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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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angemessen erschien. Angstvoll wartete er auf die nächsten Worte.
    »Von diesem Moment an nimmst du nicht mehr die Aufgaben eines Geschützführers auf diesem Schiff wahr. Trotz des Geschicks, das du bei Feldschlangen und Kanonen gezeigt hast, denken viele, dass man dir ein unverdientes Vorrecht gewährt hat, wo du doch ein Galeerensträfling bist. Außerdem haben ein paar von deinen Untergebenen schon genug gelernt, um die Führung der Artillerie selbst zu übernehmen.«
    Joan fürchtete das Schlimmste. Würde man ihn wieder an die Ruder ketten?
    »Du wirst auch nicht mehr Vorleser und Schreiber auf dem Kampanjedeck der Galeere sein.«
    Joan erwartete den unausbleiblichen Keulenhieb und richtete sich zu voller Größe auf, um ihn würdevoll hinzunehmen. Wenn er die Vergangenheit ändern könnte, würde er wieder so handeln, wie er es getan hatte. Seine Würde war das Einzige, was ihm geblieben war.
    »Allerdings erkennt Offizier Torrent an, dass ihn ein Teil der Schuld trifft, weil er dich herausgefordert hat.«
    Joan blickte den Offizier an, und dieser bestätigte die Worte des Admirals mit einem Kopfnicken. Der junge Mann war überrascht. Er hätte nie geglaubt, dass Torrent die Moral besaß, um irgendeine Schuld zuzugeben.
    »Wir haben auch gewürdigt, dass du der
Santa Eulalia
als Artillerist mehrere hervorragende Dienste geleistet hast«, sprach der Admiral weiter. »Das veranlasst uns, dein Urteil zu mildern. Es ist das folgende: Von heute an gehörst du nicht mehr zur Mannschaft dieser Galeere.«
    Joan starrte ihn verblüfft an.
    »Ich gehöre nicht mehr zur Mannschaft?«, wiederholte er und bemühte sich zu verstehen, was das zu bedeuten hatte.
    »Nein.«
    »Ich muss wieder rudern?«
    »Nein!«, rief Vilamarí. »Die Galeerensträflinge gehören zu meiner Mannschaft. Du nicht mehr. Deine Strafe ist, dass du von unseren Schiffen verbannt wirst.«
    »Dann bin ich frei?« Joan riss seine Augen ungeheuer weit auf.
    »Nein«, widersprach der Admiral. »Dir fehlen noch zehn Monate, bis du die Strafe verbüßt hast. Du musst sie vollständig ableisten, indem du bei der ersten Gelegenheit, die sich dir bietet, in den Heeren Spaniens kämpfst. Ich stelle dir ein Dokument aus, das deine Dienste auf der
Santa Eulalia
als Artillerieoffizier anerkennt. Aber du gibst mir dein Wort, dass du die fehlenden Monate so früh wie möglich im Dienst des Königs ableistest. Wenn du es in fünf Jahren nicht getan hast, wirst du zu einer weiteren zweijährigen Galeerenstrafe verurteilt.«
    Joan fiel es schwer zu glauben, was er hörte. Er war frei! Allerdings dämpfte er seine Hochstimmung: Was würde es ihm nützen, frei zu sein, wenn Anna versklavt blieb?
    »Und Señora Anna Lucca?«
    »Wir haben uns über ihren Preis geeinigt.«
    Joan hielt den Atem an.
    »Vierhundert Dukaten«, entschied Vilamarí.
    »Vierhundert Dukaten!«, wiederholte Joan und blickte den Admiral entmutigt an.
    Bei seinen Buchgeschäften hatte er kaum zwanzig ansparen können, und es war unvorstellbar, dass Annas Familie auch nur über die Hälfte der Lösegeldsumme verfügte. Vielleicht konnte ihm Antonello etwas borgen. Doch selbst wenn Joan es mit dem zusammenlegte, was Annas Vater aufbringen konnte, ein derartiges Vermögen könnte man nicht zusammenkratzen. All seine Bemühungen waren vergeblich gewesen.
    »Du sollst noch etwas wissen«, erklärte Vilamarí weiter.
    Joan wollte nichts hören. Er wollte fortgehen, doch es war ihm unmöglich, dem Admiral den Gehorsam zu versagen.
    »Da du dein Urteil als Galeerensträfling abgebüßt hast, hast du kein Recht auf den Beuteanteil, der dem Geschützführer zukommt. Das war deine Arbeit anstelle des Ruderns.«
    Joan nickte mit dem Kopf. Das wusste er schon. Galeerensträflinge bekamen keine Beute.
    »Doch zu deiner Arbeit gehörte nicht die Aufgabe des Spähers.«
    »Des Spähers?«
    »Des Mannes, der die zu erbeutenden Schiffe entdeckt«, erklärte Vilamarí. »Ohne deinen Hinweis hätten wir die Karavelle nicht gekapert. Diese Arbeit hast du geleistet. Und ein Späher ist an der Beute beteiligt.«
    »Ich bin an der Beute beteiligt?«, wiederholte Joan, ohne dass er ganz glauben konnte, was der Admiral sagte.
    »Ja. Dein Anteil sind vierhundert Dukaten.«
    Joan blickte ihn fassungslos an. Ob sie sich einen geschmacklosen Scherz mit ihm erlaubten? Er musterte das Gesicht jedes einzelnen Offiziers. Sie lächelten, aber sie schienen sich nicht über ihn lustig zu machen. Er könnte Anna freikaufen! Und auch er

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