Am Fluss des Schicksals Roman
Abwege geraten, was ich bereue, aber ich kann und werde nicht zulassen, dass dein Ansehen in den Schmutz gezogen wird.« Er legte die Hände auf die seines Vaters, und Tränen stiegen ihm in die Augen. Schließlich wandte er sich um und begab sich in die Bibliothek.
»Das reicht, Mutter«, sagte er von der Tür aus.
»Monty!«, entfuhr es Regina, die sich ruckartig erhob. Ihr Herz schlug heftig. Sie betete insgeheim, dass Monty nichts sagte, womit er sich selbst belastete. Nicht jetzt, nachdem sie so mühsam den Vorwurf ausgeräumt hatte, der über ihm schwebte! Sie blickte ihn flehentlich an, doch Montys Entschluss stand fest.
»Ich werde nicht dulden, dass du den guten Namen meines Vaters in den Schmutz ziehst. Das lasse ich nicht zu«, sagte er. »Er ist nebenan im Salon aufgebahrt, und du scheust dich nicht, ihn einer Tat zu bezichtigen, die ich verbrochen habe!«
»Monty, bitte ...«, flehte Regina.
Constable Watkins erhob sich. »Eine Tat, die Sie verbrochen haben?«, sagte er zu Monty. »Sind Sie für die Explosion an Bord der Ophelia verantwortlich?«
»Natürlich nicht! Er weiß nicht, was er redet!«, sagte Regina. »Um Himmels willen, Monty, lass es sein. Du erreichst damit gar nichts.«
»Ich gestehe, dass ich des Mordes an Neal Mason schuldig bin«, sagte Monty. »Ich habe ein mit Sprengstoff präpariertes Scheit in dem Brennholzstapel versteckt, von dem MrMason sich stets Nachschub holte. Ich war verrückt vor Eifersucht ... aber das ist natürlich keine Entschuldigung für mein feiges Verhalten.«
»Ich kann Sie nicht wegen Mordes anklagen, Mr Radcliffe, da Neal Mason nicht tot ist. Er war zum Zeitpunkt des Unglücks nicht an Bord.«
Montys Augen weiteten sich. »Neal ist gar nicht tot?«
»Nein, Sir.«
Monty wurden vor Erleichterung die Knie weich, während Regina auf ihren Stuhl zurücksank und hörbar die Luft ausstieß.
»Aber ... wer war dann an Bord der Ophelia ?«, fragte sie.
»Das wissen wir nicht, Mrs Radcliffe. Trotzdem rate ich Ihnen, Ihren Anwalt zu verständigen.«
»Was wird meinem Sohn zur Last gelegt?«
»Zunächst einmal mutwillige Sachbeschädigung. Falls wir jedoch ermitteln können, wer an Bord des Schiffes war, muss er mit einer Anklage wegen vorsätzlichen Mordes rechnen.«
31
E s war um die Mittagszeit, als Francesca und Lizzie sich zum Stoffgeschäft aufmachten. Joe hatte Lizzie Geld gegeben, damit sie sich neu einkleiden konnte, aber er wusste, sie würde nicht den Mut aufbringen, alleine zu gehen, und wenn er mitkäme, würden sie in der Stadt ungewollt Aufsehen erregen. Deshalb hatte er Francesca gebeten, Lizzie zu begleiten, zumal ein wenig Ablenkung beiden nur gut tun konnte. Anfangs hatte Francesca gezögert, Neal alleine zu lassen, doch er hatte ihr versichert, dass alles in Ordnung sei und dass er während ihrer Abwesenheit ohnehin schlafen würde.
Als die beiden Frauen über die High Street schlenderten, gestand Lizzie Francesca, dass sie Angst davor habe, erkannt zu werden. Bei jedem männlichen Passanten, der sich ihr näherte, senkte sie den Kopf, weil sie befürchtete, angesprochen zu werden.
»Ist Ihnen denn nicht klar, wie sehr Sie sich verändert haben?«, sagte Francesca. »Sie haben zugenommen, tragen die Haare anders und sind ganz anders gekleidet als damals.« Aus Takt hielt Francesca die Bemerkung zurück, was für ein schreckliches Bild Lizzie früher abgegeben hatte. Francesca war vor allem im Gedächtnis geblieben, Lizzie niemals lächeln gesehen zu haben. Inzwischen wusste sie, dass Lizzie damals zutiefst unglücklich gewesen war und dass Silas sie regelmäßig misshandelt hatte. Doch seit sie an Bord der Marylou war, lächelte sie häufig, und in ihre Augen war wieder ein wenig Glanz getreten. Und seit sie sich mehr Mühe mit ihrenHaaren gab und öfter in der Sonne war, was ihr eine gesunde Gesichtsfarbe verliehen hatte, wirkte sie deutlich jünger. Das Rouge und der knallrote Lippenstift, bei Dirnen beliebt, waren längst passé, und eine weitaus attraktivere Frau als früher war zum Vorschein gekommen.
»Ich weiß, dass ich anders aussehe, das spüre ich ja auch, aber trotzdem habe ich Angst davor, erkannt zu werden«, entgegnete Lizzie. »Ich bin mein Leben lang erniedrigt worden, sodass es mir nicht neu ist, aber ich will Ihnen und Joseph peinliche Situationen ersparen. Silas hat mir ständig vorgehalten, wie nutzlos ich bin ...« Sie hielt inne und errötete. »Und seine Brutalität mir gegenüber hat mich in dem Glauben
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