Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
Straßenlage ist auch nicht so gut. Aber es springt immer an und fährt tadellos.»
    «Na ja … Jedenfalls braucht die Karre wenig Benzin, das muss ich schon sagen. Wir fahren jetzt über eine Stunde, und die Nadel am Anzeiger hat sich nicht gerührt.»
    Abdul lachte in sich hinein. «Der funktioniert nicht. Die Nadel rührt sich nie.»
    «Woher weißt du dann, wann du Benzin brauchst?»
    «Mahmud weiß das und tankt von Zeit zu Zeit. Das Benzin ist ihm noch nie ausgegangen. Er hat gesagt, für die Fahrt würde es reichen.»
    «Wo wohnt denn eigentlich dein Onkel, Abdul?»
    «Im Norden, oben in Galiläa. Nicht weit von der Grenze», erklärte er leichthin.
    «Ich meine, in ’ner Stadt oder …»
    «In der Gegend gibt es nur ein paar kleine Dörfer. Von dem hast du bestimmt noch nie gehört.»
    «Wohnt er im Dorf?»
    «Er hat dort ein Haus, mehrere sogar, aber er wohnt auf seiner Farm, die liegt etwas abseits. Und da fahren wir hin.»
    «Kennst du denn den Weg?»
    «Na!» Abdul zuckte viel sagend die Achseln.
    «Und bist du sicher, dass er einverstanden ist … ich meine, er hat doch keine Ahnung, dass ich mitkomme.»
    «Von arabischer Gastfreundschaft verstehst du nichts, Roy. Ich bin sein Neffe. Das bedeutet bei uns mehr als bei euch. Es heißt, ich gehöre zu seiner Familie – wie ein Sohn. Und du bist mein Freund. Sein Haus ist wie mein eigenes, und wenn ich dich einlade, ist es genau dasselbe, als hätte er das getan. Begreifst du das?»
    «Ich denke schon.» Roy lehnte sich zurück und betrachtete durch die Windschutzscheibe die hellen Sterne am tintenschwarzen Himmel. «Und er wird nicht erwähnen, dass ich da bin? Ich meine …»
    «Ich weiß, was du meinst, Roy. Zu wem sollte er was davon sagen? Zur Polizei? Selbst wenn er dächte, sie könnten sich für dich interessieren und du versteckst dich vor ihnen, wärst du absolut sicher. Du bist Gast, und ein Gast ist tabu.»
    «Na ja, gut zu wissen. Wenn wir zurückkommen, hat mein Vater vielleicht die Sache bei der Botschaft in Ordnung gebracht …»
    «Davon bin ich überzeugt. Das wird sich alles regeln.» Ein Seitenblick zeigte, dass sein Nachbar die Augen geschlossen hatte. «Roy?» Die einzige Antwort war ein schlaftrunkenes Brummen. Abdul lächelte und konzentrierte sich auf die Straße. Ein paar Mal sah er Roy an, der ruhig weiterschlief.
    Roy schreckte plötzlich hoch, als der Wagen mit einem heftigen Ruck anhielt. Er wurde gegen die Tür geschleudert und dann zurück auf den Sitz. «W-was ist denn los? Sind wir schon da?»
    «Wir sind in einem Graben gelandet», sagte Abdul. «Und wir haben kein Benzin mehr.»
    «Aber …»
    «Nur keine Aufregung. Wir sind praktisch da. Genau hier fängt das Grundstück meines Onkels an – wir sind bloß am anderen Ende. Den Rest gehen wir jetzt zu Fuß. Das kommt auf dasselbe raus, denn von hier an ist die Straße, oder was man so nennt, miserabel und verläuft in einem ziemlichen Bogen. Wir nehmen den Abkürzungsweg durch die Büsche …»
    «Aber der Wagen – was machen wir mit dem Wagen?», brummte Roy, als er herauskletterte.
    «Ich lasse ihn von meinem Onkel mit ein paar Mauleseln abschleppen. Bis dahin liegt er hier gut. So, gehen wir. Halt dich hinter mich.» Damit tauchte er in einem Bambusdickicht unter.
    «Kennst du die Richtung?»
    «Aber klar. Sprich jetzt lieber leise, Roy. Vielleicht sind ein paar Leute von meinem Onkel draußen und halten uns für Eindringlinge.»
    «Dann musst du ihnen eben zurufen, dass wir’s sind», sagte er, während er hinter der schattenhaften Gestalt seines Freundes herschlich. Er war noch nicht ganz wach und stolperte über den steinigen, unebenen Boden.
    Plötzlich ertönte von der Seite eine laute Stimme: «Halt!»
    Roy blieb wie angewurzelt stehen. Abdul begann zu rennen. «Hier lang, Roy. Lauf. Lauf schnell!»
    Ein Schuss peitschte auf. Er sah, wie sein Freund schwankte und hinfiel.

44
    «Ich hätte Sie überall sofort erkannt», sagte Dan, als er Gittel vorgestellt wurde. «Die Ähnlichkeit mit Ihrer Nichte ist frappierend.»
    «Na, hören Sie – wie kann man nur ein frisches, hübsches Mädchen wie Miriam mit einer alten Frau vergleichen!»
    «Im Gegenteil, es muss für David angenehm sein zu wissen, wie seine Frau später mal aussehen wird.»
    Er führte sie in den Grill und war eifrig bedacht, Gittel den seiner Meinung nach bequemsten Platz auszusuchen. «Setzen Sie sich hierher, Gittel, hier ist ein bisschen Luftzug von der Klimaanlage.» Während sie auf den

Weitere Kostenlose Bücher