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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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frei, und sie gehört nur mir. Danke, Herrgott.«
    Er ließ sich vom Barbier der Galeere das Haar schneiden und den Bart rasieren. Er zog seine besten Sachen an, und stolz und lächelnd verabschiedete er sich von den übrigen Männern der
Santa Eulalia
.
    Joan spürte, wie ihm das Herz freudig klopfte, als er mit der Bescheinigung, die der Schreiber ausgestellt und Vilamarí unterschrieben hatte und die Anna freigab, zur Karavelle hochstieg. Nun konnte er den Augenblick gar nicht erwarten, in dem sie sich umarmen würden. Es war das Ende eines Albtraums. Niemand könnte sich noch ihrer Liebe entgegenstellen. Nie wieder würden sie sich trennen.
    Die Seeleute der Wache kannten ihn zwar, doch gewissenhaft überprüften sie die Siegel und das Dokument. Dann rief einer in den Lagerraum des Schiffes hinunter: »Anna Lucca! Kommt an Deck.«
    Nach einigen Augenblicken, die ihm endlos vorkamen, stieg sie mit denselben Kleidern nach oben, die sie an dem Tag getragen hatte, als die Karavelle gekapert wurde. Sie blinzelte in der Sonne an Deck. Sie entdeckte den jungen Mann, der sie glücklich anlächelte und die Arme ausbreitete, um sie zu umfangen. Da wurde ihr klar, wie das Duell ausgegangen war. Sie seufzte erleichtert auf und ging lächelnd auf ihn zu. Doch als Joan sie in die Arme schließen wollte, blieb sie stehen und fragte, wobei sie ihn mit ihren grünen Augen forschend ansah: »Habt Ihr Riccardo getötet?«
    Joan hatte die Frage nicht erwartet und zuckte zusammen.
    »Nein. Das war nicht ich.«
    Nun flüchtete sie in seine Arme. Joan umfing sie zärtlich, doch sein Blick verirrte sich irgendwo am blauen Himmel. Als er Annas warmen Körper spürte, seufzte er und schloss endlich die Augen, genoss ihre Berührung, ihren zarten Geruch, und das frühere unbeschreibliche Glück kehrte zurück.
    Joan glaubte, obwohl der Krieg im Königreich Neapel weiterwütete, sei für sie die Zeit der Liebe gekommen.
    Doch als er seine Umarmung lockerte, sagte der oberste Aufseher zu Anna: »Dieser Mann hat Euch gekauft. Von jetzt an gehört Ihr ihm.«
    Sie starrte Joan an. »Was soll das heißen?«, fragte sie tiefernst und blickte ihm in die Augen.
    »Nun ja«, stammelte er. »Das Dokument …«
    »Wollt Ihr mich zu Eurer Sklavin machen?«, fragte sie hartnäckig nach und musterte ihn angriffslustig.
    Joan zögerte. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, dass sie seine Sklavin sein könnte. Sie zu kaufen war die einzige Möglichkeit, ihre Freiheit zu erreichen.
    »Nein«, stotterte er. »Das will ich nicht. Ich liebe Euch und möchte Euch zu meiner Frau machen.«
    »Gut«, entgegnete sie schroff. »Ihr gebt mir also die Freiheit?«
    »Selbstverständlich, ja.«
    »Ihr werdet darum die erforderlichen Dokumente unterschreiben?«
    »Natürlich.«
    »Dann bin ich frei«, erklärte Anna und milderte dabei ihren Ton.
    »Ja, das seid Ihr.«
    »Nun, dann begleitet mich zu meinen Eltern.«
    »Ich habe nicht viel Geld. Aber ich werde einen Ort suchen, an dem wir zusammenleben können …«
    »Nein, Joan«, unterbrach sie ihn. »Wenn ich frei bin, werde ich nicht mit Euch zusammenleben. Ich bin die Witwe Riccardo Luccas. Ich schulde ihm Achtung, und das Einzige, was ich jetzt will, ist, dass ich ihn auf christliche Art begraben kann.«
    »Aber ich liebe Euch, Anna. Und Ihr habt gesagt, dass auch Ihr mich liebt.«
    »Auch ich liebe Euch. Trotzdem war Riccardo ein guter Ehemann, und ich stehe in seiner Schuld. Wenn ich durch Eure Schuld meine Pflicht als Gattin nicht richtig erfüllt habe, so kann ich jetzt meine Pflicht als Witwe erfüllen.«
    »Ich verstehe Euch noch nicht ganz.«
    »Ihr sollt mir helfen, dass man mir Riccardos Leiche übergibt, und danach sollt Ihr Abstand halten«, sagte sie schneidend.
    »Meint Ihr damit, dass Ihr mich nicht mehr sehen wollt?«, fragte Joan nach. Er erinnerte sich an den tragischen Morgen nach ihrer letzten Nacht, als sie ihn verabschiedet hatte.
    Anna blickte ihn an, als wäre er einfältig. Joan hielt ihrem Blick stand.
    »Nein, Joan. Das meine ich nicht. Nur, dass wir die Trauerzeit einhalten müssen.«
    Er seufzte erleichtert auf. Endlich lächelte sie, und ihre anmutigen Grübchen erschienen an den Wangen. Joan dachte, er würde alles Mögliche tun, um zu erreichen, dass wieder ein Lächeln ihr Gesicht erhellte.
    »Könntet Ihr mir helfen, Riccardos Leichnam zu finden?«, fragte sie sanft.
    Joan wusste, wo er war. Man verwahrte ihn in einer Holzkiste am Bug, so weit wie möglich von allem Übrigen auf

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