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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Ness vor sich hin fauchte. Dann durchschritt sie den Raum und machtedem Schmuckbasteln selber ein Ende, aber nicht so, wie Ness es sich vorgestellt hatte. Majidah verlangte zu wissen, was Miss Vanessa Campbell einfalle, vor den unschuldigen Kindern zu fluchen. Sie wartete keine Antwort ab, sondern schickte Ness nach draußen, wo sie sich gleich um sie kümmern würde.
    Ness ergriff die Gelegenheit, sich draußen eine Zigarette anzuzünden. Es war verboten, irgendwo in der Nähe der Kindertagesstätte zu rauchen. Ness hatte schon mehr als ein Mal gegen die Regel protestiert; die Eltern der Kinder rauchten doch auch in deren Gegenwart - ganz zu schweigen davon, was sie sonst noch vor deren Augen taten. Warum also durfte Ness nicht rauchen, wenn ihr danach war? Majidah hatte sich geweigert, darüber zu diskutieren. Regeln waren Regeln. Sie wurden nicht gebeugt, gebrochen, angepasst oder ignoriert.
    An diesem Tag und unter diesen Umständen war all das Ness aus tiefster Seele gleichgültig. Sie hasste die Arbeit in der Kindertagesstätte, sie hasste Regeln, sie hasste Majidah, und sie hasste das Leben. Darum war sie entzückt, als Majidah ihr ins Freie folgte, nachdem sie die Kinder, mit größeren Perlen versorgt, wieder an die Arbeit gesetzt hatte. Sie zog einen Mantel über und verengte die Augen, als sie sah, dass Ness sich gerade eine verbotene Benson & Hedges gönnte. Geschieht dir recht, dachte Ness. Da kannste mal sehen, wie Wut sich anfühlt.
    Majidah hatte sechs Kinder großgezogen. Sie ließ sich von Ness' Benehmen nicht aus der Fassung bringen. Sie hatte auch nicht die Absicht, sich jetzt dazu zu äußern, zumal Ness eindeutig genau das provozieren wollte. Da das Mädchen heute offenbar nicht in Frieden mit den Kindern arbeiten könne, trug sie Ness auf, stattdessen die Fenster zu putzen, die es allesamt dringend nötig hätten.
    Ungläubig wiederholte Ness den Auftrag. Sie solle Fenster putzen? Bei diesem Dreckwetter? Erstens war's scheißkalt, und zweitens würd's todsicher anfangen zu pissen, noch bevor der Scheißtag zu Ende sei, also, was dachte Majidah sich eigentlich? Sie denke nicht dran, irgendwelche Scheißfenster zu putzen.
    Statt zu antworten, ging Majidah zurück ins Haus undsuchte in aller Seelenruhe die notwendigen Arbeitsmaterialien zusammen. Dann erteilte sie detaillierte Anweisungen, als habe sie kein Wort von dem gehört, was Ness gesagt hatte. Fenster putze man in drei Schritten, erklärte Majidah, und dazu brauche man Wasser, Putzmittel, einen Gartenschlauch, Zeitungspapier und Essigessenz. Ness solle die Scheiben von innen und außen säubern, und anschließend würden sie über ihre Zukunft in der Kindertagesstätte sprechen.
    »Ich brauch keine Zukunft in diesem Scheißladen!«, schrie Ness, als Majidah ihr den Rücken zukehrte. »Ha'm Sie sonst nix zu sagen?«
    Natürlich hatte Majidah eine Menge zu sagen, aber sie gedachte nicht, mit Ness zu debattieren, solange das Mädchen in dieser Verfassung war. »Wir unterhalten uns, wenn die Fenster sauber sind, Vanessa.«
    »Ich kann auch einfach von hier abhauen!«, konterte Ness.
    Majidah entgegnete ungerührt: »Das steht dir frei.«
    Allein diese Nüchternheit war ein Schlag ins Gesicht. Ness beschloss, es Majidah heimzuzahlen. Sie konnte es kaum erwarten. Sie würde der blöden Kuh eine Fensterreinigung bescheren, die sie so bald nicht vergessen sollte, und dabei wollte sie sich überlegen, was sie ihr alles sagen würde.
    Sie sprühte die Fenster ab, schrubbte, polierte. Und sie rauchte: nur draußen allerdings; drinnen wagte sie es nicht. Als der Tag sich dem Ende zuneigte, die Fenster blitzten, die Kinder nach Hause gegangen waren und die ersten Tropfen zu fallen begannen, genau wie Ness prophezeit hatte, hatte das Mädchen seit über vier Stunden in Gedanken ein Wortgefecht mit der pakistanischen Frau ausgetragen und konnte es kaum erwarten, all das loszuwerden, was sie sich zurechtgelegt hatte.
    Als Majidah die Fenster inspizierte, war es so weit. Sie ließ sich Zeit. Sie nahm jedes einzelne in Augenschein, ohne den Regen zu beachten, der die Scheiben schon sprenkelte. Schließlich verkündete sie: »Gut gemacht, Vanessa. Siehst du, dein Zorn hat sich in etwas Positives verwandelt.«
    Ness wollte nicht zugeben, dass sie zornig war. Sie verzogvielsagend den Mund und erwiderte: »Ja, super. Ich wette, ich hab 'ne klasse Karriere vor mir: als Fensterputzer.«
    Majidah warf ihr einen Seitenblick zu. »Es gibt weitaus schlechtere Berufe,

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