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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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kommt Mum nich' nach Hause? Denn das tut sie doch nich', oder?«
    »Sag so was nich'. Das weißte doch gar nich', und ich weiß es auch nich'.«
    »Sie glaubt, Dad is' noch da.«
    »Stimmt.«
    »Wieso?«
    »Weil sie's nich' aushalten kann, irgendwas anderes zu glauben.«
    Toby dachte darüber nach. Seine Nase lief unvermindert. Joel wischte sie mit einem weiteren Stück Toilettenpapier ab und nahm seine Hand. Er führte ihn zurück den Gang entlang und die Treppe hinauf, eingehüllt in seinen scharfen, üblen Geruch. Es werde bestimmt besser, sobald er Toby draußen hatte, redete Joel sich ein. Die Luft, selbst wenn sie mit Abgasen verpestet war, würde den Gestank sicher abschwächen.
    Sie verließen das Gebäude und gingen in die Richtung, aus welcher sie nach Joels Erinnerung gekommen waren, als ihm zwei Dinge gleichzeitig klar wurden: Zum einen hatte er keine Ahnung, wo die U-Bahn-Station war, und die braunen Hinweisschilder, die in alle Richtungen zeigten, boten keine Hilfe. Zweitens hatte er kein Geld für die Fahrkarten. Dix hatte Hin- und Rückfahrttickets gezogen, als sie von der Westbourne Park Station losgefahren waren, aber die steckten in seiner Sporttasche in der Umkleidekabine. Dorthin zurückzugehen, Toby noch einmal in diesen Zuschauerraum zu führen und Dix ausfindig zu machen, um die Fahrkarten entgegenzunehmen, stand außer Frage, ebenso wie Toby allein draußen warten zu lassen, während er all das erledigte. Es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als mit dem Bus nach North Kensington zurückzufahren. Für zwei Kurzstreckentickets reichten die Münzen in seiner Tasche gerade eben.
    Diese Lösung stellte ihn jedoch sogleich vor ein neues Problem: Es gab keine durchgehende Verbindung vom Barbican nach North Kensington. Zweiundzwanzig Minuten lang irrten sie durch das Labyrinth der Gebäude, ehe Joel eine Haltestelle fand, die mehr als nur ein Pfosten im Bürgersteig war. Er studierte den Busplan und fand heraus, dass nicht weniger als drei Linien nötig waren, um sie nach Hause zu bringen. Er wusste, er konnte das schaffen. Die Oxford Street, wo sie zum ersten Mal umsteigen mussten, würde er erkennen. Wertäte das nicht? Und selbst wenn er es irgendwie fertigbrächte, die Ströme von trendigen Einkaufsbummlern auf der Straße zu übersehen: Der Bus vom Barbican endete dort. Sie mussten also nur aussteigen, wenn er nicht mehr weiterfuhr. Das eigentliche Problem war, dass die Kurzstreckentickets damit aufgebraucht sein würden und er kein Geld für die nächsten beiden Busse hatte. Das hieß, er und Toby mussten schwarzfahren und beten, dass sie nicht erwischt würden. Die besten Chancen hätten sie, wenn sie die altmodischen Doppeldeckerbusse wählten, die hinten offen waren - mörderisch gefährlich, aber enorm praktisch und eines der berühmtesten Londoner Wahrzeichen. Die Doppeldecker - mit Fahrer und Schaffner, aber einem Zugang von hinten - waren chronisch überfüllt. Sie boten Joel die besten Chancen, sich unbemerkt hineinzuschleichen und mit der mageren Barschaft, die ihm zur Verfügung stand, nach Hause zu kommen.
    Wie sich herausstellte, sollte dieses Unterfangen die Jungen über fünf Stunden kosten. Das lag nicht etwa daran, dass sie sich verirrten, nein, vielmehr zog die Fahrt sich endlos in die Länge, weil sie gleich nach dem ersten Umstieg an der Oxford Street ohne Fahrscheine erwischt und hinausgeworfen wurden. Vier weitere Busse tuckerten im Verkehrschaos der Einkaufsmeile an ihnen vorbei, ehe sich einer näherte, der so überfüllt war, dass der Schaffner vermutlich zu beschäftigt sein würde, um sie zu bemerken. Die Hoffnung trog sie nicht, aber auf der nächsten Etappe standen sie am Queensway wieder vor dem gleichen Problem. Dieses Mal brauchten sie sechs Busse - sie stiegen zu, fuhren ein, zwei Haltestellen und wurden hinausgeworfen; an der Chepstow Road landeten sie erneut auf der Straße. Joel entschied schließlich, den Rest zu Fuß zu gehen, da Toby sich seit dem YMCA nicht mehr übergeben hatte. Er roch zwar immer noch nicht besser, und er war offenkundig erschöpft, aber Joel nahm an, die Luft - so frisch sie in London denn sein konnte - werde ihm guttun.
    Es war nach sieben Uhr abends, als sie endlich im Edenham Estate ankamen. Kendra empfing sie an der Tür. Siewar außer sich vor Sorge, denn Dix war schon vor Stunden zurückgekommen - einen Pokal in Händen -, hatte gefragt, wie es Toby gehe, und sich umgehend auf die Suche nach den Jungen gemacht, als er

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