Am ersten Tag - Roman
schließlich die archäologische Ausgrabungsstätte.
Das Areal war durch Schnüre in Planquadrate unterteilt. Die beiden ersten Löcher, die ich sah, waren leer, in einem dritten waren drei Männer beschäftigt. Etwas weiter nahmen Teammitglieder Feinarbeiten mit Pinseln vor. Von meinem Standpunkt aus hätte man meinen können, sie würden malen. Niemand beachtete mich, und ich lief weiter über den Erdwall, vorbei an den Planquadraten, bis mich ein Schwall von Flüchen in meinem Rücken innehalten ließ. Ein Landsmann - sein Englisch war perfekt - brüllte, wer der Vollidiot sei, der mitten durch das Ausgrabungsgelände spazierte. Ein kurzer Rundblick bestätigte mir, dass nur ich besagter Vollidiot sein konnte.
Eine bessere Einführung zu einem Wiedersehen, das mich ohnehin nervös machte, kann man sich wohl nicht vorstellen. Nicht jedem ist es gegeben, sich im Nirgendwo als Trottel beschimpfen zu lassen. Aus den verschiedenen Mulden tauchte ein Dutzend Köpfe wie die von Erdmännchen bei drohender Gefahr auf. Ein korpulenter Typ befahl mir - diesmal auf Deutsch -, auf der Stelle zu verschwinden. Ich spreche nicht wirklich Deutsch, aber es bedurfte keines großen Wortschatzes, um zu begreifen, dass er nicht scherzte. Und dann traf mich neben all den anklagenden Blicken auch der von Keira, die sich ebenfalls aufgerichtet hatte. Und nichts war, wie Walter es vorhergesagt hatte!
»Adrian?«, rief sie fassungslos.
Zweiter Moment unbeschreiblicher Einsamkeit. Als Keira mich fragte, was ich hier zu suchen hätte - ihre Überraschung war alles andere als freudig -, verstummte ich bei der bloßen Vorstellung, inmitten all dieser feindseligen Blicke antworten zu müssen. Ich stand wie versteinert da und hatte den Eindruck, in ein Minenfeld geraten zu sein, dessen Sprengstoffexperten nur auf den geeigneten Augenblick warteten, um mich in die Luft zu jagen.
»Rühr dich nicht vom Fleck!«, befahl Keira, die jetzt auf mich zukam, um mich aus dem Areal herauszuführen.
»Bist du dir im Klaren darüber, was du da getan hast? Du tauchst urplötzlich hier auf und hättest mit deinen Quadratlatschen Knochen von unschätzbarer Bedeutung zertreten können!«
»Sag mir, dass nichts dergleichen passiert ist«, stammelte ich.
»Nein, aber es hätte sein können, das ist fast dasselbe. Kannst du dir vorstellen, dass ich unangekündigt in dein Observatorium hereinplatze und an den Knöpfen deines Teleskops herumdrehe?«
»Ich glaube, ich habe verstanden, dass du wütend bist.«
»Ich bin nicht wütend, aber dein Verhalten ist unverantwortlich, das ist nicht das Gleiche.«
»Guten Tag, Keira.«
Natürlich hätte ich einen Satz finden können, der origineller und aussagekräftiger gewesen wäre als ›Guten Tag, Keira‹, aber es war der einzige, der mir einfiel. Sie musterte mich von Kopf bis Fuß, und ich hoffte, dass sie sich endlich etwas beruhigen würde, zumindest für einen kleinen Moment.
»Was hast du hier zu suchen, Adrian?«
»Das ist eine lange Geschichte, und die Reise, die ich hinter mir habe, ist noch länger. Wenn du mir etwas Zeit zugestehst, kann ich dir alles erklären.«
»Ja, aber nicht jetzt. Wie du siehst, bin ich mitten bei der Arbeit.«
»Ich hatte deine äthiopische Telefonnummer nicht und nicht mal die deiner Sekretärin, um einen Termin auszumachen. Ich gehe wieder zum Fluss und ruhe mich zwischen Kokospalmen und Bananenstauden aus. Wenn du einen Augenblick erübrigen kannst, komm einfach vorbei.«
Ohne ihr Zeit zu einer Antwort zu lassen, kehrte ich ihr den Rücken und lief dahin zurück, woher ich gekommen war. Auch ich hatte meinen Stolz!
»Hier gibt es weder Kokospalmen noch Bananenstauden, du großer Dummkopf!«, hörte ich sie hinter mir sagen.
Ich wandte mich um, und Keira kam zu mir.
»Ich gebe zu, das war kein toller Empfang. Tut mir leid, entschuldige.«
»Willst du mit mir zu Mittag essen?«
An diesem Tag schien ich eine besondere Gabe zu haben, dumme Fragen zu stellen. Aber diesmal zumindest musste Keira lachen. Sie nahm mich beim Arm und zog mich zum Lager. Sie
lud mich in ihr Zelt ein, öffnete eine Kühltasche und holte zwei Flaschen Bier heraus, von denen sie mir eine reichte.
»Trink, es ist nicht besonders kalt und in fünf Minuten sogar warm. Bleibst du lange?«
Dass wir beide hier in ihrem Zelt saßen, war so eigenartig, dass es mir fast unschicklich vorkam. Also gingen wir nach draußen und liefen am Fluss entlang. Bei diesem Spaziergang verstand ich besser, warum es
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