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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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Sein Entlassungsschein. Für viele stellte dieses Papierstück den Übergang von der Sklaverei zur Armut dar, aber Michael hatte nicht vor, ein Lakai für den selbsternannten Adel von New South Wales zu werden. Er würde nach Hause fahren und musste noch nicht einmal für seine Überfahrt arbeiten. Er besaß die fünfzig Pfund für den Fahrschein und noch mehr. All die Jahre, während der er seine Ein-Mann-Druckerei in Maggies Keller betrieben hatte, würden ihn in der einzigen Währung auszahlen, die er wertschätzte: Freiheit.
    Er lächelte, als er seine Hose zuknöpfte und sich vom Eimer in der Ecke Wasser ins Gesicht spritzte. Er schnürte seine Stiefel, und die ganze Zeit dachte er an Annie. Dieselbe Sonne, die ihre sengende Hitze von den Kolonien abwandte, würde den Sand am Ende seines Gartens zu Hause wärmen. Zu Hause.
    Er ging die George Street hinunter, als hätte er Rückenwind auf den Fersen, der ihn zu einem kleinen Hüpfer verleitete. Er lächelte Dan, dem Textilhändler, zu, der grüßend an den Hut fasste und zurücklächelte.
    »Sie kennen nicht zufällig jemanden, der eine Unterkunft sucht, Mister Kelly? Ich hab ein paar schöne saubere Zimmer oben, wenn Sie was hören. Zwei Pence pro Nacht pro Bett.«
    »Tu ich nicht, Dan. Ich fahre nach Hause. Aber ich werde es weitersagen.«
    »Nach Hause, was? Na, das ist ja ein Ding, das hört man nicht alle Tage! Ich hab eine schöne Merinowolle da. So weich wie Seide. Sollten Sie mal einen Blick drauf werfen.«
    »Das mach ich. Ich gehe zurück nach Dublin, und es heißt, dort gibt es dieser Tage größeren Bedarf an Wolle als an Leinen.«
    »Sie haben Glück, Michael Kelly.«
    »O ja.« Michaels Lächeln wurde noch breiter, als er weiterspazierte und das ungewöhnliche Gefühl genoss, Glück zu haben.
    Oscar saß mit einem Pint Schwarzbier und seinem Mittagessen an der Bar, und links und rechts reihten sich die üblichen Verdächtigen. Es versetzte Michael einen kleinen Stich. Er würde die Gesellschaft dieser heftig trinkenden Andersdenkenden vermissen.
    »Hallo, Mick«, grüßte ihn Oscar. Ein Chor von mehr oder weniger genuschelten Begrüßungen übertönte Oscars singenden Kilkenny-Dialekt.
    »Grüß Gott zusammen, die Herren. Das Übliche, wenn du so weit bist, Oscar.«
    Sobald sie das Ritual beendet hatten, den Geschmack des Bieres zu kritisieren, und jemand dem Kalk die Schuld gegeben hatte, stellte Michael sein Glas auf einem Fass ab und stopfte seine Pfeife.
    »Möcht zu gern wissen, was du denkst.« Will O’Shea war herbeigeschlurft, um den Inhalt von Michaels Tabakdose zu inspizieren. Michael schob sie ihm hin und zuckte mit den Schultern.
    »Nichts Besonderes, Will.«
    »Haste von deinem Jungen gehört?«
    »Seit ein paar Wochen nicht mehr – mit dem nächsten Transport sollte was von ihm kommen.«
    »Is irgendwas los?« Will interessierte sich nicht sonderlich für die tagtäglichen Ereignisse. Er fragte nach Irland.
    »Nur das Übliche. Hungrige Jungs, die sich gegen die Macht der Krone auflehnen.«
    Will zuckte mit den Schultern. »Seit hundert Jahren dasselbe. Hab auch mal gedacht, ich könnte was ändern, Narr, der ich bin.«
    »Wenn Narren die einzigen Männer sind, denen es wert ist, darum zu kämpfen, dann sind die Narren die Helden.«
    »Und Helden sind Narren. Kolonisten übrigens auch. Jeder, der ohne eine Staatskasse eine Stadt baut, muss das sein.«
    Michael runzelte die Stirn. Das war eine seltsame Bemerkung, so ins Blaue hinein. »Ja, das fasziniert mich auch immer wieder. Wie hat denn hier in den Anfangszeiten irgendwer Handel betrieben?«
    »Da war einfach alles Währung, nich wahr? Tabak, Stiefel, Rum. Wenn man einen Brief schreiben oder Zahlen zusammenzählen konnte, hatte man schon was zum Handeln. Natürlich, sobald dann die ausländischen Handelsleute und das Militär im Hafen Station machten, wurde jede Art von Münzen benutzt: Dukaten, Rupien, spanische Dollars, holländische Gulden und so weiter. Die wurden vor Jahren alle aus dem Umlauf gezogen.« Wills Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als versuche er, eine Entscheidung zu fällen. »Was für ein Zufall, dass wir gerade diese Unterhaltung führen.« Bei Will gab es keine Zufälle, und schließlich redete sowieso nur er.
    Michael versuchte, nicht allzu interessiert zu wirken. »Warum das?«
    »Nun, ich habe da ein Gerücht gehört …« Mehr sagte er nicht. Es war klar, was er wollte.
    »Ist es ein Bier wert?«, fragte Michael.
    »O ja.« Will grinste. Sobald ein

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