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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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klar sein«, gab Majidah zurück. »Von all meinen Kindern bist du das schwierigste.«
    Er lächelte. »Wie dem auch sei. Rand, die du mit solcher Missbilligung betrachtest, wird dir helfen, die Materialien zusammenzustellen, die du brauchst. Und während ihr das macht, zeige ich deiner Begleiterin, wie aus den Entwürfen fertige Kopfbedeckungen werden.«
    Sayf al Din war ein ebenso großer Freund von Worten wie seine Mutter. Er erklärte Ness nicht nur, was er tat, sondern demonstrierte es auch. Und während er ihr seine Arbeit vorführte, redete er munter vor sich hin. Er war so amüsant, wie er aussah, und ein Gutteil seiner Freude an der Arbeit schöpfte er daraus, seine Werke an anderen auszuprobieren. Er lud Ness ein, von Turbanen bis hin zu Tiaren alles nur Denkbare aufzusetzen. Seinen Näherinnen stülpte er Hüte und Kopfschmuck über. Rand setzte er einen münzverzierten Stetson aufs verschleierte Haupt, und für sich selbst wählte er Hut und Feder eines Musketiers.
    Sein Enthusiasmus ging Ness geradewegs ins Blut und erfüllte sie mit etwas, das sie zu Beginn dieses Ausflugs mit Majidah am allerwenigsten erwartet hatte: Freude, Interesse und Neugierde.
    Tagelang durchlebte sie den Besuch in Sayf al Dins Studio in ihrer Erinnerung wieder und wieder, ehe sie beschloss, etwas zu unternehmen. Sie ging zum Jugendamt. Sie hatte dort keinen Termin, und deshalb hatte Fabia Bender sie auch nichterwartet, und doch hatte die Frau keine Mühe zu erkennen, wer dieses Mädchen war und dass es sich seit ihrer letzten Begegnung verändert hatte. Sie konnte es nicht benennen, doch Ness ließ sie nicht lange im Ungewissen, sondern teilte ihr den Grund ihres Kommens umgehend mit: Sie habe sich jetzt überlegt, welchen Ausbildungsweg sie einschlagen wolle, sagte sie, und sie brauche die Zustimmung des Richters.
    Ness' Schullaufbahn war aus Fabia Benders Perspektive bislang ausgesprochen holprig gewesen. Die Holland Park School hatte sich geweigert, das Mädchen wieder aufzunehmen, und fehlende Plätze im neuen Schuljahr als Ausrede vorgebracht. Jede andere Schule in der Nähe hatte das Gleiche behauptet, und nur am Südufer der Themse hatte die Sozialarbeiterin schließlich eine Schule finden können, die gewillt war, das Mädchen aufzunehmen. Doch ein Besuch vor Ort hatte Fabia verunsichert. Schlimm genug, dass sie in Peckham lag - eine Stunde Busfahrt entfernt. Obendrein war sie auch noch im übelsten Teil von Peckham angesiedelt und stellte eine gefährliche Versuchung für eine labile Heranwachsende wie Vanessa Campbell dar. Sie würde sich womöglich wieder mit den falschen Leuten einlassen. Also hatte Fabia bei Gericht einen Antrag auf Fristverlängerung gestellt. Sie werde schon etwas Geeignetes finden, versprach sie dem Richter, und unterdessen besuche Vanessa Campbell einen Einführungskurs in Musik auf dem College und verrichte ihre gemeinnützige Arbeit, ohne dass auch nur eine einzige Beschwerde von der Kindertagesstätte gekommen sei. Das spreche doch gewiss für sie? Der Richter pflichtete ihr bei und gewährte den Aufschub. Doch vor Beginn des Wintertrimesters müsse eine Dauerlösung gefunden sein.
    »Hutmacherei?«, wiederholte Fabia Bender, als Ness ihr berichtete, was sie lernen wollte. Es war nicht so, dass sie Ness' Befähigung zu einer solchen Tätigkeit in Zweifel zog. Nur erschien ihr die Hutmacherei von allen möglichen Zukunftsplänen für dieses Mädchen als der unwahrscheinlichste. »Willst du etwa Hüte für das Pferderennen von Royal Ascot entwerfen?«
    Ness hörte die Verwunderung in der Stimme der Sozialarbeiterin und reagierte empfindlich. Sie verlagerte das Gewicht auf ein Bein und schob angriffslustig die Hüfte vor. »Und wenn's so wär?« Diese riesigen und lächerlichen Kopfbedeckungen zu entwerfen, die reiche weiße Frauen bei diesem Event alljährlich zur Schau stellten, war das Letzte, was ihr eingefallen wäre. Tatsächlich war es ihr nicht in den Sinn gekommen; sie wusste kaum, was Royal Ascot eigentlich war, abgesehen von magersüchtigen, Champagner schlürfenden Frauen mit langen Titeln vor Namen, die sie als Aufmacher in der Boulevardpresse gesehen hatte.
    Fabia Bender erwiderte hastig: »Entschuldige. Meine Frage war völlig unangemessen. Erzähl mir, was dich auf Hutmacherei gebracht hat, und welche Pläne du diesbezüglich hast.« Sie studierte Ness, um zu ergründen, wie ernst es ihr mit dieser Sache war. »Du hast doch Pläne, richtig? Du wärst sicher nicht ohne einen Plan

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