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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Bürgersteig, und dort unten konnte man von oben aus kaum gesehen werden, es sei denn, man stand in der Platzmitte oder ein Passant - von denen es bei diesem regnerischen Herbstwetter ohnehin nur wenige gab - machte sich die Mühe, an den Zaun zu treten und hindurchzuspähen.
    Joel fror. Es fühlte sich an, als steige ein feuchter Nebel vom Boden auf und als sammele er sich um seine Beine. Er schlenderte zur Mitte des Fußballplatzes, stampfte mit den Füßen auf und steckte die Hände unter die Achseln. Um diese Jahreszeit wurde es schon merklich früher dunkel, und das Tageslicht schwand bereits. Die Schatten der umliegenden Mauern krochen über das Spielfeld und über das Unkraut, das durch die Risse im Asphalt wuchs.
    Die Zeit verstrich. Joel fragte sich schon, ob er wirklich zur richtigen Stelle gekommen war. Es gab hinter dem Trellick
    Tower noch einen weiteren Bolzplatz, aber der war nicht abgesenkt, und Greve hatte doch gesagt, am abgesenkten Fußballplatz, oder?
    Joel kamen Zweifel. Zwei Mal hörte er jemanden näher kommen, und jedes Mal spannten seine Muskeln sich an. Doch beide Male gingen die Schritte vorüber und hinterließen nur den beißenden Geruch von Zigarettenqualm.
    Joel ging auf und ab. Er kaute auf seinem Daumennagel. Er versuchte zu entscheiden, was er tun sollte.
    Was er wollte, war Frieden - sowohl Seelenfrieden als auch Frieden mit seinem Feind. Nur deshalb war er auf den Vorschlag einer Unterredung eingegangen und hatte etwas getan, das ihm nun dumm erschien. Schließlich setzte er sich an diesem Ort einer nicht unbeträchtlichen Gefahr aus. Er war allein, unbewaffnet und ungeschützt, und er hätte es allein sich selbst zuzuschreiben, wenn er hierblieb und ihm irgendetwas zustieß.
    Alles, was Neal und seine Freunde tun müssten, war, über den Zaun zu kommen und Joel in eine Ecke zu drängen. Von hier gab es keinen Fluchtweg, und er wäre erledigt - genau wie sie es zweifellos wollten.
    Joel glaubte, seine Eingeweide verflüssigten sich. Der Klang schwerer herannahender Schritte verschlimmerte seinen Zustand. Das Scheppern einer Mülltonne in einer nahen Gasse hätte ihm um ein Haar den Rest gegeben, und Joel wurde klar, dass Neal ihn genau so würde antreffen wollen: nervös und randvoll mit Zweifel. Je weiter Joels Unbehagen zunahm, umso größer würde Neal sich fühlen - ganz Herr der Lage. Das gäbe Neal die Gelegenheit, um ...
    Gelegenheit. Der Gedanke daran rüttelte Joel wach. Dieses eine Wort leuchtete in seinem Geist auf und erhellte seine Situation, bis er sie in einem völlig neuen Licht sah. Wie ein Fuchs auf der Flucht vor der Meute preschte er vom Fußballfeld. Er wusste, er war mehr als nur dumm gewesen. Unaufmerksam war er gewesen, und Unaufmerksamkeit konnte ihn das Leben kosten.
    Er rannte bis zur Straßenecke und dann weiter in Richtung Bahnlinie. Wie ein Wegweiser ragte der Trellick Tower vor ihm auf, und Joel hastete auf die Edenham-Siedlung zu. Er wusste jetzt genau, was los war, aber er wollte es nicht wahrhaben.
    Die ersten Sirenen hörte er schon auf der Elkstone Road, noch ehe er irgendetwas sah. Und was seine Augen als Erstes entdeckten, waren die Lichter, diese blinkenden Warnlichter auf dem Dach der Einsatzfahrzeuge, die anderen Autos von Weitem signalisierten, den Weg freizumachen. Der Feuerwehrwagen stand auf der Brücke über dem Kanal. Ein Schlauch schlängelte sich die Treppe hinab, aber noch schoss keine Fontäne heraus, um die Flammen zu löschen. Fröhlich knisternd, verzehrten sie den alten Kahn. Wer immer ihn angezündet hatte, hatte ihn obendrein auch noch losgebunden, denn jetzt trieb er mitten auf dem Kanal, und dicke, übel riechende Qualmwolken stiegen daraus empor.
    Schaulustige standen oben am Brückengeländer und auf dem Fußweg, der hinabführte. Auch von der Skate-Bowl gafften sie herüber, sogar vom Spielplatz der Kindertagesstätte.
    Obwohl Joel doch ganz genau wusste, was passiert war, sah er sich überall nach Toby um. Er rief den Namen seines Bruders, zwängte sich durch die Menge. Dann erkannte er, warum die Einsatzkräfte keinen Versuch unternahmen, die Flammen auf dem Boot zu löschen.
    Ein Feuerwehrmann stand bis zur Brust im öligen Kanalwasser. Er hatte seine Uniformjacke auf den Weg geworfen und watete zu dem Boot hinaus, eine Seilrolle über der Schulter. Er hielt auf das dem Feuer gegenüberliegende Ende zu. Dort kauerte eine kleine Gestalt.
    »Toby!«, brüllte Joel. »Toby! Tobe!«
    Aber im allgemeinen Getöse konnte

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