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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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oft eine Zeitschrift für Fanny dabei, sondern mit Sicherheit auch ein Stapel Briefe.
    «Natürlich reden sie», sagte Fanny. «Was denkst du denn, Täubchen?»
    «Und was genau sagen sie?»
    Fanny zögerte.
    «Sag schon, Fanny.»
    «Sie erzählen Geschichten, die ich so recht nicht glauben kann. Über ihn und dich und eure gemeinsame Vergangenheit. Die alte Mrs. Olivers hat eine Nichte, die nach Berlin geheiratet hat. Und die hat ihr wohl erzählt, was war.»
    Audrey wurde eiskalt.
    «Dass er und du … Wie es mit euch zu Ende ging.»
    «Mein Gott.» Audrey glaubte zu spüren, wie ihre Beine nachgaben. «Bitte, Fanny. Du darfst kein Wort davon glauben.»
    «Keine Sorge, das klang selbst für mich zu abwegig.» Das Lächeln, mit dem Fanny versuchte, den Worten die Schärfe zu nehmen, misslang. «Ich glaube doch nicht allen Ernstes, dass du mit dem Pastor durchgebrannt bist, der die Trauung hätte vornehmen sollen.»
    Audrey runzelte verständnislos die Stirn. Sie erinnerte sich gut an den Pastor. Er hatte damals nicht nur vor der Trauung ein Gespräch mit ihnen geführt, sondern auch später, nachdem alles zerbrochen war. Sie hatte bei ihm in dem kleinen, beengten Wohnzimmer auf dem Rosshaarsofa gesessen und auf den Knien eine Tasse Tee balanciert, während er versucht hatte, sie zu trösten. Er hatte immer wieder betont, dass es nicht ihre Schuld war.
    Obwohl beide wussten, dass es so war.
    «Eins wirst du mir aber noch irgendwann erklären müssen», fügte Fanny hinzu. «Und darauf brauchst du jetzt nicht zu antworten, denn ich bin beschwipst und weiß morgen ohnehin nichts mehr davon. Aber wo hast du so gut Deutsch gelernt?»
    Ehe Audrey darauf antworten konnte, verschwand Fanny grußlos in ihrem Schlafzimmer. Die Tür klickte leise ins Schloss. Audrey stand davor, und sie legte die Hand auf das Holz.
    «Von Benjamin», flüsterte sie.
    Er hatte es ihr beigebracht. Und dann hatte sie diese Sprache so schnell wie möglich vergessen wollen.
     
    Sie ging nicht zurück auf die Veranda, sondern direkt ins Schlafzimmer. Dort zog sie sich im Dunkeln aus, kroch unter die Decke und schloss die Augen. Sie schlief nicht ein, sondern lag so lange wach, bis Matthew ins Zimmer stolperte und versuchte, sich leise auszuziehen. Sie spürte sein Gewicht neben sich auf der Matratze. Erst als seine Hand auf ihrer Hüfte ruhte und er sich an sie kuschelte, konnte auch sie einschlafen.
    Am nächsten Morgen teilte sie ihm mit, sie könne nicht mitkommen auf die Safari. Sofort war er besorgt.
    «Geht es dir nicht gut, Liebes?», fragte er. Sie lagen noch im Bett. Die Sonne war gerade aufgegangen und fiel in das nach Osten ausgerichtete Schlafzimmer. Audrey schüttelte den Kopf. «Ich bin nur müde. Es ist nichts», versicherte sie ihm. «Ich glaube, ein paar Tage ganz für mich allein werden mir guttun.»
    «Ich werde Fanny bitten, bei dir zu bleiben», sagte Matthew.
    «Und dann? Gehst du etwa allein mit Benjamin auf Safari?»
    «Sollte ich nicht? Ich mag ihn, obwohl er ein Deutscher ist. Mir gefällt es nicht, dass er und ich früher oder später auf zwei Seiten einer Front stehen werden, aber so laufen die Dinge nun mal. Deutschland will den Krieg, und es wird diesen Krieg bekommen. Man muss sich ja nur mal anschauen, wie sie in Tanganjika die Truppen verstärkt haben im letzten halben Jahr.»
    Audrey schwieg. Die Vorstellung von Krieg war zu groß für sie, und sie versuchte, ihm das zu erklären. Doch alle Sätze, die sich in ihrem Kopf formten, klangen bestenfalls hysterisch.
    «Was werden sie in Nairobi darüber sagen?» Ihre Stimme klang piepsig, und die Frage war irgendwie falsch.
    «Wer sie?»
    «Na, alle.»
    «Ach, Audrey …» Er strich ihr die verschwitzten Haare aus der Stirn. «Kümmer dich einfach nicht um das, was die anderen Menschen sagen. Wichtig ist, dass wir beide glücklich sind und dass unsere Kinder gesund bleiben.» Er beugte sich vor und küsste sie auf den Mund. «Ich verspreche dir, Benjamin und ich werden uns nicht im Busch duellieren, und ich werde ihn nicht hinterrücks erschießen. Wir sind zwei Gentlemen, die gemeinsam einer Leidenschaft nachgehen.»
    Sie nickte stumm.
    «Und jetzt muss ich los, sonst schaffen wir es heute nicht mehr wegzukommen. Du schläfst viel und passt auf unseren zweiten Sohn auf, hast du verstanden?»
    Sie blieb liegen. Das Fenster stand einen Spaltbreit offen, und sie konnte hören, wie die Männer sich vor dem Haus versammelten. Die Träger murmelten, ein Pferd wieherte

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