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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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frische Luft bestimmt gut tun. So trabte der Rabbi, den ungeduldig vorwärts strebenden Jonathan fest an der Hand, am Strand entlang und blieb immer wieder einmal stehen, um zu beobachten, wie ein besonders großer Brecher auf sie zugerollt kam, der dann gegen die Felsen schlug und sich schaumspritzend auflöste.
    Der Rabbi hörte, wie sein Name gerufen wurde, und als er sich umsah, entdeckte er Akiva Rokeach, der ihm zuwinkte. Er wartete, bis der junge Mann sie erreicht hatte. «Mit Unterstützung meiner Frau», sagte er, «ist mir schließlich eingefallen, oder ich habe vielmehr erraten, wer Sie sind. Sie sind der Sohn des Drugstorebesitzers, nicht wahr? Mr. Aptaker? Es kommt zwar ein bisschen spät, aber ich möchte Ihnen trotzdem danken für das, was Sie vor ein paar Jahren einmal mitten in der Nacht für uns getan haben.»
    Akiva zuckte lächelnd die Achseln.
    Rabbi Small fuhr sogleich fort: «Sie werden verstehen, dass ich während der nächsten ein, zwei Tage ans Haus gefesselt war, um unseren Jonathan hier zu betreuen, doch dann ging ich gleich zu ihrem Geschäft, um die Medizin zu bezahlen und Ihnen vielmals zu danken. Aber Sie waren fort.»
    Akiva grinste. «Ja, ich bin sofort am nächsten Tag weg, damals.»
    «Das hatte hoffentlich nichts mit dem zu tun, was Sie für uns getan haben.»
    «Aber nein! Darum hatte mich mein Vater gebeten. Dafür gab er mir ein großes Lob!»
    «Aha. Dann nehme ich an, Sie sind gegangen, weil Sie eine Meinungsverschiedenheit mit Ihrem Vater hatten.»
    «So kann man’s auch nennen.» Akiva lachte. «Himmel, Sie sind genau wie mein rebbe. Ihr seid anscheinend alle gleich. Ich sage was, und aus einem einzigen Wort, vielleicht nur aus dem Ton, in dem es gesprochen wurde, leitet er ein ganzes Buch ab.»
    «Tut mir Leid, ich wollte nicht neugierig sein.»
    «Ach, das macht nichts, Rabbi. Ich hatte tatsächlich einen verdammt schlimmen Krach mit meinem Vater. Deshalb bin ich gegangen. Und wollte nie wieder zurückkommen.»
    «Aber Sie sind doch gekommen.»
    «Nur für ein paar Tage. Und das auch nur, weil Reb Mendel – das ist mein rebbe – es mir befohlen hat.» Er beschrieb Reb Mendel und die chavura.
    «Sie tun alles, was er Ihnen sagt?»
    «Ich gebe mir Mühe. Ich hatte eine Woche Urlaub, den ich in seinem Haus verbringen wollte. Er hat so einen riesigen Kasten von Haus, in dem seine chassidim manchmal ein paar Tage mit intensiven Studien verbringen. Aber er befahl mir, lieber nach Hause zu meinen Eltern zu fahren. Also habe ich getan, was er sagte.»
    «Einfach so?»
    «Hm-hm.»
    «Stört es Sie denn nicht, dass ein anderer Ihr Leben bestimmt, Ihnen alle Entscheidungen abnimmt?» fragte der Rabbi.
    «Nein. Weil er tiefere Einsicht hat. Er sieht klarer und weiter als ich. Das ist, als würden ein paar Leute in der Wüste umherirren und wüssten nicht, welche Richtung sie einschlagen müssten, aber einer hätte einen Feldstecher und sagte, er könne im Westen ein Dorf sehen. Würden sie nicht alle auf ihn hören und in die von ihm bestimmte Richtung gehen?»
    «Ich würde ihn wahrscheinlich bitten, auch einmal durch den Feldstecher sehen zu dürfen», antwortete der Rabbi trocken.
    «Na schön, nehmen wir an, er hätte keinen Feldstecher, sondern könnte nur besser sehen?»
    «Dann würde ich Beweise verlangen, bevor ich mich in Marsch setzte», sagte der Rabbi ein wenig lächelnd.
    «O ja, ich weiß, ihr normalen Rabbis macht euch immer über den rebbe lustig, aber …»
    «Wir normalen Rabbis sollen nichts weiter sein als Rechtsgelehrte», unterbrach ihn Rabbi Small. «Keine Wundertäter wie ein rebbe. Meine Predigten sind im Wesentlichen Auslegungen des Rechts und unserer Tradition. Trotzdem, wenn Sie zu mir als Freund gekommen wären und mich um meinen Rat gebeten hätten, wäre ich wohl auch der Ansicht gewesen, es sei an der Zeit, Ihre Eltern aufzusuchen und Frieden mit ihnen zu schließen. Aber das hätte ich Ihnen als Freund vorgeschlagen; ich hätte es Ihnen bestimmt nicht befohlen, weil ich ein Rabbiner bin. Die Entscheidung hätte einzig und allein bei Ihnen gelegen.»
    «Aber angenommen, Sie wüssten es, wüssten es hundertprozentig?»
    «Niemand weiß etwas hundertprozentig, Mr. Rokeach. Ihr rebbe , sagen Sie, ist Psychologe. Nach meiner Erfahrung ist das nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem Verstehen der Motivationen der Menschen, sondern bedeutet lediglich eine besondere Geschicklichkeit im Ersinnen von Erklärungen für ihr Verhalten, welche zutreffen mögen

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