Am Horizont die Freiheit
warst ja ein Freund von diesem zarten kleinen Blondschopf mit dem Mädchenhintern, den wir bei Sardinien aufgehängt haben, nicht wahr?« Und er lachte wieder schallend.
Joan hatte Lust, ihm das freche Maul mit einem Fausthieb zu stopfen. Der Admiral beobachtete ihn wortlos. Er ging nicht auf die Witze des Raufbolds ein, hielt ihn jedoch auch nicht zurück. Schließlich sagte er zu Torrent: »Vorwärts. Der König erwartet mich.«
Torrent war ein tüchtiger Fechter, und er hatte sich größte Mühe gegeben, ihn im Fechten zu unterrichten. Ihm hatte er es zu verdanken, dass er mit dem Degen im Gürtel sicher umgehen konnte. Aber er verabscheute dessen grobe und flegelhafte Manieren. Sie erinnerten ihn allzu sehr an die von Felip.
Der König empfing Vilamarí mit Bekundungen großen Wohlwollens und feierte dessen Sieg in der Tibermündung wie seinen eigenen. Die Nachrichten, die er von der in den Norden geschickten Flotte erhielt, waren düster. Außer dem Kampf von Portovenere im September war zwar keine einzige Seeschlacht verlorengegangen, doch es kam zu einer ganzen Reihe von kleinen Niederlagen und Desertionen. Dass fünf französische Galeeren nach Ostia gelangen konnten, ohne dass die zwanzig neapolitanischen in Civitavecchia sie gestört hatten, war eine Ankündigung kommenden Unheils. In seinem Königreich gab es viele Anhänger der früheren Dynastie Anjou, die wünschten, dass der König von Frankreich die Macht in Neapel ergriff. Selbst die Parteigänger der Dynastie Aragoniens sahen ihre Niederlage gegen das mächtige französische Heer zunehmend als unvermeidlich an. Man befürchtete, dass nicht einmal der Papst, der nun mit Florenz und Neapel verbündet war, die Invasion aufhalten könnte.
Alfons II . und Vilamarí waren nahe an die fünfzig, doch der König, der sich um die Zukunft seines Reiches ängstigte, wirkte viel älter. Er sah wie ein Greis aus.
Die Lage hatte sich dramatisch verändert. Früher verfügte der König über eine Flotte, und nun wusste er nicht mehr, worauf er sich verlassen konnte. Darum dauerten die Verhandlungen nicht lange, und Vilamarí erhielt siebenhundert Dukaten monatlich für jede Galeere und einen Vorschuss von drei Monaten. Der König atmete erleichtert auf. Er wusste, dass ihn Vilamarí nicht im Stich lassen würde. Manchmal wurde die zuverlässigste Treue mit Geld erkauft.
Ungeduldig lief Joan mit großen Schritten der Via del Duomo entgegen, ohne auf die feierliche Würde zu achten, die seine elegante Kleidung verlangte. Draußen sah er seinen Freund, den Buchhändler, nicht. Kurz begrüßte er dessen Frau, die die Kunden auf der Straße bediente, und rannte eilig in die Buchhandlung.
»Don Antonello!«
Im Laden war niemand, doch er hörte eine Stimme aus dem Arbeitszimmer. Ohne zu warten trat er ein.
»Ach!«, rief der Buchhändler lachend. »Der verliebte Roland besucht mich. Welch große Ehre!«
»Was wisst Ihr von Anna?«, fragte Joan erwartungsvoll.
»Die
Signora
Lucca …«, antwortete der Buchhändler ruhig. »Nun, dass sie wunderschön ist.«
»Das weiß ich auch schon!«, fuhr Joan ihn an. »Habt Ihr meinen Brief abgegeben? Hat sie Euch etwas gesagt?«
»Ja, ich habe ihn abgegeben.« Antonello lächelte. Die Ungeduld des jungen Mannes schien ihn zu belustigen.
»Was hat sie Euch gesagt?«
»Sie hat mir nichts gesagt. Sie hat den Brief diskret an sich genommen, und das war alles. Sie wird ständig von einer Haushälterin begleitet, die sie angeblich beschützt, aber in Wirklichkeit bewacht. Sogar hier im Laden schnüffelt sie in den Büchern, die die
Signora
durchblättert.«
»Lässt man sie nicht reden?«
»Nun ja, das darf sie, aber nur das unbedingt Notwendige. Plaudereien mit Männern sind ihr verboten. Ich habe mich erkundigt. Der Ehemann ist ein geadelter Kaufmann, der ungefähr zwanzig Jahre älter ist als sie und sie über alle Maßen liebt. Und er ist eifersüchtig. Als verheiratete Frau muss sich
Signora
Anna außerhalb des Hauses das Haupt bedecken, und er verlangt von ihr sogar, dass sie sich den Mund mit einem Ende ihrer Haube zudeckt, wenn sie auf die Straße geht.«
Joan seufzte entmutigt. »Was kann ich tun, um sie zu sehen?«
Antonello ließ den Blick über die mit Büchern vollgestellten Regale schweifen, während er nachdachte.
»Ab und zu kommt sie her«, antwortete er nach einer Weile. »Sie war dreimal hier, seitdem Ihr abgefahren seid. Sie gehört auch nicht zu denen, die täglich die Kirche
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