Am Horizont die Freiheit
kommt?«, fragte eine Frau. »Diese Boote bringen sehr wenig ein, und wenn sie kein Glück haben, haben nicht einmal ihre Besitzer etwas zu essen.«
»Und die Mauren haben alles weggeschleppt, was wir hatten!«, beklagte sich eine andere.
»Bruder Dionís muss uns helfen«, griff einer aus der Mannschaft von Joans Vater ein. »Er hat uns ja auch Steuern auf den Fischfang abgenommen.«
»In Palafrugell haben sie auch nicht viel«, sagte Daniel. »Die Ernten waren nicht gut, und seit dem Bürgerkrieg leiden sie immer noch Hunger.«
»Der Administrator?«, fragte Tomás geringschätzig und spuckte dann auf die Erde. »Was für eine Hilfe können wir von diesem Feigling erwarten, der es zugelassen hat, dass sie unsere Leute mitnahmen?«
»Dir wird er tatsächlich nicht helfen«, sagte eine Frau zu ihm. »Nach dem, was du in der Kirche getan hast, wird er dir nichts geben.«
»Ich würde es wieder tun«, entgegnete er wütend. »Und wenn ich könnte, würde ich ihm den Hals durchschneiden. Eher verhungere ich, als dass ich etwas von diesem elenden Kerl annehme. Damit er seine Feigheit verbergen kann, stellt er es so hin, als wären wir die Bösen, und spielt sich als Richter auf, der den Willen Gottes deutet.«
»Du hast nicht unrecht«, gab Daniel zu, und die meisten Männer nickten zustimmend. »Aber denk doch an die Kleinen, um die du dich jetzt kümmern musst. Du wurdest exkommuniziert, und du weißt, dass sie uns verbieten, mit dir zu sprechen. Niemand darf dir helfen.«
»Bitte ihn um Verzeihung«, griff ein anderer ein. »Selbst wenn es nur wegen der Kinder ist. Solange sie bei dir bleiben, bekommen sie vom Administrator nichts.«
»Nein, das tue ich nicht!«, schrie Tomás wütend. »Ganz gleich, was mit mir geschieht. Bruder Dionís ist ein niederträchtiger Lump. Teilen wir dem Abt des Santa-Anna-Klosters mit, wie sich dieser Feigling aufgeführt hat! Er soll ihn ablösen!«
Die Übrigen schwiegen und sahen einander verstohlen an, bis sie schließlich zum Meer hinüberblickten.
»Was meint ihr? Helft ihr mir?«
»Es tut mir leid. Das ist nicht der richtige Moment, sich mit dem Administrator anzulegen«, sagte endlich einer von ihnen. »Wir brauchen ihn, damit wir in diesem Winter überleben können.«
Das wirkte wie ein Signal, damit sich die Gruppe auflöste. Tomás blieb allein zurück und blickte zu der Stelle, an der die Galeere mit seiner Frau und seiner Tochter an Bord verschwunden war.
In den folgenden Tagen gaben sich Tomás und die Jungen alle Mühe, Essen zu beschaffen. Das Essen war wichtig, doch sich abzulenken und nicht mehr zu grübeln war sogar noch wichtiger. Sie streiften durch den Bergwald in der Nähe des Dorfes, um Pilze und Pinienzapfen zu suchen. Sie zogen auch weiter ins Landesinnere, wo es Kastanienbäume und Steineichen gab, allerdings waren die Eicheln noch grün. Trotzdem sammelten sie einige, um sie zu mahlen und Fladen aus ihrem Mehl zu backen. Sie schmeckten bitter. Sie warfen ihre Angeln von den Küstenfelsen aus ins Meer, und die Stunden vergingen, während sie darauf warteten, dass ein Fisch anbiss. Danach untersuchten sie die Klippen: Miesmuscheln, hin und wieder ein Krebs, Seeigel … Nichts Essbares entging ihnen. Aber die meisten Dorfbewohner taten das Gleiche, und was sie fanden, machte niemanden satt.
Alle hofften auf die drei kleinen Boote und dass etwas von dem Fang übrig blieb. Aus dem großen Ort kam Brot, immer zu wenig, auf dem Rücken eines Maultiers, das von vier Soldaten des Administrators bewacht wurde.
»Wir dürfen Tomás nichts geben, und solange die Kleinen bei ihm sind, auch ihnen nicht«, sagten sie am ersten Tag.
Seitdem näherten sich Tomás und die Jungen dem Maultier nicht mehr. Von weitem beobachteten sie, wie sich die Nachbarn die Brotlaibe untereinander teilten, und erst, wenn sich die Soldaten entfernt hatten, steckten die Nachbarinnen den Kleinen heimlich Brot zu.
Es schien, als nähme der Schmerz zu, je mehr Tage vergingen. Die Nachricht, dass die kleine Isabel gestorben war, machte es noch schlimmer.
Joan dachte an ihren warmen kleinen und geschundenen Körper, wie er ihn aus dem Sand gehoben und gewiegt hatte. Er dachte an sie zurück, wie sie in den Armen ihrer Mutter gelegen und mit ihrem zahnlosen Mund gelacht hatte. Und wie ihre Mutter sie angeblickt und dann ihm zugelächelt hatte.
Die Nachricht kam mit den Soldaten, die das Brot brachten, und sie verbreitete sich durch das Geflüster der Nachbarn. Am Ende fand
Weitere Kostenlose Bücher