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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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aller bedeutenden Küstenstädte und -orte anlaufen, in denen er seit Jahren Handelsverbindungen unterhielt.
    Die Jungen begrüßten ihn vergnügt. Er war ihre Verbindung zur Außenwelt. Sie bewunderten ihn, er war ihre Brücke zur Gesellschaft. Das ging so weit, dass Joan versuchte, seine Umgangsformen und seinen Akzent nachzuahmen. Bartomeu erkundigte sich nach ihrem Befinden und wollte wissen, wie es Joan in der Werkstatt der Corrós ergangen sei.
    »Was ich tue, gefällt mir. Die Herrschaften sind gute Leute, und die Frau behandelt mich sehr freundlich«, erzählte Joan. »Aber dieser Felip macht mir das Leben unerträglich.«
    »Den kenne ich«, antwortete der Kaufmann. »Mosén Corró, Felips Vater, der im Krieg gefallen ist, und ich, wir waren Kameraden. Der Sohn ist ein schwieriger Fall. In der Welt wimmelt es von Raufbolden. Man muss ihnen möglichst aus dem Weg gehen, aber niemals dürfen wir unsere Würde verlieren. Fliehe nicht, bleib standhaft, und du wirst sehen, wie er nichts mehr gegen dich unternimmt. Zunächst einmal kaufen wir dir neue Kleidung, so vermeidest du, dass man dich wegen ihr für etwas anderes hält. Und mach dir keine Gedanken wegen deines Akzents. Du bist ein kluger Junge, und bald redest du wie wir.«
    Bartomeu wollte ihm Geld für die Kleidung leihen, doch Joan lehnte ab: Er hatte ja die Korallen verwahrt. Allerdings kannte er deren Wert nicht und wusste nicht, wie viel er brauchte.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Bartomeu. »Ich bin mit einem Juwelier befreundet. Er wird dir einen angemessenen Preis bezahlen.«
    Sie liefen zur Calle Argentería. Bartomeu brachte sie zu dem Laden, bei dem Joan am ersten Tag stehen geblieben war. Dem Jungen krampfte sich das Herz zusammen, denn er erkannte den Ort wieder. Als er einen Auftrag für den Buchladen erledigen musste, war er schon einmal dort gewesen, nur um aus der Entfernung zu beobachten, ohne gesehen zu werden. Die Mauren hatten ja Elisenda, seine Dorffreundin, gefangen, und er hätte sich nicht für eine andere Frau interessieren dürfen. Doch er konnte nicht anders, als an das Mädchen aus dem Juweliergeschäft zu denken.
    Auf dem Ladentisch lagen verschiedene Silbergegenstände, Becher, Tabletts, Bestecke und Goldschmuck. In manche Anhänger waren Stücke roter Korallen eingearbeitet. Eine gutgekleidete Frau kümmerte sich mit wachsamen Augen um die Waren, von denen nur ein kleiner Teil dem Publikum zugänglich war. Der Ehemann arbeitete neben ihr an einem anderen Tisch. Er polierte eine Brosche, um sie dann mit Perlen zu belegen. Das Mädchen war nicht zu entdecken, und Joan atmete erleichtert auf. Er wollte nicht, dass sie ihn noch einmal in seiner ländlichen Kleidung sah.
    Bartomeu begrüßte beide. Sie erwiderten seinen Gruß herzlich. Er stellte die Jungen als seine Freunde aus Llafranc vor, die gute Korallen zu einem redlichen Preis verkaufen wollten. Bevor sie aus dem Kloster fortgegangen waren, hatten sie zwei Stücke ausgewählt, und der Juwelier prüfte sie aufmerksam mit einem Glas, das in einen Metallring eingesetzt war. Das erinnerte Joan an die Gläser, die sich der Maure auf die Nase setzte, um zu lesen. Gabriel war von all diesem Glanz fasziniert. Er streckte die Hand aus und nahm eine Goldkette vom Ladentisch, um sie sich aus der Nähe anzusehen. Erschrocken befahl ihm Joan, sie sofort zurückzulegen. Er wollte keinen Ärger mit der freundlichen Ladenbesitzerin bekommen.
    »Für das größere Stück gebe ich Euch ein Pfund und zwei Sueldos und für das kleine zwölf Sueldos«, sagte der Mann, als er seine Untersuchung beendet hatte. »Insgesamt ein Pfund und vierzehn Sueldos.«
    »Es sollen zwei Pfund sein«, entgegnete Bartomeu. »Und damit helft Ihr zwei Waisenkindern.«
    Der Juwelier schüttelte den Kopf.
    »Es tut mir sehr leid, aber damit würde ich Geld verlieren. Da Ihr Freunde seid, sollen es ein Pfund und fünfzehn Sueldos sein.«
    Joan erstarrte, als er das Mädchen in den Laden treten sah. Es begrüßte sie mit einer kleinen Verbeugung, und das Lächeln, das schon ihren Mund umspielte, verstärkte sich, als ihre grünen Augen auf ihm ruhten. Joan stammelte einen Gruß, wobei er spürte, wie er errötete. Sie sah ihn abermals so gekleidet, als wäre er ein Bauernlümmel! Er glaubte, dass sie durchschaute, wie sehr sie ihn verwirrte, und dass sie es vergnüglich fand.
    Joan gewann etwas Selbstsicherheit zurück, als Bartomeu ein Pfund, sechzehn Sueldos und sechs Kupfermünzen durchgesetzt hatte. Das

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