Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
Vom Netzwerk:
seine Grenzen!«
    Es gibt Tage, erfüllt von kleinen Gesprächen, die einen dazu treiben, bestimmte Entscheidungen zu treffen.

    »Natürlich würde ich Sie gerne nach Äthiopien begleiten«, fuhr Walter fort, »aber ich werde es nicht tun!«
    »Habe ich denn gesagt, dass ich nach Äthiopien fahre?«
    »Nein, aber Sie werden es trotzdem tun.«
    »Nicht ohne Sie.«
    »Unmöglich, Hydra hat den Rest meiner Ersparnisse verschlungen.«
    »Wenn das der einzige Grund ist, schenke ich Ihnen das Ticket.«
    »Und ich sage Ihnen, dass das nicht in Frage kommt. Ihre Großzügigkeit ehrt Sie, aber bringen Sie mich bitte nicht in eine heikle Situation.«
    »Das ist keine Großzügigkeit. Darf ich Sie daran erinnern, was mir passiert wäre, wenn Sie in Heraklion nicht dabei gewesen wären?«
    »Sagen Sie bloß nicht, Sie wollen mich als Bodyguard einstellen, das würde ich Ihnen sehr übel nehmen. Ich bin nicht nur ein Muskelprotz, ich habe eine Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer und Personalleiter!«
    »Walter, nun lassen Sie sich doch nicht so bitten, kommen Sie mit!«
    »Das ist aus verschiedenen Gründen eine sehr schlechte Idee.«
    »Nennen Sie mir einen einzigen, und ich lasse Sie in Ruhe!«
    »Gut, stellen Sie sich bitte folgendes Szenario vor. Kulisse: das Omo-Tal. Zeit: frühmorgens oder mitten am Tag, wie Sie wollen. Umwerfende Landschaft. Das Set: eine archäologische Ausgrabungsstätte. Die Hauptpersonen: Adrian sowie die verantwortliche Archäologin. Und jetzt die Szene, Sie werden sehen, sie ist köstlich. Unser Adrian kommt mit einem Jeep an, er ist etwas staubig, aber doch ein attraktiver Kerl. Die Archäologin hört einen Wagen, legt ihre Kelle, ihr kleines Hämmerchen und ihre Brille beiseite …«

    »Ich glaube, sie trägt keine!«
    »Legt also nicht ihre Brille beiseite, richtet sich aber dennoch auf und stellt fest, dass der unerwartete Besucher jener Mann ist, den sie, nicht ohne Bedauern, in London zurückgelassen hat. Ihr Gesicht verrät ihre Emotionen.«
    »Ich kann mir die Situation vorstellen. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Seien Sie still und lassen Sie mich ausreden! Die Archäologin und ihr Besucher laufen aufeinander zu, keiner von beiden weiß, was er sagen soll. Doch niemand hat darauf geachtet, was sich im Hintergrund abspielt. Dort sieht man den guten Walter mit Flanellshorts und karierter Schirmmütze, der es leid ist, in der Sonne zu braten, während sich die beiden Dummköpfe im Zeitlupentempo küssen, und so fragt er, was er mit dem Gepäck anfangen soll. Finden Sie nicht, dass so was die ganze Szene verdirbt? Und sind Sie nun endlich entschlossen, allein zu fahren, oder muss ich noch deutlicher werden?«
     
    Walter hatte mich schließlich davon überzeugt, diese Reise zu unternehmen, obwohl ich glaube, dass ich die Entscheidung eigentlich längst getroffen hatte. Nachdem ich mein Visum in Händen hielt und das Nötige für meine Ankunft veranlasst hatte, stieg ich in Heathrow in ein Flugzeug und landete zehn Stunden später in Addis Abeba.
    Am selben Tag begab sich ein gewisser Ivory, der auch nicht ganz unbeteiligt an meinem Entschluss zu dieser Reise gewesen war, nach Paris.

    An die Mitglieder des Komitees
     
    Der Astrophysiker ist heute nach Addis Abeba abgeflogen. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, was das bedeutet. Ohne unsere chinesischen Freunde einzubeziehen, die noch immer bestimmte Interessen in Äthiopien verfolgen, wird eine Überwachung schwierig werden. Ich schlage eine Sitzung für morgen vor.
    Herzliche Grüße
    AMSTERDAM
    Jan Vackeers schob die Tastatur des Computers zurück und beugte sich über die Akte, die ihm einer seiner Mitarbeiter gebracht hatte. Zum x-ten Mal betrachtete er das Foto, auf dem das Fenster eines Londoner Cafés zu sehen war. Es zeigte Ivory, der mit Adrian Kaffee trank. Vackeers griff nach seinem Feuerzeug, legte die Aufnahme in den Aschenbecher und zündete sie an. Während sie verglühte, schloss er die Akte und knurrte:
    »Ich weiß nicht, wie lange ich unseren Kollegen Ihren Alleingang noch verheimlichen kann, Ivory. Möge Gott Sie schützen!«

    Ivory wartete geduldig in der Taxischlange am Flughafen von Orly. Als die Reihe an ihm war, nahm er im Fond des Wagens Platz und reichte dem Fahrer einen Zettel. Darauf stand die Adresse einer Druckerei in der Nähe des Boulevard Sébastopol. Der Verkehr war flüssig, in einer halben Stunde hätte er sein Ziel erreicht.

    In seinem Büro in Rom las Lorenzo Vackeers’ Nachricht, griff zum Telefon und

Weitere Kostenlose Bücher