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Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis

Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis

Titel: Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Vollkommer
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der Jack Sperry strebte. Auch nachdem Ehre und Erfolg ihn in großem Stil einholten. Als er 1970 für die Queen bei ihrem Besuch in Fort Smith dolmetschte und ihr die Stadt zeigte, erfuhr das sein Bekanntenkreis aus den Zeitungen.
    »Sie ist doch ein ganz normaler, netter Mensch«, wandte er überrascht ein, als Freunde ihn rügten, weil er sie im Vorfeld nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Die Begegnung erfreute ihn, dabei blieb er jedoch genauso bodenständig wie die alte Inuit-Frau, die fröhlich Rauchwolken aus ihrer Pfeife in das majestätische Gesicht blies, als Jack sie ermutigte, die Queen über das Leben der Ureinwohner aufzuklären.
    Angela und John besuchten das »Camrose«-Lutheran-College in Alberta. Hier lernte Angela ihren zukünftigen Ehemann, Douglas Friesen, kennen, der aus einer deutschen Mennonitenfamilie stammte. Angela und ihr Ehemann wie auch ihr Bruder John setzten sich sowohl beruflich als auch ehrenamtlich mit großem Engagement in der Rehabilitations- und Therapiearbeit wie auch in der Gefängnisseelsorge für ihre Inuit-Altersgenossen ein. Das Vorbild ihrer Eltern hatte tiefe Spuren hinterlassen.
    Für Jack und Betty war Ruhestand ein Fremdwort. Auch nach dem Ende von Jacks Dienstjahren als Bischof engagierte sich das Paar in ehrenamtlichen Organisationen, von den Anonymen Alkoholikern bis hin zur Arbeit im Gesundheitswesen, in Pfadfindervereinen und im Seelsorgedienst für die kanadischen Streitkräfte.
    Bis sich die Familie am 28. Juni 2001 wieder in einer großen Kirche versammelte, dieses Mal zu einem traurigen Anlass, war Johns Ehefrau Kathy zu der Familie gestoßen wie auch vier Enkelkinder.
    Bettys Tod kam unerwartet. Während einer Reise mit ihrem Mann rutschte sie im Badezimmer des Hotels aus, in dem sie übernachteten, und stand nicht mehr auf. Es war plötzliches Herzversagen. Bis die Rettungskräfte anrückten, lag sie schon tot in den Armen ihres Mannes. Der Schock saß tief.
    »Heutzutage sagen fromme Menschen über eine geliebte Person, die gestorben ist: ›Sie ist von uns gegangen, um ihrem Meister zu begegnen‹«, erzählte Jack der Trauergemeinde und kämpfte sichtlich gegen die Tränen, die bald ungehindert flossen. Die anglikanische Christchurch in Yellowknife, wo das Ehepaar Sperry inzwischen seinen Wohnsitz hatte, war an diesem Junitag bis auf den letzten Platz besetzt.
    »Meine geliebte Betty würde sagen, dass sie ihrem Meister schon vor vielen Jahren begegnet ist, als sie ein junges Mädchen war. Als Teenager vertraute sie ihr Leben aber bewusst und von ganzem Herzen dem Herrn an und blieb bei diesem Beschluss bis zu ihrem Lebensende.«
    Er erzählte davon, wie er sie kennengelernt hatte, von den ersten harten Jahren in Coppermine, von Bettys Bereitschaft, in wochenlanger Ungewissheit und Einsamkeit mit ihren Kindern zu Hause zu bleiben, von ihrem Beschluss, auch nach dem Verlust ihres Babys nach Coppermine zurückzukehren und mitten im Leid an der Aufgabe, die der Herr ihr anvertraut hatte, tapfer weiterzuarbeiten.
    »Was kann man über solch einen Menschen sagen?«, fragte er sein bewegtes Publikum am Schluss seiner Rede.
    »Allein eure Anwesenheit spricht Bände. Diejenigen aus dem Norden kennen sie als die Hebamme, die sie auf die Welt gebracht hat. Andere kennen sie als Leiterin der Kinderarbeit und der Pfadfinderinnen, die immer für sie da war. Die Worte der Wertschätzung aus eurem Mund zeugen von eurer Bewunderung für diese außerordentliche Frau, mit der ich verheiratet sein durfte.
    Heute nehmen wir Abschied, unter Tränen und in tiefer Trauer, aber dennoch im Sieg. Denn wir wissen, dass sie jetzt bei dem Herrn ist, dem sie so viele Jahre lang treu gedient hat. Ich glaube, Begräbnisse sind nicht für diejenigen, die uns verlassen haben, sondern für uns, die wir noch eine Weile hierbleiben müssen. Betty Sperry ließ die Welt in einem besseren Zustand zurück, als sie sie vorgefunden hatte. Mögen wir alle, durch die Gnade Gottes, das Gleiche tun. Amen.«
    So stand Jack alleine, als er am 30. November 2002 in einer feierlichen Zeremonie in Ottawa von der Generalgouverneurin Adrienne Clarkson den höchsten Orden Kanadas als Anerkennung für seinen Einsatz für das einheimische Volk des Nordens verliehen bekam und nun als frisch gekürter »Member of the Order of Canada« beglückwünscht wurde. In den Archiven des Generalgouvernements wurde sein Vermächtnis treffend zusammengefasst:
    »John R. Sperry engagiert sich seit mehr als 50 Jahren für

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