden Blick an. »Eine Mutter spürt doch so was, gell, Herr?«
    Sie stand auf, schlurfte zum Küchenbuffett und kehrte mit dem gerahmten Foto ihres toten Sohnes zurück. Kull warf einen Blick darauf. Der junge Soldat, vor dem kitschigen Landschaftsdekor eines billigen Fotoateliers um eine Heldenpose bemüht, trug eine Infanterie-Uniform.
    »Traurig«, sagte Kull. »In der Blüte der Jugend … nicht wahr?«
    Sie nickte stumm, den Blick auf das Bild geheftet.
    »Von wann ist das Foto? Ich meine – er trägt doch …«
    Er konnte seine Frage nicht beenden. Von Kummer wieder überwältigt, schluchzte die alte Frau laut auf. »Mein Bub …«, brach es aus ihr heraus, »… mein Manne … dass er so grausig hat sterben müssen …«
    Hans schluckte. »Jetzt … Mamm …«, versuchte er zu trösten.
    Sie hörte es nicht. »Sie haben ihn mich gar nimmer anschauen lassen … wenigstens hat mir der Herr vom Flughafen gesagt, dass er nicht hat leiden müssen … ich täts so gern glauben …«
    »Das können Sie, Frau Hartinger«, sagte Kull. »Bei einem derartigen Unfall ist das so.«
    Sie sah ihn aus tränenverschleierten Augen an. »Bestimmt, Herr?«
    Kull nickte nachdrücklich. »Glauben Sie mir, gnädige Frau.«
    Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, kramte ein Tuch aus ihrer Schürzentasche und schnäuzte sich.
    »Und das wissen Sie bestimmt von denen, die schon so gestorben sind«, warf ihr Sohn grimmig ein.
    »Das sagt Ihnen jeder Fachmann«, erwiderte Kull ruhig.
    »Dass du so bitter geworden bist, Hans …« Die alte Frau schüttelte bekümmert den Kopf. »Wo wir doch jetzt zusammenhelfen müssen. Ich bin doch froh, dass wenigstens du mir noch geblieben bist. Wenn ich dich nicht hätt, hätt ichs Geschäft schon lang aufgeben müssen.« Sie wandte sich an Kull. »Es ist doch ein Glück, wenn einem noch wer bleibt, sagens doch auch, Herr, gell?«
    Der Ermittler nickte ernst. »Sie haben völlig Recht, gnädige Frau.« Er stand auf. »Doch wenn Sie mir gestatten, würde ich mich jetzt gerne verabschieden. Was Ihr berechtigtes Anliegen betrifft, kann ich Ihnen naturgemäß noch keine festen Zusagen machen. Aber ich bin durchaus guter Dinge.« Er schnüffelte genießerisch in Richtung des Herdes. »Es riecht ja schon vorzüglich.«
    »Ich bring Sie runter«, sagte Hans. »Im Parterre fällts Licht ab und zu aus. Sie könnten hinfallen.«
    »Das Licht im Parterr, sagst du?« Frau Hartinger war erstaunt. »Seit wann?«
    »Seit heut«, sagte Hans und öffnete die Tür. »Bin bloß noch nicht dazu gekommen, die Leitung zu flicken.«
    Kull verabschiedete sich. Schweigend stiegen sie die Treppe hinab. Am unteren Treppenabsatz angekommen, deutete Kull zur Decke.
    »Ihre Befürchtung war unbegründet«, sagte er. »Die Lampe brennt.«
    »Was du nicht sagst!« Der junge Mann packte

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