Am Fluss des Schicksals Roman
entgegengesetzte Richtung. Obwohl Joe von Neals Bemerkung schockiert war, musste er unwillkürlich grinsen.
»Hast du seine Eifersucht herausgehört, Ned? Ich glaube, er hat unsere Frannie gern.« Nie hätte er gedacht, den Tag zu erleben, an dem Neal Mason so tiefe Gefühle für eine Frau entwickelte, dass er schon eifersüchtig war, wenn sie mit einem anderen ausging.
»Jeder Mann, der Frannie heute Abend zu Gesicht bekommt, wird neidisch auf Montgomery Radcliffe sein«, erwiderte Ned stolz.
»Sie sehen in diesem Kleid noch bezaubernder aus, als ich mir ausgemalt habe«, sagte Montgomery, als er mit Francesca über die Uferpromenade schlenderte.
»Ich kann noch gar nicht fassen, dass Sie mir das Kleid gekauft haben«, erwiderte Francesca, wobei ihr Neal Masons böse Unterstellung in den Ohren klang. »Ich weiß nicht, ob ich es annehmen kann, aber ich danke Ihnen sehr.« Sie war versucht hinzuzufügen, dass sie sich das Kleid niemals hätte leisten können, aber das wusste Montgomery wohl auch so.
»Mein Verhalten war ziemlich gewagt, das weiß ich. Sonst bin ich nicht so, glauben Sie mir, aber ich konnte es mir nun mal an keiner anderen Frau vorstellen. Keine andere wäre diesem Kleid gerecht geworden.«
»Es hätte mir auch nicht gefallen, eine andere Frau indiesem Kleid zu sehen. Dennoch finde ich Ihr Verhalten sehr großzügig«, entgegnete Francesca, die sich geschmeichelt fühlte.
Francesca und Montgomery waren beim Hauptgang – pochierter Kabeljau aus dem Murray River und saftiges Brathähnchen –, als Silas Hepburn den Speiseraum des Bridge Hotels betrat. Entsetzt sah er, dass Francesca sich in Begleitung Radcliffes befand.
»Der lässt wirklich nichts anbrennen«, murmelte Silas leise, während er sich ihnen näherte, ein gezwungenes Lächeln auf dem fleischigen Gesicht. »Guten Abend«, begrüßte er sie liebenswürdig.
Monty sah auf. »Guten Abend, Silas.«
Francesca sah mit Erstaunen, dass Silas Hepburn vor ihrem Tisch in der Nähe des Kamins stand, und sein Erscheinen verwirrte sie. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass zwischen Montgomery und Silas ein freundschaftliches Verhältnis herrschte. Schließlich waren beide Männer grundverschieden.
»Darf ich vorstellen – Francesca Callaghan«, sagte Monty.
»Miss Callaghan und ich haben bereits vor einigen Tagen Bekanntschaft geschlossen«, erwiderte Silas und ergriff Francescas Hand. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Francesca«, fügte er in vertraulichem Tonfall hinzu, während er den Blick über ihre Gestalt wandern ließ.
»Mr Hepburn«, entgegnete Francesca, wobei sie die Hand zurückzog und die Augen niederschlug. Es missfiel ihr, dass er den Eindruck zu erwecken versuchte, als würden sie sich gut kennen oder als wären sie sogar freundschaftlich miteinander verbunden. Zudem befürchtete sie, dass sie sich nie an Silas’ Blicke würde gewöhnen können. Ihr Unbehagen hätte nicht größer sein können, hätte sie nackt vor ihm gestanden.
»Ich habe Mr Hepburns Bekanntschaft an dem Tag gemacht, als ich in Echuca eingetroffen bin«, sagte Francescazu Monty. »Er war so freundlich, mir den Weg zum Ankerplatz der Marylou zu erklären.«
Monty nickte. Er hatte sich bereits gefragt, woher die beiden sich kannten, und da ihm der Ruf Silas Hepburns nur allzu gut bekannt war, überraschte es ihn nicht weiter, dass er sich Francesca vorgestellt hatte.
»Ist denn alles zu Ihrer Zufriedenheit?«, fragte Silas.
»Das Essen ist vorzüglich, wie immer«, entgegnete Monty.
»Ich lasse Ihnen auf meine Empfehlung den besten Wein an den Tisch bringen.«
»Nein, danke, Silas. Wir möchten heute Abend keinen Wein«, lehnte Monty ab, denn Francesca hatte ihn gebeten, auf Alkohol zu verzichten.
»Wie Sie meinen.« Silas zuckte die Schultern. Wäre Francesca mit ihm verabredet, hätte er darauf bestanden, ihr ein Glas Wein einzuschenken, damit sie »lockerer« wurde. »Wie geht es Regina und Frederick?«
»Sehr gut, danke.«
»Richten Sie Ihnen bitte meine besten Grüße aus.«
»Das werde ich«, entgegnete Monty.
Silas richtete den Blick auf Francesca, die in die Flammen des Kaminfeuers starrte in der Hoffnung, Silas würde sie wieder in Ruhe lassen. »Sie sehen heute Abend bezaubernd aus, Francesca«, sagte er.
Sie hob den Kopf und blickte ihn an. »Danke«, erwiderte sie kühl. Sowohl ihr Blick als auch ihre Stimme waren gewollt unfreundlich, da sie keinen Zweifel daran lassen wollte, dass sie nicht den geringsten Wunsch verspürte,
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