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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja B.
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die Konzentration zu verlieren. Hier und heute über Schulden zu sprechen hatte ich am allerwenigsten erwartet.
    Außerdem hatten Cay und ich einen Ehevertrag gemacht. Ich hatte meine Unterschrift unter dieses lieblose Dokument gesetzt. Dort stand etwas von einem Guthaben, aber doch nichts von Schulden. Dieser Vertrag hatte mich damals ohnehin befremdet, verliebt, wie ich gewesen war. In meiner Vorstellungswelt basierte eine Ehe auf Liebe und Vertrauen und nicht auf einem Vertrag. Aber um des lieben Friedens willen hatte ich mich darauf eingelassen. Ich wollte nicht, dass jemand dachte, ich habe den tollen Cay aus finanziellen Gründen geheiratet.
    Ganz offensichtlich ging es nun um mehr als um meinen Kleinkredit. Ich wusste nichts von sonstigen Schulden. Wir hatten doch nur das Auto gekauft … Jetzt erfuhr ich, dass die Polizei unsere Wohnung durchsucht und verschiedene Ordner sowie den PC mitgenommen hatte. Und sie waren fündig geworden.
    Anja schien mehr zu begreifen als ich. Ich erinnerte mich dunkel, dass die beiden Beamten am Abend der schrecklichen Nachricht erwähnt hatten, dass in unserer Wohnung nach mir gesucht worden war. Das hatte ich schon fast wieder vergessen. Dabei mussten sie auf etwas gestoßen sein. Ich war unfähig, mir Gedanken darüber zu machen. Aus welchem Grund beschlagnahmte die Polizei Aktenordner? Was konnte es darin zu entdecken geben? Mit den Ermittlungen bei einer Familientragödie kannte ich mich nicht aus. Ich hatte nie erwartet, jemals von so etwas betroffen zu sein. Und nun war alles ganz anders gekommen. Mein Mann und meine Tochter waren tot.
    Johnny sprach davon, dass ich eine Witwenrente bekommen würde. Ich war nur noch fassungslos. Witwenrente? Daran hatte ich bisher keinen Gedanken verschwendet.
    Vielleicht wollte er mich damit ja beruhigen, mir klarmachen, dass ich davon eine Weile »unbesorgt« leben könne.
    Doch wie sollte ich jemals wieder unbesorgt leben? Mein Mann – oder wie sollte ich ihn überhaupt noch nennen – hatte mir mein Kind genommen. Für mich gab es kein unbesorgtes Leben mehr. Nie mehr! Ich war fünfundzwanzig Jahre alt und sollte angeblich eine Witwenrente bekommen!
    Ich hätte jetzt viel lieber über Sarah gesprochen. Am liebsten wäre ich davongerannt. Ich stand auf. Mir war übel geworden, und ich musste so schnell wie möglich raus aus diesem Haus. Mit einem flüchtigen Abschiedsgruß gingen wir durch die Tür und setzten uns in den Wagen.
    »Was war das denn jetzt?«, wollte Anja von mir wissen. Ich konnte nur noch mit dem Kopf schütteln. Am liebsten wollte ich die beiden nie mehr wiedersehen. Ohne einen Blick zurück fuhren wir zu Anja nach Hause. Dort würde sie mir sicher noch einmal in Ruhe erklären, was gesagt worden war. Mir war alles zu viel. Ich schloss die Augen und wünschte mir, auch die Ohren schließen zu können.
    Bei Anja zu Hause setzte ich mich aufs Sofa. Plötzlich hatte ich das Gefühl, als wäre ich schuld an der ganzen Tragödie. Als hätte Cay meinetwegen über unsere Verhältnisse gelebt. Sich meinetwegen das Leben genommen und unser Kind getötet.
    Mir wurde heiß, und ich hatte Angst, ohnmächtig zu werden. Cay hatte in den vergangenen Monaten sichtlich abgebaut, zuletzt war er furchtbar dünn gewesen. Aber wie hätte ich ihm denn vorschreiben sollen, was er zu essen hatte? Und all die Ausflüge nach Kitzbühel und sonst wohin, das hatte ich doch gar nicht gewollt! Ich hatte nur hin und wieder einen Familienausflug mit ihm und Sarah unternehmen wollen, das war doch nicht zu viel verlangt!
    Mir schwirrte der Kopf. Mir wurde alles zu viel.

Funktionieren
    Ich funktionierte nur noch, soweit es unbedingt notwendig war. Dann meldete sich die Polizei.
    »Es geht um das Auto. Ich rufe an, weil es auf Ihren Namen angemeldet ist. Wir müssen es noch eine Weile hierbehalten. Die Untersuchung hat sich verzögert.«
    »Welche Untersuchung?«
    »Ihr Mann ist mit diesem Fahrzeug zum Tatort gefahren.«
    »Tatort? Warten Sie! Sprechen Sie bitte mit meinem Schwager.«
    Und dann gab ich den Hörer an Klaus weiter und hörte, wie er im Gegensatz zu mir offenbar mühelos alle Informationen aufnehmen konnte, die der Beamte ihm gab.
    »Der Wagen wird technisch überprüft. Die Polizei will sicherstellen, dass es keine Manipulationen gibt«, versuchte er mir zu erklären, aber ich begriff nur langsam, was das nun wieder zu bedeuten hatte: Es bestand der Verdacht, auch ich könnte ein Opfer von Cays Wahnsinnstaten werden.
    Wenig später

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