Am Horizont die Freiheit
ihn wie einen Sohn behandeln.«
Als Gabriel davon hörte, machte er einen Freudensprung. Wenn er groß sein würde, wollte er die Glocke mit dem schönsten Klang der Welt herstellen!
Der Inquisitor Espina, der nun schon mit uneingeschränkten Vollmachten ausgestattet war, wählte den 14 . Dezember 1487 , einen Freitag, um das erste große Schauspiel der neuen Inquisition vorzuführen.
Er wollte einen Akt der Sühne für Gott und der Verzeihung für die auf Irrwege geratenen Menschen feiern, um sie mit der Kirche zu versöhnen. Die Büßer waren Konvertiten, die die schrecklichen Meldungen aus Valencia eingeschüchtert hatten. Sie hatten sich freiwillig gestellt und sich beschuldigt, ihre alte Religion im Geheimen auszuüben.
Die Lehrlinge gingen hin, um sich die große Prozession anzusehen, die von der Santa-Caterina-Kirche ausging und zur Kathedrale führte.
Den Zug eröffnete ein Mönch mit der Inquisitionsfahne. Dargestellt waren ein Kreuz und rechts davon ein Schwert, das die Art symbolisierte, wie man die Ketzer behandeln musste, sowie links ein Ölzweig als Verheißung der Versöhnung für die bußfertigen Sünder. Es folgten eine Gruppe von singenden Messknaben und Bruder Espina zusammen mit vier Soldaten der Inquisition selbst. Ein anderer Mönch trug ein großes Kreuz, hinter ihm kam eine Gruppe von fünfzig Büßenden, die reuigen Sünder, die um Gnade gebeten hatten. Zu ihnen gehörten bekannte Leute, vor allem Handwerker, Schneider und Barbiere, doch die meisten waren Frauen, darunter mehrere Witwen von königlichen Schreibern. Sie bedeckten ihre Kleidung mit dem Büßerhemd, das eine Öffnung für den Kopf hatte und über Brust und Rücken hinabfiel. Es war gelb und hatte vorn und hinten große rote Kreuze. Auf den Köpfen trugen sie Büßermützen, spitze Kapuzen, die wie das Büßerhemd gelb und rot waren. Auch sie zogen singend vorbei, und manche geißelten sich den Rücken mit einer Peitsche, die viele Spitzen hatte. Es war ein neuartiges und ungewohntes Schauspiel. Die Leute zeigten mit dem Finger auf die Büßer, und manche machten sich über ihr lächerliches Aussehen lustig.
»Die hier werden der Strafe entgehen«, kommentierte Felip enttäuscht.
Joan sagte sich, dass diese Schande für jemanden, der gestanden und bereut hatte, eine allzu große Strafe war.
Auf die reuigen Büßer folgte ein Dominikanermönch mit einem weiteren Kreuz und einem zahlreichen Gefolge von Schreibern, Gerichtsdienern, Notaren, Kommissaren und Familiaren der Inquisition.
Als Bruder Espina zur Kathedrale kam, stellte er sich oben auf die Vortreppe, und nachdem sich die ganze Prozession versammelt hatte, hielt er seine Predigt, an deren Ende er die reuigen Sünder in den Schoß der Kirche aufnahm.
Doch die Kirchenbuße endete nicht an diesem Tag. Die reuigen Sünder sollten an weiteren zwei Prozessionen teilnehmen und durften sich das Büßerhemd ein Jahr lang bei Tag und Nacht nicht ausziehen. So könnten die übrigen Bürger sie überwachen und feststellen, dass sie nicht in die Ketzerei zurückfielen.
Außerdem durften sie sich nie wieder mit Gold, Silber, Perlen, Edelsteinen, Bernstein und Korallen schmücken und auch keine kostspieligen Kleider aus Seide, feiner Wolle oder rotgefärbten Stoffen tragen. Es war ihnen verboten, öffentliche Ämter auszuüben, und sie durften keine Ärzte, Chirurgen, Krämer, Gewürzhändler, Anwälte, Geldwechsler, Notare oder Schreiber werden. Sie durften auch nicht reiten oder Waffen tragen.
»Sie tun alles Mögliche, um die Büßer öffentlich zu demütigen«, erklärte Bartomeu, als ihn Joan fragte.
»Man könnte meinen, sie würden viel eher bestraft, als dass man ihnen verziehen hätte.«
»Außerdem verpflichtet sie die Inquisition, eine Geldbuße zu bezahlen.«
»Aber haben sie sich nicht freiwillig innerhalb der festgesetzten Frist auf die Gnade berufen?«
»Ja«, antwortete Bartomeu. »Die Stadt hat Botschafter zu König Ferdinand geschickt, um gegen den Missbrauch zu protestieren. Aber sie werden nichts erreichen. Bruder Alfonso Espina wird weiterhin tun, was ihm gefällt.«
»Dieser Mönch hat unglaubliche Macht.«
»Er ist die mächtigste Persönlichkeit in Barcelona«, bestätigte Bartomeu. »Sogar der Bischof hat seine Vollmachten auf ihn übertragen. Doch nicht die Autorität des Königs oder des Papstes macht ihn so furchtbar, sondern seine Macht, in Schrecken zu versetzen und zu erreichen, dass sich niemand mehr sicher fühlt. Die Angst ist
Weitere Kostenlose Bücher