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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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können. Die Opposition besteht, soweit ich das bis jetzt feststellen kann, im Grunde nur noch aus dem Rabbi.»
    «Warum ist der Rabbi dagegen?»
    «Na ja, wissen Sie – er ist ein konservativer Typ. Wer weiß, vielleicht ist er auch ein bisschen eifersüchtig auf Rabbi Mezzik.»
    «Ja, aber wenn Rabbi Small bei der Vorstandssitzung anfängt, darüber zu diskutieren …»
    «Ich glaube kaum, dass er an der Sitzung teilnehmen wird.»
    «Warum denn nicht?»
    «Weil am Sonntag in der Schule Elternsprechtag ist und er den ganzen Vormittag mit den Eltern beschäftigt sein wird. Also, ich habe inzwischen vor, unsere Sitzung draußen im Camp abzuhalten. Wissen Sie, alles klarzumachen. Und wenn wir am Sonntagmorgen dann unsere reguläre Sitzung haben, brauchen wir die Angelegenheit bloß noch zur Abstimmung vorzulegen, weil wir die Diskussion ja bereits hinter uns haben. Anschließend vertagen wir uns.»
    «Donnerwetter, das ist ein geschickter Schachzug, Chester! Das muss Ihnen der Neid lassen.»
     
    Der Freitag begann ziemlich schlimm für Dr. Cohen. Der Vormittag brachte ihm nicht nur Kestlers Anruf, sondern außerdem das peinliche Bewusstsein, dass Polizeichef Lanigan das Gespräch mit anhörte. Der Tag wurde auch nicht gerade besser dadurch, dass sich sein nächster Patient verspätete und somit den ganzen Terminplan über den Haufen warf. Infolgedessen hatte er noch um zwölf Uhr mittags mit seinem letzten Patienten zu tun, und die Kollegen mussten ohne ihn zum Lunch gehen.
    Er selbst aß in einer Imbissstube auf einem Hocker mit dem Gesicht zur Wand. Kaum war er in seine Praxis zurückgekehrt, als man aus dem Krankenhaus anrief, um ihn zu benachrichten, ein Patient mit Herzinfarkt habe einen Rückfall erlitten, er möge sofort herüberkommen. Er nahm sich gerade noch die Zeit, das Mädchen in der Telefonzentrale zu bitten, sie möge seine nachmittags bestellten Patienten anrufen und die Termine auf nächste Woche verschieben. Ganz zuletzt ergänzte er noch: «Und, Madeleine, rufen Sie bitte noch meine Frau an, und sagen Sie ihr, dass ich heute nicht nach Hause komme.»
    Um halb drei erst war Dr. Cohen dann im Krankenhaus fertig. Er fuhr geradewegs zu den Kaplans. Als er dort eintraf, musste er jedoch feststellen, dass weder in der Einfahrt noch vor dem Haus Wagen standen. Er kam zu spät. Das schien ihm ein durchaus adäquater Abschluss dieses Tages zu sein. Dennoch stieg er die Stufen hinauf und klingelte. Mrs. Kaplan öffnete. «Ach, Dr. Cohen, nicht wahr?»
    «Ganz recht. Vermutlich sind sie alle schon abgefahren.»
    «Ja, vor ungefähr einer Viertelstunde. Wissen Sie, wie man fahren muss?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Augenblick mal. Chet hat ein paar Straßenkarten vervielfältigen lassen.» Sie verschwand, kam aber wenige Minuten darauf wieder. «Damit werden Sie sich bestimmt leicht zurechtfinden. Es ist wirklich nicht weiter schwierig. Vielleicht holen Sie sie sogar ein. Sie machen manchmal eine Kaffeepause.»

19
    Als Dr. Cohen im Camp eintraf, einem großen Holzgebäude auf einer Lichtung im Wald, hatten sie sich bereits häuslich eingerichtet. Durch eine Lücke in den Bäumen sah man etwa fünfzig Schritt hinter dem Haus einen See. Chester Kaplan, der den Wagen vorfahren hörte, kam geschäftig herausgeeilt. «Ach, Sie sind es, Doktor! Himmel, bin ich froh, dass Sie es einrichten konnten! Wir haben diesmal mehr Teilnehmer als Zimmer, deswegen müssen zwei Mann in einem Zimmer schlafen. Ist das nicht wunderbar?» Er studierte ein Klemmbrett, das er in der Hand hielt. «Warten Sie, Zimmer zwölf hat zwei Betten. Da ist noch Platz für Sie. Ihr Zimmerkollege ist Matthew Charn. Kennen Sie ihn?»
    Cohen schüttelte den Kopf, «Er ist aus Salem, hat aber an fast allen unseren Klausuren teilgenommen. Großartiger Mann, sehr anständig, und er kann Ihnen alles erklären. Gehen Sie nur hinauf und machen Sie sich mit ihm bekannt. Wir halten hier nicht viel von Förmlichkeit.»
    Er schob die Hand unter Cohens Arm und führte ihn mit einer ausholenden Geste der Hand, die das Klemmbrett hielt, die Stufen zur Veranda hinauf. «Bei gutem Wetter sitzen wir oft hier draußen. Am Abend sind natürlich die Mücken lästig …»
    Kaplan dirigierte Cohen ins Haus und präsentierte ihm mit einer abermaligen Geste mit dem Klemmbrett den Raum, in dem sie sich nun befanden. «Das hier ist unsere Synagoge, unser Treffpunkt, Versammlungssaal, Erholungszentrum, was immer Sie wollen. Hier halten wir uns fast immer auf.» Der Raum

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