Am Horizont die Freiheit
Buchhandlung erfahren. Er hat zu deinen Gunsten gesprochen. Er bestätigt, dass deine Familie seit vielen Generationen in Llafranc gelebt hat und dass sie euch genau kennen, weil das Dorf zu Palafrugell gehört, das ein Besitz des Ordens vom Heiligen Grab ist. Er versichert, dass du ein Altchrist bist und im Kloster gewohnt hast, dass du deine religiösen Pflichten erfüllst und dass er dein Beichtvater und Seelenhirt ist. Ich habe es ihm überlassen, welche Buße er dir auferlegen wird. Aber ich befehle dir, dass du nie wieder Bücher kopierst.«
Joan sah, dass der Schreiber alles registrierte. Er sollte keine Bücher mehr kopieren dürfen! Diese schlechte Neuigkeit berührte ihn kaum. Er bangte vor allem um die Corrós.
»Du musst wissen, dass deine Aussage vor diesem Gericht geheim ist und dass niemand erfahren wird, was du gesagt hast«, erklärte der Mönch weiter. »Du bist frei. Du kannst gehen.«
»Aber wohin? Ich lebe in der Buchhandlung.«
»Die Buchhandlung wird nicht wieder geöffnet, und was es darin gibt, wird beschlagnahmt, zusammen mit allem anderen Eigentum der Corrós.«
»Ich habe meine Sachen dort!«
»Rede mit dem Notar der Sequester.« Der Inquisitor zeigte auf einen Beamten, der an einem Tisch saß und sich mit einer Handbewegung zu erkennen gab. »In zwei Tagen kannst du mit ihm zusammen abholen, was dir gehört. Jetzt geh mit Gott.«
Er verabschiedete ihn mit einer Geste. Joan beugte abermals das Knie und lief den langen Weg zurück. Er war ängstlich, aber mit erhobenem Kopf hergekommen, und er ging mit gesenktem Kopf und völlig verwirrt. Eine unermessliche Schuld lastete auf ihm. Die Corrós waren für ihn wie Eltern gewesen. Und er hatte es ihnen mit einem schrecklichen Verrat vergolten, der ihnen den Tod bringen würde.
50
D er Subprior nahm Joan wieder im Kloster auf. Der Junge dankte ihm für seine Hilfe, und unter dem Schutz des Beichtgeheimnisses schüttete er ihm sein Herz aus. Er hatte sein Versprechen gebrochen, und das würde schreckliche Folgen für die Corrós haben. Sein Wissensdurst und sein Hochmut hatten ihn dazu gebracht, die zu verraten, denen er zu so großem Dank verpflichtet war. Und was sollte er Bartomeu sagen? Er könnte ihm nicht mehr ins Gesicht blicken. Auch ihn hatte er verraten, denn der Kaufmann liebte Mosén Corró wie einen Bruder.
Der Mönch verbarg das Gesicht in den Händen und dachte eine Zeitlang nach. »Du hast tatsächlich schlecht gehandelt«, erklärte er nach einer Weile. »Doch es stimmt auch, dass die Corrós etwas gewagt und verloren haben. Nach dem, was du mir sagst, wird man sie als Rückfällige verurteilen. Weil sie sich wieder dem Judentum ergeben und verbotene Bücher verkauft haben, wartet der Scheiterhaufen auf sie. Du bist nichts als ein Werkzeug des Herrn, etwas, womit sie einen Misserfolg erleiden konnten. Die Inquisition gefällt mir nicht, auch nicht ihre Überheblichkeit, ihr Machtmissbrauch und der Schrecken, mit dem man die Stadt erfüllt hat. Aber es ist mein Auftrag, der Kirche zu dienen, und darum missfallen mir falsche Christen.«
»Sie sind gute Christen«, widersprach Joan. »Aber sie glauben an den freien Willen, wie Ihr ihn erklärt habt: dass der Mensch seine Bücher frei aussuchen soll. Außerdem: Wenn sie wirklich Juden waren und ihnen kein anderer Ausweg blieb, als sich als Christen auszugeben, um ihr Leben zu retten? Dann war es berechtigt, dass sie ihren Glauben verheimlichten.«
Der Mönch presste die Lippen zusammen und zuckte die Achseln. Ihn kümmerte das Schicksal der Corrós nicht, und er wollte sich nicht streiten. Er erlegte Joan ein paar Gebete als Buße auf, und da der Junge seine Lesekenntnisse nun nicht mehr verbergen musste, übertrug er ihm die Aufgabe, zusammen mit Bruder Melchor die Bücher des Klosters zu ordnen.
Einige Tage später konnte Joan seine Sachen aus der Buchhandlung holen. Mit ihm gingen Lluís, Jaume, Guillem und Pau. Sie wurden vom Notar der Sequester und mehreren Soldaten der Inquisition begleitet. Joan hatte mit dem Meister nicht über ihr Verhör gesprochen, doch die Inquisitoren hatten ihm gesagt, dass Guillem alles erzählt habe.
Schweigend betraten sie die Buchhandlung. Früher war es hier so lebhaft zugegangen! Doch in diesem Augenblick ließ der Ort nur an den Tod denken. Die Buchhandlung war ein Grab. Joan stieg ins
Scriptorium
hoch und malte sich kurzzeitig aus, dort seinen Meister Abdalá zu treffen, der ihn mit einem gütigen Lächeln empfing. Aber er
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