Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
er verwundert und zieht einen klasse Flussbarsch heraus.
Es ist ein Prachtexemplar. Ich weiß, wer den da hingehängt hat. Und im nächsten Moment weiß Jerry es auch.
Das erinnert mich an das Verhalten von Katzen. Sie kommen mit »Geschenken« für die Menschen. Mäuse, Ratten und andere Beute, die sie gefangen haben. Mit etwas, von dem sie glauben, dass es geschätzt wird, wollen sie Eindruck machen.
Das ist ein Katzengeschenk.
»Oi! Oi!«, ruft mein Vater verschmitzt, stellt sein Fahrrad ab und schaut Jerry an. »Das muss von dieser Maggie sein, von der du erzählt hast.«
Jerry hat also bereits meinen Eltern von ihr erzählt. Wie ich gesagt habe – Diskretion ist nicht gerade seine Stärke.
»Da hat aber jemand Eindruck gemacht«, sagt meine Mutter und löst ihren Fahrtcomputer vom Fahrradlenker. Die Daten kommen in ihre Wochenstatistik. Dann grinst sie Jerry an.
»Als hätte sich da jemand selbst zum Essen eingeladen«, sagt mein Vater. »Vielleicht sollten wir sie bitten, herzukommen. Um heute Abend mit uns Fisch zu essen.«
Jerry ist schon versucht, dem zuzustimmen, als ich mich räuspere.
Alle sehen mich an, als hätte ich eine nette Gesellschaft gestört, indem ich mit einem toten Stinktier im Schlepptau ankomme.
»Wir sollen … äh … heute Abend … äh … zu einer Party«, sage ich.
»Ach ja!«, nickt meine Mutter. »Ach, wie schade. Maggie scheint ja wirklich …«
Ich nutze die Gelegenheit, um im Haus zu verschwinden und unter die Dusche zu huschen.
Unruhe! Unruhe!
Ich schmeiße mich in meine Klamotten und mustere mich im Spiegel. In meinem Gesicht sehe ich immer noch den Abdruck des Weckers.
Unruhe! Unruhe!
Ich sehe einen runden Rand an meiner Wange und den Abdruck der Alarmglocken auf meiner Stirn.
Die Unruhe nagt und vibriert.
Und dafür gibt es mehrere Gründe:
Heute Abend ist Selmas Geburtstagsfeier.
Und da ist der ehemalige Schulleiter Riksen, der wahrscheinlich bald hier auftauchen wird!
Und wenn Maggie jetzt bei Selma aufkreuzt?
Es gibt so viel, was passieren kann.
Und viel, was passieren wird.
Und ich hasse es.
Die Unruhe ist eine Lunte, die zischend an einer riesigen Bombe hängt. Und niemand weiß, wie lang die Lunte ist. Nur, dass sie gezündet ist. Die Unruhe lässt mir keinen Frieden, es ist ein Gefühl, als krabbelten tausend Ameisen unter der Haut.
»Na, so was!«, sagt mein Vater plötzlich. »Da steckt ein Zettel im Fischmaul.«
5. UGH UGH UGH
Er muss ein bisschen fummeln, bis er den zusammengefalteten Zettel herausbekommt. Dreht und wendet ihn, bevor er liest: »Rezept für panierten Barsch.«
Maggies Lieblingsessen! Von dem sie MIR erzählt hat.
Ich könnte den Tag in wütende Fetzen zerreißen – Bomben-Bud!
Könnte schreien, das hier der Beweis ist, dass es
mein
Barsch ist.
Von Maggie für MICH.
Es hat etwas zu BEDEUTEN, dass es ein panierter Barsch ist.
ICH bin derjenige, der mit Maggie essen soll.
Soll doch JERRY schon zum Fest gehen.
Bomben-Bud fühlt, dass hier einiges klargestellt werden müsste.
Doch es kommt nur ein leises: »UGH!«
Bomben-Bud sollte sie ausschimpfen und ihnen erklären: »Hallo! Ich bin auch ein Mensch! Nicht nur jemand, den man hierhin und dahin schicken kann.«
Stattdessen murmele ich: »UGH!«
Bomben-Bud hätte eigentlich so viel zu sagen.
Aber Bud ist eine Maus und keine gefährliche Bombe.
Und wie soll eine Maus, die sich wegen Valen, der Schule, Starbokk, des Autos, Riksen, des Feuers und der Polizei – und wegen allem zusammen! – in ihrem Mauseloch versteckt hat, wie kann diese Maus erwarten, dass sich jemand daran erinnert, dass es da drinnen in dem Mauseloch noch etwas Lebendiges gibt? Wer tritt denn für die Maus ein, wenn die Maus es nicht selbst tut?
Ugh.
Bomben-Bud ist deprimierter als jemals zuvor.
Was stimmt nur nicht mit mir?
Ugh.
Ich so traurig, dass keine ganzen Sätze.
Nur einzelne Worte.
Nur Ugh. Traurig. Traurig. Ugh. Ugh.
Schnappe mir eine Scheibe Brot. Verschwinde.
Im Schrank.
Denken. Schule. Weiße. Geräte.
Allein.
Ugh.
Lange Tränen.
Ugh ugh.
Bomben-Bud sitzt im Schrank und denkt dumme Mausegedanken. Traurige Mausegedanken. Winzig kleine Mausegedanken, die zu einem dunklen Loch in der Ecke des Schrankes trippeln und sich dort hinausstürzen.
Dann rollt eine unendlich lange Träne die Wange und das Kinn hinunter. Die Augen lecken und ich schaffe es nicht, das Loch zu stopfen. Nicht mehr lange, dann habe ich keine Flüssigkeit mehr in mir.
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