Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
Vom Netzwerk:
»Donnerstag wäre spitze.«
    »Dann Donnerstag.« Sie schenkte mir noch ein Lächeln. »Aber ich suche aus. Wir treffen uns hier.«
    »Halb sieben?«
    Sie nickte.
    » M ünzen! « Er wurde richtig laut. Sämtliche Gäste der Bar begannen, ihre Taschen abzusuchen.
    »Wir wollen es uns hier nicht verscherzen, Kid.« Ich bedeutete den anderen, dass sie ihr Kleingeld stecken lassen sollten. »Wir gehen jetzt. Los, komm, ich kaufe dir Grillkäse mit Fritten.«
    »Goldbraun und extra knusprig«, sagte er und hörte sich genauso an wie der Schauspieler in der Ore-Ida-Werbung.
    »Keine Sorge, die wissen, wie du es magst.«
    Zwei Stunden später war das Kind satt und gebadet, hatte vorgelesen bekommen – und schlief zum Glück. Nirwana.
    Es war ein warmer Abend, und auf dem Broadway waren noch eine Menge Leute unterwegs. Der Strom der Fußgänger und Fahrzeuge hatte etwas Beruhigendes. Ich goss mir einen Schluck Wasser ein und ließ mich in meinen Sessel fallen.
    Mir wurde bewusst, dass ich mit meinem Leben zufrieden war wie schon seit Jahren nicht mehr. Heather sagte immer,der Junge sei klug und reagiere gut; er werde uns beide vielleicht bald schon überraschen. In der Schule hatten sie berichtet, er sei fröhlich und nehme Anteil – und habe seit dem Mittagessen keine Anstalten mehr gemacht, jemanden zu beißen.
    Es gab eine Verabredung, auf die ich mich freuen konnte, mit einer Frau, mit der ich mich unterhalten konnte – jedenfalls einigermaßen.
    Und ich hatte Arbeit. Etwas, das sowohl meinen Verstand beschäftigte als auch die Kasse auffüllte. Eine Chance, alte Fähigkeiten einzusetzen und auszubrechen aus der Endlosschleife von Wut, Selbstmitleid, wechselseitigen Beschuldigungen und tiefer Niedergeschlagenheit, die mich während der vergangenen Jahre im Griff gehabt hatte. Die Herausforderung, ein Puzzle zusammenzusetzen. Das alles zusammen verhalf mir zu einer wohltuenden Serotonin-Ausschüttung.
    Das leise Schnarchen des Jungen verstummte. Ich ging hin, um nach ihm zu sehen. Er hatte es geschafft, einen Fuß freizustrampeln, die weiße Haut leuchtete förmlich im Dunkeln. Einen Moment lang war ich versucht, die Decke zurechtzuzupfen, aber ich ließ es bleiben. Frieden ging vor Ordnung. Ich lernte dazu.
    Eine Stunde später nickte ich über einem Artikel ein, dessen Schreiber für sich in Anspruch nahm, sich zum Thema Quecksilbervergiftung als Faktor bei der Entstehung von Autismus abschließend äußern zu können. Das Einzige, was ich mit Sicherheit wusste, war, dass zu allem, was mit der Verfassung meines Sohnes zusammenhing, das letzte Wort noch ausstand.

7
    Mittwoch – ein Tag für Beige. Ich zog dem Jungen eine Khakihose und ein Polohemd an, dessen Farbe Angie »Ecru« genannt hätte. Und war froh, dass weder er noch ich in der Lage waren, so feine Unterschiede zu machen. Mittwoch war auch ein Tag für Eier. Rührei – niemals Spiegelei.
    Wir ließen uns vom Taxi an der Ecke absetzen und gingen die paar Meter bis zur Schule zu Fuß. Es gab in dem Block zwei Schulen, die von Kid und eine gewöhnliche Privatschule. Die Straße war verstopft von Taxis, Limousinen und Geländewagen mit jeweils einem oder zwei Erwachsenen und einem Kind – immer wenn ein Kind ausgestiegen war, rollte der Tross ein kleines Stück weiter, und dabei pusteten sie dermaßen viele Abgase in die Luft, dass Dick Cheney frohlockt hätte.
    »Mr. Stafford? Jason? Haaallo!« Die Stimme kannte ich. Ich zuckte zusammen.
    Ich hatte Mitleid mit Helene Wyckoff, aber ihre Bedürftigkeit jagte mir auch Angst ein. Gleich am ersten Schultag hatte sie Jason und mich als Neulinge ausgemacht und sich auf uns gestürzt. Binnen fünf Minuten hatte sie ihre eigene und die gesamte Lebensgeschichte ihres Sohnes auf meinen ahnungslosen Schultern abgeladen.
    Sie war mit einem Kieferchirurgen verheiratet gewesen, der sie kurz nach der Geburt des Sohnes wegen einer Zahnprophylaxehelferin verlassen hatte. Der Autismus des Kindeswar noch vor Ergehen des endgültigen Scheidungsurteils festgestellt worden, so dass sie mehr Geld bekam. Seitdem drehte sich ihr Leben nur noch um ihren Sohn und ihren Hund. Der Junge war ein Jahr älter als Kid, sprach aber noch nicht. Er hatte immer ein Buch bei sich, in dem verschiedene Nahrungsmittel, Kleidungsstücke und Einrichtungsgegenstände – eine Toilette, sein Bett – abgebildet waren, damit er darauf zeigen und auf diese Weise seine Bedürfnisse äußern konnte, doch er machte kaum Gebrauch davon. Die meiste Zeit

Weitere Kostenlose Bücher