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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sich noch mehr, als er ein breites Grinsen zur Antwort erhielt. »Macht's euch gemütlich hier«, sagte er, und mit einem Blick auf Toby fügte er hinzu: »Kommt er klar?«
    »'türlich«, versicherte Joel.
    Aber er war alles andere als sicher. Obwohl Toby sich willig von Dix und Joel in diesen Teil der Stadt hatte entführen lassen, wirkte er doch lethargisch. Nicht einmal das seltene Erlebnis der U-Bahn-Fahrt hatte sein Interesse wecken können. Er war lustlos und niedergeschlagen. Sein Gesicht war ausdruckslos. Joel versuchte, sich einzureden, dass es nur daran läge, dass Toby seine Lavalampe hatte zu Hause lassen müssen. Aber er hatte seine Zweifel. Als Dix sie verließ, fragte Joel Toby daher, ob alles in Ordnung sei. Toby antwortete, sein Bauch fühle sich ganz komisch an. Joel hatte vor Beginn des Wettkampfes gerade noch genügend Zeit, ihm mit einer von Dix' Pfundmünzen eine Cola aus dem Automaten zu ziehen. »Davon geht's dir besser«, sagte er, aber mehr als einen Schluck nahm Toby nicht zu sich. Bald vergaß Joel, ihn zu drängen, mehr zu trinken.
    Die Preisrichter nahmen ihre Plätze an einem langen Tisch rechts von der Bühne ein. Das Licht im Zuschauerraum wurde gedimmt, und eine körperlose Stimme aus dem Lautsprecher verkündete, der YMCA am Barbican sei stolz, den sechsten Jahreswettbewerb im Bodybuilding der Männer zu präsentieren, gefolgt von einer Darbietung der unter Sechzehnjährigen. Nach der Ansage setzte Musik ein - Beethovens »Ode an die
    Freude« -, und in den Scheinwerferkegel auf der Bühne trat ein Mann, der nur aus Muskelmasse zu bestehen schien. In der ersten Wettkampfrunde ging es darum, diese Muskeln zur bestmöglichen Geltung zu bringen.
    Joel hatte dergleichen schon gesehen, nicht nur in Pumping Iron. Man konnte kaum unter einem Dach mit Dix leben, ohne gelegentlich einen Blick auf seinen geölten Körper vor dem Badezimmerspiegel zu erhaschen, denn er unterbrach seine Übungen nur, wenn Ness das Bad benutzen wollte. Er müsse geschmeidig sein, erklärte er jedem, der gerade auf der Toilette saß. Eine Pose müsse immer fließend in die nächste übergehen. Auch seine Persönlichkeit müsse man einbringen. Das sei der Grund, warum Arnold so viel besser als alle anderen gewesen sei. Man könne merken, dass er liebte, was er tat. Er sei ein Typ ohne alle Selbstzweifel.
    Joel erkannte, dass die ersten Wettkämpfer dies noch nicht begriffen hatten. Sie waren zwar muskelbepackt, aber die Bewegungsabläufe stimmten nicht. Ihnen fehlte die mentale Dimension. Gegen Dix hatten sie keine Chance.
    Als die ersten Teilnehmer ihre Vorführung absolviert hatten, bemerkte Joel, dass Toby unruhig wurde. Schließlich zupfte der Kleine an Joels Ärmel. »Ich muss mal.« Joel schaute auf sein Programm. Dix würde bald an der Reihe sein, und es blieb nicht genug Zeit, eine Toilette für Toby zu suchen.
    »Kannste nich' noch 'n bisschen aushalten, Tobe?«, fragte er.
    »Das isses nich'«, erklärte Toby. »Joel, ich muss ...«
    »Nur noch 'n Moment, okay?«
    »Aber ...«
    »Er ist jetzt sofort dran. Da drüben isser. Siehste ihn da drüben warten?«
    »Mir ist aber ...«
    »Er hat uns mitgenommen, damit wir ihm zugucken. Jetzt müssen wir auch zugucken, Tobe.«
    »Dann ... Wenn ich ...« Aber das war alles, was Toby herausbrachte, ehe er anfing zu würgen.
    »Scheiße«, zischte Joel und wandte sich seinem Bruder zu, gerade als der sich zu erbrechen begann. Es war keine normale Übelkeit. Ein entsetzlicher Schwall schoss geradezu aus Tobys Mund - der ultimative Showkiller, wie sich herausstellte.
    Der Gestank war fürchterlich. Toby stöhnte, Gemurmel erhob sich um die Jungen herum, und irgendjemand verlangte nach Licht im Zuschauerraum. Kurz darauf wurde die Musik abgeschaltet, und der Bodybuilder auf der Bühne schien in seiner Pose zu erstarren. Dann wurde es hell im Auditorium, und mehrere Preisrichter standen auf und machten lange Hälse, um festzustellen, was diese Störung verursacht hatte.
    Joel sagte: »Tut mir leid. Tut mir leid. Tut mir wirklich leid«, zu jedem, der gewillt war, es zu hören.
    Wie zur Antwort fing Toby erneut an zu würgen. Erbrochenes spritzte auf seine Kleidung - nicht mehr so druckvoll wie zuvor, aber es sickerte in den Stoff seiner Jeans, und das erwies sich als noch schlimmer.
    »Schaff ihn hier raus, Mann«, sagte jemand.
    »Das macht jetzt doch wohl auch keinen großen Unterschied mehr, oder?«, murmelte ein anderer angewidert.
    Und es war widerlich, es sei

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