Am Fluss des Schicksals Roman
die gewaltige schwarze Silhouette eines Dampfers in der Flussbiegung erschien.
»Das muss Neal sein«, sagte Francesca, wobei sie sichwunderte, dass an Bord kein Licht leuchtete und das vereinbarte Hornsignal ausblieb.
»Na also«, bemerkte Regina, die sich über die Arme fuhr. Sie fühlte sich unbehaglich und konnte es kaum abwarten, ins Haus zurückzukehren.
Francesca blieb die Erleichterung in Reginas Stimme nicht verborgen. Offensichtlich war sie froh, ihre Tochter loszuwerden, was Francescas Neugier über den wahren Grund der Einladung nur noch mehr entfachte.
Was hatte Regina mit der Einladung bezweckt ...?
Schweigend beobachteten sie, wie das Schiff näher kam. Als Francesca die Ophelia erkannte, schlug ihr Herz schneller, und sie musste lächeln. Auch wenn Neal sie nicht auf dieselbe Weise liebte wie sie ihn, spielte das im Moment keine Rolle für sie. Eines Tages wollte sie wirklich seine Frau sein und betete insgeheim, dass Neal dies mit der Zeit erkannte.
Während ihr Blick auf der Ophelia ruhte, die noch gut fünfzig Meter entfernt war, geschah es. Ein riesiger Lichtblitz erhellte die Nacht, und eine gewaltige Explosion ließ den Boden zu ihren Füßen erbeben. Alle drei warfen sich instinktiv zu Boden. Der Nachthimmel leuchtete grell, als ein gelber Feuerball inmitten weißer, orangefarbener und roter Strahlenkränze aufloderte. Das Ruderhaus, die Radkästen und das Oberdeck des Schiffes zerbarsten in Millionen winzige Trümmerteile, die auf den Fluss und das Ufer regneten. Der ohrenbetäubende Donnerschlag erstickte die Schreie der Frauen, die ihre Gesichter bedeckten.
Wenige Sekunden später rappelte Francesca sich auf. »Neal!«, schrie sie und presste die Hände gegen die Ohren, die fast taub waren. Sie rannte ein paar Schritte am Ufer entlang und stürzte erneut zu Boden.
Amos Compton half Regina hoch. »Was war das?«, fragte sie schockiert. »Großer Gott!«
Francesca kniete am Boden und schrie, während der Rumpf der Ophelia, der bei der Detonation auseinander gerissen war, in den dunklen, trüben Fluten des Murray versank. Auf der Wasseroberfläche waren nur noch ein paar brennende Wrackteile zu sehen, die kurz darauf erloschen oder mit der Strömung davontrieben. Am ganzen Körper zitternd, starrte Francesca ihnen mit tränenüberströmtem Gesicht hinterher.
»Neal«, schrie sie verzweifelt, während sie auf Händen und Knien am Ufer kauerte. Doch es gab kein Lebenszeichen. Neal war verschwunden.
Claude Mauston brachte Regina und Francesca mit der Kutsche in die Stadt. Nach dem Unglück war Francesca nicht zu beruhigen gewesen, sodass Amos sie ins Haus getragen hatte, wo Regina ihr zwei Gläser Brandy einflößte. Jetzt, in der Kutsche, schluchzte sie leise, und Regina wusste nicht, wie sie ihr Trost spenden sollte, zumal sie den schrecklichen Verdacht hegte, dass Monty für die Explosion der Ophelia verantwortlich war. Bevor Regina in die Kutsche gestiegen war, hatte sie Amos angewiesen, Monty aufzuhalten, falls er auf der Farm erschien, und ihn unter keinen Umständen aus den Augen zu lassen.
Als die Kutsche auf der Uferpromenade hielt, herrschte Tumult auf dem Pier. Die Nachricht von der Explosion hatte sich durch Landstreicher und Ureinwohner, die in der Nähe des Unglücksortes ihr Lager aufgeschlagen hatten, in Windeseile verbreitet; nun wurde wild darüber spekuliert, welchen Raddampfer es erwischt hatte.
Joe und Ned waren außer sich vor Angst, weil sie nicht wussten, wo sich die Ophelia mit Neal und Francesca an Bord befand. Als Joe Francesca erblickte und sah, in welcher Verfassung sie war, konnte er sich zunächst keinen Reim darauf machen.
Francesca war zu aufgewühlt, um ihrem Vater zu schildern, was passiert war, sodass Regina dies übernehmen musste.
»Frannie war heute Abend zum Essen auf Derby Downs, und Neal wollte sie anschließend abholen. Während wir am Ufer gewartet haben, kam die Ophelia in Sicht. Augenblicke später ist sie ... ist sie in die Luft geflogen.«
»Gütiger Himmel«, stieß Joe hervor und nahm Francesca in die Arme.
»Wir sollten einen Suchtrupp aufstellen«, schlug Ned vor, der die schwache Hoffnung hatte, dass Neal noch am Leben war. Doch Regina schüttelte betrübt den Kopf. Ned verstand und führte Francesca zu ihrer Kajüte.
»Neal kann unmöglich überlebt haben«, sagte Regina zu Joe, nachdem Francesca außer Hörweite war. »Von dem Schiff ist nichts mehr übrig ...«
An Bord der Marylou versuchte Lizzie, Francesca zu trösten,
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