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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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werden zwar immer wieder Reparaturen und Wartungsarbeiten anfallen, aber je weniger ich arbeite, desto geringer ist der Verschleiß am Schiff. Außerdem entfallen jetzt die Schulgebühren für Frannie.«
    Lizzie blickte Joe an, der das Gesicht abwandte, wie immer, wenn er das Gefühl hatte, dass sie ihn musterte. Ihr wurde bewusst, dass er damit die Narbe an seiner Wange zu verbergen suchte.
    »Wir alle tragen Narben, Joseph«, sagte sie sanft. »Manche im Innern.« Sie berührte ihr Gesicht. »Und manche außen.«
    Joe entgegnete nichts darauf.
    »Ich glaube, Sie können über meine Narben hinwegsehen, so wie ich über Ihre«, sagte Lizzie weiter. »Die Narben und die Lektionen, die wir daraus ziehen, machen uns zu dem, was wir sind. Das ist mir eben erst bewusst geworden, und das habe ich Ihnen zu verdanken.«
    »Mir?«
    »Ich bin mein Leben lang gebrandmarkt, Joseph, und ich schäme mich für das, was ich bin.«
    Joe machte ein betroffenes Gesicht.
    »Aber dass Sie mich akzeptieren, hat mir Kraft genug gegeben, um mich vielleicht irgendwann wieder selbst zu akzeptieren, und dafür werde ich Ihnen ewig dankbar sein.«
    »Sie wieder lachen zu sehen ist mir Dank genug, Elizabeth.«
    Lizzie schüttelte den Kopf, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Ich wollte Sie nicht zum Weinen bringen«, sagte Joe erschrocken.
    »Das sind Freudentränen«, entgegnete Lizzie, die sich über die Augen fuhr. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal vor Glück weine.«
    Joe ergriff ihre Hand und strich ihr liebevoll über den Handrücken. »Sie verdienen es, glücklich zu sein. Solange Sie an Bord der Marylou sind, werde ich dafür sorgen, dass Sie stets ein Lächeln auf den Lippen tragen.«

19
    T agsüber verflog die Zeit, aber an den Abenden verbrachten Francesca und Neal eng umschlungen so viele gemeinsame Stunden wie möglich an seinem Lagerplatz am Ufer. Derweil frönten Joe und Lizzie ihrer vor kurzem entdeckten, gemeinsamen Leidenschaft, dem Angeln, und freundeten sich dabei immer mehr an, während Ned außen vor blieb. Er wäre sich wie das fünfte Rad am Wagen vorgekommen, wäre er von dem gewaltigen Arbeitspensum nicht immer so erschöpft gewesen, dass es ihn nicht groß kümmerte.
    Joe war aufgefallen, dass Ned die schwere Arbeit immer mehr zu schaffen machte. Er merkte es ja selber in den Knochen, und Ned war einige Jahre älter als er. Folglich beschloss er, sich nach einer etwas leichteren Arbeit umzusehen, zumal Silas ihm nun keine Knüppel mehr zwischen die Beine warf. Doch als er Ned darauf ansprach, wurde der wütend.
    »Der Auftrag bringt uns gutes Geld, Joe. Wir sollten ihn behalten. Das monatelange Nichtstun hat mir nicht gut getan, ich werde mich schon wieder umgewöhnen.«
    Joe hatte seine Zweifel. Er wusste, dass Ned das Alter zu schaffen machte, und das war ja keine Schande. »Auch ich stoße an meine Grenzen, Ned. Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind.«
    »Ich will dir nicht hinderlich sein, Joe. Du darfst den Auftrag nur aus Rücksicht auf mich nicht abgeben. Ich komme schon klar.«
    Joe wusste, Ned hatte seinen Stolz. Zudem fiel jedem das Eingeständnis schwer, dass man das Alter spürte. Das war schon immer Neds wunder Punkt gewesen.

    Amos Compton traf Regina in der Bibliothek an. Sie stand seitlich hinter ihrem Schreibtisch und studierte irgendwelche Unterlagen, die sie in der Hand hielt. »Ihre Post, Mrs Radcliffe.«
    »Danke, Amos. Hat Mabel gesagt, wann das Mittagessen aufgetragen wird?«
    »In einer halben Stunde, Madam, und ich sollte Ihnen auch Bescheid geben, wenn Monty zurück ist.«
    »Ist er da?«
    »Ja, Madam.«
    »Gut.« Regina machte sich große Sorgen um Monty und hatte Amos daher gebeten, sie umgehend zu informieren, wenn er zurück war. Die vergangenen Tage hatte er in der Stadt verbracht und im Commercial Hotel übernachtet. Zwar hatte er geschäftliche Gründe vorgegeben, doch von seinem Kutscher und Leibwächter Claude Mauston hatte Regina erfahren, dass er sich regelmäßig betrank.
    Regina blätterte die Post durch, um Wichtiges herauszupicken. Dabei stieß sie auf einen Umschlag, dessen Handschrift ihr bekannt vorkam. Es handelte sich offensichtlich um eine Einladung, doch im Moment war sie nicht in der Stimmung, sich unter Leute zu begeben. Lustlos öffnete sie den Umschlag und überflog den Inhalt des Schreibens. Dabei stachen ihr drei Worte ins Auge. Silas, Verlobung sowie Francesca.
    »O Gott, nein«, stieß sie hervor und sank auf

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