Am Ende war die Tat
lächelte. Ihre Drohung schien ihm so große Angst zu machen, wie ein bewaffnetes Entenküken es getan hätte. »Echt? Und wie?«
»Ganz einfach: Ich sag ihm, du hättest versucht, mich zu ficken. Du weißt doch bestimmt, was er dann tut.«
Cal lachte laut, ehe er noch einmal zog. »Is' das dein super Plan? Meinste echt, du wärst so was Besonderes für ihn, dass er jeden andern umbringt, der versucht, dich anzurühr'n? Süße, du machst dir was vor! Wenn ich dich ficke, bis' du diejenige, die verschwindet. Für The Blade isses viel einfacher, dich zu ersetzen als mich, das kannste ma' glauben. Du kanns' froh sein, dass ich kein Interesse an dir hab, kapiert? Denn wenn's so wär, würd ich es The Blade sagen, und er würd dich an mich durchreichen, wenn er mit dir fertig is.«
»Das reicht, Alter.« Ness hatte genug gehört und machte sich wie immer in unangenehmen Situationen aus dem Staub. Sie würde Cal Hancock drankriegen. Sie würde ihn da packen, wo es richtig wehtat.
Fest dazu entschlossen, erzählte sie The Blade gleich bei ihrem nächsten Zusammentreffen, was Cal gesagt hatte. Sie rechnete felsenfest damit, dass The Blade der gerechte Zorn über seinen Leibwächter überkommen und er es ihm heimzahlen würde, wie er es verdiente. Stattdessen brach er in Gelächter aus.
»Wenn der Mann was geraucht hat, redet er allen möglichen Müll«, sagte er und machte keinerlei Anstalten, seinen Lakaien zur Rechenschaft zu ziehen.
Sie zeterte und verlangte von ihm, dass er etwas unternahm, um sie zu verteidigen, doch er vergrub stattdessen nur die Nase an ihrem Hals. »Meinste etwa, ich würd das hier jemand anderem überlassen? Du bis' verrückt, wenn du das glaubs'.«
Blieb immer noch die Frage nach Arissa, und Ness fürchtete schon, es bleibe ihr nichts anderes übrig, als abzuwarten, ob The Blade selbst ihr eine Antwort lieferte. Doch Ness wusste, dass sie ihm nicht auf Schritt und Tritt folgen konnte. Cal machte seinen Job als Leibwächter verdammt gut, und er würde sie entdecken, ganz gleich was sie sich einfallen ließ, um unsichtbar zu bleiben.
Die andere Möglichkeit, an Informationen zu gelangen, war Six. Der Gedanke war Ness zuwider, weil sie sich damit von Six abhängig machte, aber es schien ihr die einzige Alternative.
Da Six nicht nachtragend war, wenn die Aussicht auf einen Gratis-Trip bestand, gab sie vor, was zwischen ihr und Ness auf der Kensington High Street vorgefallen war, hätte nie stattgefunden. Vielmehr hieß sie Ness in der heruntergekommenen Wohnung im Mozart Estate willkommen und lud sie ein, einer Karaoke-Darbietung von »These Boots Are Made For Walkin'« beizuwohnen - ein zweifelhafter Genuss, mit der besonderen Note versehen, dass sie zuvor eine ganze Flasche vom Mundwasser ihrer Mutter getrunken hatte, weil siehoffte, davon high zu werden. Nach einigem Hin und Her offenbarte Six Ness schließlich die gewünschten Informationen: Arissa wohnte auf der Portnall Road. Die Hausnummer wusste sie nicht, aber es gab nur einen Wohnblock an der Straße, wo hauptsächlich ältere Leute lebten. Arissa wohnte dort bei ihrer Großmutter.
Ness fuhr zur Portnall Road und begab sich in Stellung. Sie musste nicht lange warten. Bei ihrem zweiten Versuch, The Blade auf frischer Tat zu ertappen, tauchte er tatsächlich auf. Er betrat das Haus mit einem eigenen Schlüssel. Cal, der ihn hier- herchauffiert hatte, machte es sich im Hauseingang bequem, zog einen Block aus der Tasche - einen Zeichenblock, vermutete Ness - und machte sich mit einem Bleistift ans Werk. Er lehnte lässig an der Mauer und schaute nur hin und wieder hoch, um sich zu vergewissern, dass niemand auftauchte, der The Blade gefährlich werden konnte.
Es konnte nur einen Grund für The Blades Besuch geben, das war Ness klar. So war sie alles andere als überrascht, als er eine halbe Stunde später zurück auf die Straße kam und sich noch im Gehen die Hose zuknöpfte. Er und Cal waren ein paar Schritte die Straße hinabgegangen, da wurde oben ein Fenster geöffnet. Augenblicklich warf sich Cal vor The Blade, um im Ernstfall seinen Körper als Schutzschild einzusetzen. Ein helles Lachen schallte von oben herab. »Meinste, ich würd dem Mann was tun, Cal Hancock? Du has' das hier vergessen, Baby.«
Ness machte ein Gesicht am Fenster aus: perfekte Schokoladenhaut, seidiges Haar, volle Lippen und Schlafzimmeraugen. Die junge Frau warf einen Schlüsselbund herunter.
»Bis dann!«, rief sie, und dieses Mal klang ihr Lachen
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