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Am Helllichten Tag

Am Helllichten Tag

Titel: Am Helllichten Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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gepflegt, andere bieten einen reichlich trostlosen Anblick.
    »Da! Sonnenblumen!« Sjoerd zeigt auf einen Strauß.
    Julia tritt an das Grab und schüttelt den Kopf. »Die Blumen sehen ganz frisch aus, nicht so, als hätten sie ein paar heiße Tage überstehen müssen.« Sie liest die Inschrift auf dem Grabstein: »Joris Dohmen, geboren 1910, gestorben 1996.«
    »Nathalies Großvater vielleicht?« Sjoerd zückt sein Notizbuch und schreibt sicherheitshalber den Namen auf.
    »Möglich, aber ich wüsste nicht, weshalb ein Besuch am Grab ihres Großvaters sie so hätte verstören sollen. Irgendwo müssen die Sonnenblumen doch sein! Nathalie hatte den Strauß nicht mehr, als ich sie das zweite Mal gesehen habe.«
    »Es gibt Leute, die Blumen für die Gräber ihrer Angehörigen klauen oder sie mit nach Hause nehmen, wenn sie noch gut aussehen.«
    Ohne auf Sjoerds Einwand zu antworten, schickt Julia sich zum Weitergehen an.
    »Hier ungefähr müsste sie gestanden haben.« Sie sieht sich suchend um.
    Plötzlich stößt sie einen Schrei aus: »Ich hab’s! Da ist es!«
    Zusammengehalten von einem Gummiband, liegen die Blumen da, wegen der Hitze sind sie schon ziemlich verwelkt. Etliche Blütenblätter sind abgefallen, doch älter als eine Woche ist der Strauß bestimmt nicht.
    Das Grab ist neu und hat noch keinen Stein. An seinem Fußende liegen drei halb verdorrte Kränze mit beschrifteten Bändern:
    Ruhe sanft, liebe Kristien
    Aus unserer Mitte, doch nicht aus unserem Herzen
    Kristien, Du wirst uns fehlen
    Sie sehen einander an.
    »Das Grab kennen wir«, sagt Sjoerd, und Julia nickt.
    Hier haben sie erst vor Kurzem gestanden, als Kristien Moors begraben wurde.

36
    Kristien Moors’ Eltern wohnen in Sittard, etwa dreißig Kilometer südlich von Roermond.
    Julia ist hingefahren, nachdem sie schon morgens um sechs im Büro war, um sich die Unterlagen zum Fall Bachstraat noch einmal vorzunehmen. Vor allem nach Hinweisen auf eine Verbindung zwischen Kristien und Nathalie hat sie gesucht.
    Fotoalben wurden in der Wohnung des Paars nicht gefunden, lediglich eine Fotodatei auf Kristiens PC . Julia kontrolliert sämtliche Bilder und Mails, doch nichts deutet darauf hin, dass die beiden sich kennen. Julia hofft nun, Nathalie mithilfe von Kristiens Eltern auf die Spur zu kommen.
    Sie zieht ihre Lederjacke glatt, streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und klingelt an der Tür des schmucklosen Einfamilienhauses.
    Als sie soeben durch den Vorgarten ging, hat sie durchs Fenster jemanden in der Küche hantieren sehen, also hat sie den Weg nicht umsonst gemacht.
    Die Tür wird einen Spaltbreit geöffnet, eine Frau schaut heraus.
    »Ja, bitte?«
    »Frau Moors?« Julia zeigt ihren Dienstausweis vor. »Ich heiße Julia Vriens und bin bei der Kripo in Roermond. Darf ich kurz reinkommen?«
    »Kripo?« Bianca Moors macht die Tür ganz auf. »Ist es wegen meiner Tochter?«
    »Ja, sozusagen.«
    »Dann kommen Sie bitte herein.« Sie macht eine einladende Handbewegung.
    Unglaublich, wie sehr sie ihrer Tochter ähnelt, denkt Julia, als sie Frau Moors ins Wohnzimmer folgt. Die gleichen feuerroten Locken und Sommersprossen, allerdings dürfte sie etwa zwanzig Kilo mehr wiegen.
    Kaum haben sie Platz genommen, mustert Frau Moors Julia kritisch. »Sie kenne ich überhaupt nicht. Das letzte Mal hatte ich mit jemand anderem zu tun.«
    »Ich war am Tatort … Ich meine, im Haus Ihrer Tochter. Mit Ihnen hat neulich eine Kollegin gesprochen. Wir sind ein ganzes Team, nicht nur ein, zwei Leute.«
    »Wie im Fernsehen.«
    »Ja, nur läuft in Wirklichkeit manches anders als im Fernsehen.«
    »Das können Sie laut sagen.« Ein schmerzliches Lächeln huscht über ihr Gesicht, und sie dreht nervös an ihrem Ring. »Mit dem Tod ist es genauso. Ich denke immer wieder, alles wäre nur ein böser Traum. Einer von der schlimmsten Sorte, sodass man nach dem Aufwachen völlig durch den Wind ist, bis einem klar wird, dass in Wahrheit gar nichts passiert ist. Bei mir ist es genau umgekehrt: Jede Nacht träume ich von Kristien. Ich träume, dass sie noch lebt, und hoffe beim Aufwachen, dass … Ach ja …«
    Sie spricht leise, wie mit sich selbst, scheint keinen Trost zu erwarten, allenfalls Verständnis.
    »Ich weiß, wie das ist.«
    Kristiens Mutter sieht sie forschend an, sagt aber nur: »Und was kann ich für Sie tun?«
    »Ich möchte Sie gern etwas fragen. Kannte Ihre Tochter eine Frau, die Nathalie heißt?«
    »Nathalie … und wie weiter?«
    »Genau das wollen

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