Am Mittwoch wird der Rabbi nass
befreien.
Akiva setzte sich an den Rand eines solchen Teiches und planschte mit den Füßen im Wasser, um den Sand abzuspülen. Dann hielt er sie steif ausgestreckt, damit die Sonne sie trocknete und er wieder Socken und Stiefel anziehen konnte. Als er so dasaß, rückwärts auf die Arme gestützt, und zum Horizont hinüberblickte, empfand er einen inneren Frieden, wie er ihn lange nicht mehr erlebt hatte. Soweit er sehen konnte, war er ganz allein am Strand.
Er fand, es sei eine gute Zeit, sich hier, innerlich und äußerlich ungestört, der Meditation hinzugeben. Er setzte sich auf und manövrierte seine Beine in die Lotosposition. Das fiel ihm nicht leicht, doch mit ein bisschen Mühe gelang es ihm, die Füße gegen die Oberschenkel zu legen. Die Arme ausgestreckt, mit Daumen und Zeigefinger einen Ring bildend, schloss er die Augen. Bilder zogen ihm durch den Kopf, und dann, als seine Atmung langsam und regelmäßig wurde, sah er nichts mehr außer einer Art warmem Glühen, die Wirkung der hellen Sonne auf seinen geschlossenen Lidern.
«He, was machst du da?»
Als er die Augen aufschlug, sah er einen kleinen Jungen, fünf oder sechs Jahre alt, mit einem Eimerchen in der einen und einem alten Löffel in der anderen Hand vor sich stehen.
Akiva lächelte. «Ich denke», antwortete er.
«Warum hast du deine Hände so?»
«Ich glaube, weil ich dann besser denken kann. Wohnst du hier?»
«Hm-hm. Da drüben.» Mit einem Nicken zu einem der Häuser auf der anderen Seite der Straße hinüber, die am Strand entlang verlief. «Du, bringst du mich rüber? Ich darf nicht alleine.»
«Klar. Du musst nur kurz warten, bis ich meine Socken und Schuhe angezogen habe. Wie bist du denn hierher gekommen?»
«Meine Mommy hat mich gebracht.»
«Und was hättest du getan, wenn ich nicht hier gewesen wäre?»
«Och, meine Mommy kommt nach einer Weile und holt mich ab.»
Wieder in Stiefeln, stand Akiva auf und streckte die Hand aus. «Komm, gehen wir.»
Der kleine Junge ergriff vertrauensvoll seine Hand, und dann kletterten sie gemeinsam über die Felsen zur Straße, wo sie stehen blieben, um eine Reihe von Autos vorbeizulassen. Als sie eine Lücke entdeckten und hinübergehen wollten, kam eine Frau aus dem gegenüberliegenden Haus.
«Warum hast du nicht gewartet, Jackie?», rief sie laut. «Ich wollte dich gerade holen.»
«Der Mann hat gesagt, er bringt mich rüber», schrie er zurück. Er ließ Akivas Hand los, schoss über die Straße und lief die Stufen zur Veranda hinauf. Akiva jagte hinter ihm drein.
Die Frau musterte Akiva argwöhnisch, dann lächelte sie zerstreut. An den Jungen gewandt, sagte sie: «Na los, Liebling, bedank dich bei dem Mann, geh hinein und nimm dir Milch.»
Der Kleine streckte die Hand aus, und Akiva stieg die Stufen hinauf, um sie zu ergreifen. «Danke», sagte der Junge, machte kehrt und lief ins Haus.
«Der ist aber gut erzogen», sagte Akiva.
«Na ja …»
«Sie sind … du bist Leah Kaplan, nicht wahr?», sagte er zögernd.
«Ach, kennen wir uns? Kaplan war mein Mädchenname.»
«Wir waren zusammen in der Schule», erklärte Akiva. «In einem Jahr haben wir in Französisch nebeneinander gesessen.»
Sie musterte ihn unsicher. «O ja, Sie sind … du bist Aptaker, Arnold Aptaker.»
Er lächelte. «Das war mein Mädchenname», erwiderte er. «Jetzt heiße ich Akiva Rokeach.»
«Dieser Bart – wenn der nicht wäre, hätte ich dich sofort erkannt. Was versteckst du dahinter?»
«Wer versteckt hier was? Ein Bart ist natürlich; Rasieren ist unnatürlich.» Es war, als wären die Jahre von ihnen abgefallen und sie wären wieder in der High School, wo geistreiche Bemerkungen zum Gesprächsstil gehörten.
«Nur weil er wächst, muss man ihn nicht unbedingt wachsen lassen», erwiderte sie schnippisch. «Was ist mit Finger- und Zehennägeln? Ich habe immer das Gefühl, ein Mann mit Bart verbirgt etwas. Entweder ein weiches Kinn oder eine Narbe oder einen Minderwertigkeitskomplex.»
«Nun, ich nicht. Er ist … er ist religiös.»
Jetzt erst bemerkte sie die jarmulke , die er trug. «Ach, so einer bist du!» Sie musterte ihn, die Stiefel, die geflickten Jeans und die Drillichjacke. «Alles andere an dir sieht aber nicht sehr religiös aus.»
«Religion drückt sich nicht in der Kleidung aus», belehrte er sie von oben herab.
«Nur in den Käppchen, wie?»
«Das ist was anderes. Das ist eine Kopfbedeckung. Eigentlich genügt jeder Hut, aber dieses Käppchen beweist, dass man es wegen
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