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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Kellner warteten, richtete er meistens das Wort an sie, zeigte ihr Leute, die er kannte. «Der Mann, der eben reinkam, ist ein Reifenfabrikant und will hier eine große neue Fabrik bauen. Ich hab mich neulich in der Halle mit ihm unterhalten.» Er winkte ihm zu und nickte. «Die Dame, die drüben neben der Säule sitzt, war Präsidentin der Hadassa vor zwei, nein, vor drei Jahren.» Er lächelte ihr zu. «Na, den, der jetzt reinkommt, kennen Sie bestimmt, nicht wahr? Der Finanzminister. Ich hab ihn voriges Jahr interviewt. Ich möcht gern wissen, ob er sich an mich erinnert.»
    Anscheinend war es der Fall, denn als der Mann zu ihrem Tisch hinübersah, schaute er kurz näher hin und kam dann auf sie zu.
    «Gittel! Dich hab ich ja ’ne Ewigkeit nicht mehr gesehen. Was treibst du denn in Jerusalem?»
    «Hallo, Boas. Wie geht’s Lea? Und den Mädchen? Ich bin zu einer Tagung hier.» Sie machte ihn mit den anderen bekannt.
    «Und Uri? Immer noch in der Armee?»
    «Immer noch.»
    «Woher kennst du ihn, Gittel?», fragte Miriam, nachdem er gegangen war.
    «Boas?» Sie zuckte die Achseln, um anzudeuten, dass sie seine Position keineswegs beeindruckte. «Wir waren in der gleichen Einheit bei der Hagana.» Trotzdem war sie offensichtlich erfreut, dass der Finanzminister sich an sie erinnert und sie so überschwänglich begrüßt hatte.
    «Ich wollte Sie vorstellen», lachte Stedman in sich hinein, «und er hat sich nicht mal an mich erinnert.»
    «Boas? Der hat momentan viel im Kopf.»
    «Das nehme ich auch an. War das Ihr Sohn, nach dem er sich erkundigt hat? Er ist in der Armee? Als Berufssoldat?»
    «Wer weiß das schon bei jungen Leuten? Sie können von einer Woche zur anderen ihre Pläne ändern. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hab, vor Wochen übrigens, sprach er davon, dass er vielleicht ausscheiden würde. Er hat mit einem Mädchen angebandelt, und ich vermute, sie hat ihre eigenen Pläne mit ihm.»
    «Wann lernen wir ihn endlich kennen?», fragte Miriam. «Ein direkter Vetter, und wir sind fast drei Monate hier …»
    «Er kriegt nicht jede Woche Urlaub, verstehst du. Und ich hab’ so den Verdacht, dass er ein paar Mal frei hatte und mir nichts davon gesagt hat. Er trifft sich mit dem Mädchen. Sie lebt hier in Jerusalem. Er schrieb mir, er hätte nächste Woche frei, käme aber nicht nach Tel Aviv, sondern führe nach Jerusalem. Wie findest du das? Versetzt seine Mutter, um ein Mädchen zu sehen.»
    «Schreib ihm, wenn er herkommt, soll er bei uns reinschauen», sagte Miriam. «Und wenn’s nur für ein oder zwei Stunden ist. Sag ihm, er soll das Mädchen mitbringen. Und du könntest zum Sabbat aus Tel Aviv rüberfahren. Schreib ihm, er soll zum Dinner kommen – mit dem Mädchen. Vielleicht hätten Sie ja auch Zeit, Dan?»
    «Ich glaube nicht, Miriam. Durchaus möglich, dass Roy und ich bis dahin weg sind, und wenn nicht, müssen wir unsere Reisevorbereitungen treffen.»
    «Ach, richtig, Sie wollten uns ja davon erzählen.»
    «Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Mein Freund in der Botschaft hat die Sache für Roy geregelt, und ich hielt es unter den Umständen für gut, wenn ich mit ihm fahre. Ich hab das Material zusammen, das ich brauche, und die restliche Arbeit kann ich in den Staaten genauso gut erledigen.»
    Der Kellner, ein junger Mann mit vorzeitiger Glatze, brachte die Speisekarten und betreute sie geradezu väterlich. «Die Pastete ist ein Gedicht, madam. So eine Leber haben Sie garantiert noch nie gegessen.» Sie folgten seinem Rat, und sie war tatsächlich gut. «Verlassen Sie sich auf mich, nehmen Sie das Steak.» Und als Dan sich für Fisch entschied, zuckte er mitleidig die Achseln.
    Wenn er nicht servierte, scharwenzelte er um sie herum, goss Wein nach, gab Dan Feuer für seine Zigarette, hob Gittels heruntergefallene Serviette auf. Sie unterhielten sich angeregt. Gittel erzählte von den alten Zeiten, und Dan steuerte Erinnerungen an frühere Besuche in Israel bei.
    Nachdem der Kaffee serviert worden war, näherte sich der Oberkellner ihrem Tisch. «Mr. Stedman? Da ist ein Anruf für Sie. Hier entlang bitte.»
    «Das könnte Roy sein. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.»
    «Ein sehr netter Mensch», bemerkte Gittel.
    Er kam wenige Minuten später wieder zurück, sehr erregt, wie sie feststellen konnten.
    «War’s Roy?», erkundigte sich Miriam.
    «Nein. Ich muss Sie bitten, mich zu entschuldigen. Ich muss sofort nach Tel Aviv. Bitte bleiben Sie noch. Trinken Sie in Ruhe Ihren

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