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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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schrill. Dann rief Matthew etwas, ein vielstimmiger Chor antwortete ihm.
    Nun setzt sich der Zug in Bewegung, dachte sie. Die Pferde mit den Lasten – Zelte, Decken, Gaskocher, Gewehre, Proviant und Ausrüstung – trotteten den Kiesweg entlang. Audrey lächelte. Bestimmt wurden in fünf Minuten die Boys nach draußen gejagt, um den Kies zu harken, bis nichts mehr von den zwei Dutzend Pferden zeugte, die darübergegangen waren.
    Dann war es still.
    Sie rollte sich unter der klammen Bettdecke ein und war im nächsten Moment eingeschlafen.
     
    Drei Wochen blieb Matthew fort, und als er heimkam, war Benjamin nicht bei ihm. Als Audrey ihn fragte, antwortete Matthew ausweichend: Benjamin sei von Masai Mara bereits nach Tanganjika aufgebrochen, weil er Anfang März dort sein musste.
    Es erleichterte sie, dass Benjamin bis auf weiteres verschwunden war.
    Und er blieb fort. Nachdem Benedict Tuttlington sich angeblich mit einer Somali eingelassen hatte (was wohl nicht stimmte, aber im ersten Moment für große Aufregung sorgte), hatte die weiße Gesellschaft ein neues Thema, über das sie sich das Maul zerreißen konnte. Audrey blieb auf der Farm, als Fanny im Mai mit Matthew in die Stadt fuhr. Sie saß ganze Tage auf der Veranda, Kinyua saß zu ihren Füßen auf der obersten Stufe, und sie redeten über all die Bücher, die sie ihm auslieh und die er getreulich zurücktrug, sobald er sie ausgelesen hatte.
    Ende Mai brachte sie einen gesunden Jungen zur Welt. Dieses Mal hatte sie darauf verzichtet, überhaupt eine Reise in die Stadt in Erwägung zu ziehen. Sie hatte die Kikuyufrauen, das genügte ihr.
    Sie nannten den Jungen Thomas. Er war ein friedliches Baby, und Matthew musste Chris oft hochheben, damit er in die Wiege schauen konnte.
    Audreys Glück war perfekt.
    Und dann kam der August 1914 , und mit ihm der Krieg.
    Zwei Frauen waren ihm gestorben, nur wenige Monate lagen dazwischen. Erst hatte sich die jüngere, die gerade seine kleinste Tochter stillte, am Abend mit Fieber hingelegt, und am Morgen war sie tot. Genauso erging es ihm wenige Mondläufe später mit der älteren Frau. Danach war ihm nur noch die dritte Frau geblieben, die er mehr aus Pflichtbewusstsein zu sich genommen hatte. Sie war noch ein halbes Kind. Nachts ließ er sie in einer Hütte schlafen, während er sich in der anderen zur Ruhe begab. Die fünf Kinder seiner verstorbenen Frauen hatten sich wie durch ein Wunder in andere Familienverbände eingefügt.
    Wakiuru brachte ihm zu essen, wenn sie meinte, er bekäme nicht genug, und die anderen Männer des Dorfs ließen ihre heiratsfähigen Töchter vor seiner Hütte ihre Arbeiten erledigen, damit er sich in ihre breiten Hüften und die spitzen Brüste verguckte, und hofften, dass ihn der Verlust des Brautpreises nicht so sehr schmerzte wie das Ziehen in seinen Lenden.
    Keine von ihnen reizte ihn. Er lag nachts nicht allein, aber es war keins der jungen Mädchen, Mukami kam zu ihm in der Dunkelheit. Beim ersten Mal hatte er sie nicht erkannt, bis er ihre Brüste schmeckte und ihm die süße Milch in den Mund schoss. Sie stillte das kaffeebraune Kind noch, mit dem der Missionar sie ausgesetzt hatte. Für den Mann war sie nicht mehr als eine Hündin gewesen, und für Kinyua konnte sie jetzt auch nicht viel mehr sein: eine, die keine ehrenwerte Zukunft mehr hatte und sich von ihm Schutz und ein bisschen Wärme erhoffte.
    Nachdem sie miteinander geschlafen hatten, blieb sie, bis er eingeschlafen war, und wenn er morgens aufwachte, war er wieder allein. Begegnete er ihr auf dem Dorfplatz, weil sie auf dem Weg zur Wasserstelle oder zu ihrer Arbeit auf dem kleinen Stück Land war, das sie von ihrem Vater bekommen hatte, schaute sie an ihm vorbei. Ihm war’s recht. So musste er sich Ngengi gegenüber keine Erklärung einfallen lassen – obwohl er vermutete, dass sein Freund längst wusste, wohin sich seine Tochter abends schlich.
    Die weiße Memsahib. Sie war so ein zartes Pflänzchen, das man nicht zu großen Schrecken aussetzen durfte. Darum warnte er sie, wenn die Frauen schlachteten, und er brachte ihr kein Gepardenfell mehr als Geschenk. Beim letzten Mal hatte sie es angewidert angestarrt, als sei es dreckig und verlaust. Dabei war es ein feines Fell, und von Bwana Winston musste sie es doch eigentlich gewohnt sein, dass Jagdtrophäen ins Haus kamen.
    Einmal hatten die jungen Leute des Dorfs ein Ngoma gegeben, einen rituellen Tanzabend, bei dem sie sich bis spät in die Nacht berauschten und zum

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