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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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ungewöhnlich ruhig gewesen, aber ich werde mir das auf jeden Fall durch den Kopf gehen lassen. Nun bin ich fast schon zu spät für eine Verabredung. Vielen Dank, dass Sie vorbeigekommen sind.«
    Er nickte Miss Elliot zum Abschied zu, bevor er den Laden durchquerte, seinen Mantel und Spazierstock aus dem Ständer an der Tür nahm und davoneilte.
    Rhia blieb einen Augenblick lang sitzen und nahm einen Schluck Tee. Die Angestellte beäugte sie nun mit leicht gesteigertem Interesse und einem Maß an Argwohn. Dann jedoch zog etwas an der Ladentür ihre Aufmerksamkeit auf sich, und ihr Gesicht war wie verwandelt. Ein junger Mann in Hemdsärmeln und mit Tellermütze war hereingekommen und grinste bis über beide Ohren. Als er den Tresen erreichte, beugte er sich schwungvoll darüber und gab Miss Elliot einen Kuss auf den Mund. Rhia erhob sich zum Gehen. Als der Mann sie bemerkte, trat er einen Schritt zurück und sah sie verlegen an.
    »Meinetwegen müssen Sie sich keine Sorgen machen«, erklärte sie. »Ich bin keine Kundin und sowieso gerade dabei zu gehen.«
    Er grinste sie an, erleichtert, dass er seine Liebste nicht in Schwierigkeiten gebracht hatte. Seine Zähne waren in einem schlechten Zustand. Er nickte, als wäre ihm gerade ein Licht aufgegangen. »Ich nehme mal an, Sie sind wegen der Stelle hier, richtig?«
    »Richtig.«
    Er nickte. »Sobald Grace und ich verheiratet sind, wird sie die Arbeit nicht mehr brauchen.«
    Rhia runzelte die Stirn. »Mr Montgomery sucht eine Mitarbeiterin?«
    Nun betrachtete Miss Elliot sie noch argwöhnischer. »Sie haben doch gerade behauptet, dass Sie deshalb hier sind?«
    »Nein, ich hatte gehört, er suche einen Textilgestalter.«
    Sie schnaubte. »Darum also diese ganzen Bilder. So was habe ich ja noch nie gehört. Eine Lady, die Seidenmuster entwirft! Egal, die nächsten beiden Saisons sind ohnehin schon bei Monsieur Bertrand bestellt.« Sie zuckte verächtlich mit den Schultern und wandte sich irgendeiner Phantomaufgabe unter dem Tresen zu. Vielleicht war sie einfach von Natur aus unfreundlich. Vermutlich wegen des dauernden Hungers.
    »Sie kommen aus Irland«, stellte der junge Mann fest, als hielte er sich für eine Art Genie.
    Rhia nickte, und da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, streckte sie ihm die Hand hin. »Rhia Mahoney.«
    »Ich bin Sid. Sind Sie neu in London, Miss Mahoney?«
    »So ist es.«
    »Es soll in Dublin ein paar prima Tavernen geben.«
    »Die eine oder andere ist mir schon untergekommen.«
    Sids Gesicht leuchtete auf. »Gracey, ich habe eine Idee!«
    »Was denn?« Sie wirkte misstrauisch.
    »Miss Mahoney sollte am Samstagabend auf einen Negus ins Red Lion kommen.« Miss Elliot zuckte mit den Schultern.
    Es war deutlich, dass Miss Elliot die Vorstellung ebenso wenig behagte, wie ihr Rhia gefiel, aber vielleicht würde sie die Hörner einziehen, wenn sie begriff, dass Rhia nicht auf ihren Job aus war. »Das würde ich gerne, obwohl ich keine Ahnung habe, was ein Negus ist.«
    »Wirklich?« Sid war sichtlich verblüfft, und Miss Elliot stieß einen gequälten Seufzer aus.
    »Du vergisst, dass sie Ausländerin ist.« Sie wandte sich an Rhia. »Das ist natürlich Glühwein.«
    »Dann ist es besser, als es klingt.«
    Sid lachte, und Miss Elliot machte sich mit gerunzelter Stirn wieder unterm Tresen zu schaffen.
    Er schob seine Mütze zurück, beugte sich über den Tisch und küsste Miss Elliot erneut, was sie erröten ließ. »Also sehe ich Sie beide am Samstag. Bis dann!« Mit albernem Gang schwankte er davon, während ihm Miss Elliot verzückt nachblickte, bis er verschwunden war.
    Rhia wusste nicht, was sie sagen sollte. »Ähm, und wo ist das Red Lion?«
    »Covent Garden«, lautete die missmutige Antwort. Miss Elliot senkte den Blick und fuhr mit einem dünnen weißen Finger das Messinglineal an der Kante des Tisches nach. Rhia fühlte sich neben ihr wie gemästet, doch sie würde deshalb niemals auf Beths Ingwerkuchen verzichten. Sie verabschiedete sich rasch.
    Als sie wieder draußen auf der Straße stand, erlaubte sie sich ein Lächeln. Mr Montgomery hatten ihre Entwürfe gefallen. Das war zumindest ein Anfang. Ein Schuhputzjunge tippte zwinkernd an seine Mütze. »Was für ein schöner Tag, Miss.«
    Sie zwinkerte zurück. »Ein wirklich schöner Tag.«

21
    S ERGE
    Spontan entschied sich Michael Kelly, den Pfad zu nehmen, der zwischen der Werft und einer Ansammlung schlecht gebauter eingeschossiger Häuser hindurchführte, welche die Hafenbehörde

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