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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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Pulver, das aus dem Unwetter gerettet wurde, stammte von verschiedenen Herstellern und war unterschiedlich zusammengesetzt, so dass es auch einen unterschiedlichen Wirkungsgrad hatte. Dies bedeutete kein großes Problem, wenn die Schüsse auf kurze Entfernung abgegeben wurden, wie etwa unmittelbar vor dem Entern, wohl aber, wenn ein genauer Schuss nötig war. Joan, der sich hervorragend auf Sizilianisch verständigen konnte, ging in die Straße der Gewürzhändler und suchte einen aus, der die erforderlichen technischen Kenntnisse besaß, um Schießpulver herzustellen. Dieses setzte sich aus sechs Teilen Salpeter, einem Teil Kohle und einem weiteren Teil Schwefel zusammen. Da Joan das Verfahren überwachte, bei dem das Pulver hergestellt und in Fässer gefüllt wurde, lieferte ihm dies einen guten Vorwand, um die Stadt Palermo jeden Tag zu besuchen. Diese hatte zwar mehr Einwohner und war lauter, erinnerte ihn aber in mancher Hinsicht an Barcelona. Er konnte es sich nicht ersparen, durch die »Straße der Silberwaren« zu gehen. Dort schloss er die Augen und hörte, wie die Hämmer auf Metall schlugen und sich die Leute unterhielten. Er stellte sich vor, dass er sich – wie ein paar Jahre zuvor – in der Gräflichen Stadt und in der gleichnamigen Straße befand und seine Liebste am Laden ihres Vaters stehen sah. Als er die Augen aufschlug, wurde ihm schmerzhaft bewusst, dass er in der falschen Straße, in der falschen Stadt war. Er brannte vor Verlangen, Neapel zu erreichen. Joan war sich sicher, dass er eine Möglichkeit finden könnte, Anna zu sehen, weil er sich wieder frei bewegen konnte. Er schrieb einen Brief an Bartomeu und bat ihn, einen großen Teil des Geldes, das er für ihn aufbewahrte, nach Neapel zu schicken, damit er es bei dem neapolitanischen Buchhändler abholen konnte, der ihm als Kurier für den Briefwechsel mit Anna diente. Außerdem fragte er nach dessen Namen und Adresse. Dort wollte er mit seiner Suche beginnen. Er schickte eine Abschrift desselben Briefes mit einem zweiten Schiff. Er durfte nicht riskieren, dass ein Schiff und damit seine Nachricht verlorenging. Sie war viel zu wichtig. Er spürte, dass sein Leben davon abhing.
     
     
    Als die Ausbesserung der Schiffe gerade abgeschlossen war, kamen die sechs Galeeren des Admirals Requesens in Palermo an. Sie wurden mit Ehrenbezeigungen empfangen. Statthalter Don Fernando de Acuña stellte bei dieser Gelegenheit seine Gesundheit wieder her und erschien im Hafen.
    Galcerán de Requesens, der Graf von Palamós, war mehrere Jahre älter als Vilamarí und nicht nur Sohn und Bruder früherer Statthalter Kataloniens, sondern hatte auch eine lange Kampfgeschichte im Krieg von Granada und in den Operationen bei Sardinien und Neapel vorzuweisen. Er war ein autoritärer Mann, und sein Titel des Admirals der sizilianischen Flotte zwang Vilamarí, ihm zu gehorchen, solange er sich in den Inselgewässern aufhielt. Bernat de Vilamarí gefiel diese Gehorsamspflicht durchaus nicht. Auch beeindruckte ihn die größere Zahl der Schiffe seines Rivalen wenig. Schließlich hatte er selbst früher den Titel des Generalkapitäns der Galeeren Aragoniens und Siziliens getragen und die aus zwanzig Galeeren und sechzehn Galeonen bestehende Flotte befehligt, die den Hafen Barcelonas blockiert und die Stadt gezwungen hatte, sich am Ende des Bürgerkriegs zu ergeben. So bald wie möglich wollte er nach dem Königreich Neapel fahren. Er vereinbarte mit Requesens, dieser sollte seine Galeeren an der Küste Nordsiziliens entlangfahren lassen, um sich auf mögliche französische Angriffe vorzubereiten, während Vilamarís Galeeren auf dem Weg nach Neapel berberische Piraten suchen sollten.
    Das Kampanjedeck war ein kleiner Raum, und obwohl die Offiziere manche Gespräche lieber am Bug, fern von den Ohren des Admirals, führten, zog Joan seine Schlüsse aus dem, was er hier und da hörte. Ihm wurde klar, dass sie sich Sorgen machten. Vilamarí hatte nahezu alles, was er vom Statthalter und von den Geldverleihern erhalten hatte, für die Ausbesserung der Schiffe ausgegeben. Ihm blieb kein Geld mehr übrig für zusätzlichen Proviant, um bis Neapel zu kommen. Man musste die Verpflegung rationieren, und wenn irgendetwas dazwischenkam, drohte ihnen Hunger.
     
     
    Joans Stellung auf dem Schiff hatte sich deutlich verbessert. Allerdings war sie zwiespältig, denn er war zwar ein Sträfling, der seine Strafe verbüßte, aber die Aufseher und der Rudermeister hatten keine Macht

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