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Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis

Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis

Titel: Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Vollkommer
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Sam wieder aus der schweigsamen Benommenheit heraus, die sie mitten in der Fahrt überkam, wenn beide auf dem Schlitten saßen und die Hunde auf glattem Terrain gut liefen.
    »Whoa!«, rief Sam. Das gesamte Gespann schlitterte langsam zum Stillstand und die Männer blickten nach hinten. Im Mondlicht konnten sie einen von einer großen Hundestaffel geführten Schlitten ausmachen, der ebenso zum Bremsen angesetzt hatte. Die Sehkraft seiner Eskimofreunde, auch in der Dunkelheit, versetzte Jack immer wieder ins Staunen. Als Sam sagte, dass sich ein Schlitten näherte, konnte Jack diesen noch nicht sehen. Bis der Schlitten nahe genug war, dass Jack ihn sehen konnte, hatte Sam die Hunde schon gezählt. Bis Jack die kleinen Punkte ausmachte, die Hunde waren, wusste Sam schon, wer auf dem Schlitten saß.
    Bei den Hunden brach ein wahres Getümmel aus, ein Jaulen, ein Bellen und Begrüßen. Eine Begegnung mitten in der endlosen Leere der Arktissteppe war wahrhaftig ein Ereignis.
    »Alfred, du bist es! Und dein Bruder!«, rief Sam, nachdem er vom Schlitten heruntergesprungen war.
    »Das gehört gefeiert! Zeit für ein Mug-up!«, sagte Jack, der schon dabei war, den Kerosinbrenner auszupacken und die Hunde zur Ruhe zu bringen. Alfred war neben Sam einer seiner treuesten Begleiter auf Inlandreisen geworden.
    »Wir fahren schon seit Stunden in euren Schlittenspuren in der Hoffnung, euch einzuholen und etwas Gemeinschaft zu haben! Und du bist inzwischen ein Karibu-Experte, Mr Sperry, wie ich sehe!« Alfred war beeindruckt, als er den Berg von frisch gefrorenem Fleisch und Fell erblickte, der auf dem Schlitten hochragte.
    Alfred, einer der geschicktesten Jäger der Gegend um Coppermine, war derjenige, der Jack beigebracht hatte, wie man ein Karibu häutet. Es war der Anfang einer tiefen und langjährigen Freundschaft gewesen. Auf der nächsten Reise sollte Alfred wieder Jacks Begleiter sein. Erfahrene Jäger waren als Begleiter die Überlebens- und Erfolgsgarantie schlechthin. Wie Sam war auch Alfred ein Multitalent. Zäh, furchtlos und zuverlässig hatte er grausamsten Winterstürmen getrotzt. Und wenn es sein musste, harrte er tagelang ohne Schlaf und Nahrung aus.
    »In welche Richtung ist die Herde denn gerannt?«, fragte Alfred, als sich die Männer nach dem Austausch von Neuigkeiten und Erlebnissen verabschiedeten.
    Für Alfred war es Routine, zu jeder Zeit ein Auge für umherwandernde Tiere offen zu halten. Ein einziges erlegtes Tier bedeutete Nahrungsvorräte für einige Tage.
    Aber selbst erprobte Jäger waren nicht vor Missgeschicken gefeit. Nachdem sich Alfred und sein Bruder von Sam und Jack verabschiedet hatten, folgten sie Karibuspuren, die bergauf führten. Auf der Kante eines Bergkamms sah Alfred die majestätische Gestalt eines Männchens, klar umrissen gegen den mondbeschienenen Himmel. Er zog an den Zügeln, um die Hunde ohne Rufe anzuhalten, klemmte den Schlittenanker im Schnee fest und zielte auf das Tier. Der Schuss verletzte, tötete es aber nicht. Es ergriff die Flucht und raste davon. Als die Hunde Blut rochen, sprangen sie auf, zerrten den Anker aus dem Schnee und rannten dem Tier hinterher. Alfred und sein Bruder hatten keine Chance, sie einzuholen. Hinter dem Bergkamm fiel der Hang in einer vertikalen Wand steil ab. Weder das Karibu noch die Hunde überlebten den Sturz.
    Vier Tage später liefen zwei erschöpfte Männer erhobenen Hauptes, aber mit langsamen Schritten auf das Missionshaus zu. Sie waren ununterbrochen gelaufen. Der »Mug-up« mit Jack und Sam war ihre letzte Mahlzeit gewesen.
    Schon als er die Tür öffnete, wusste Jack sofort, dass etwas nicht stimmte.
    »Lasst uns dem Herrn danken, dass euch wenigstens nichts passiert ist und dass ihr heil angekommen seid«, sagte er tief bewegt, nachdem er den Männern etwas zu trinken und essen gegeben und ihre traurige Geschichte gehört hatte.
    Von einem Tag auf den anderen war Alfred vollkommen mittellos geworden und auf die Hilfe seiner Freunde angewiesen. Diese Hilfe ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Verschiedene Familien, auch Jack und die Websters, schenkten ihm Hunde aus ihren Gespannen. Natürlich waren diese nicht die besten Hunde, ein neues Gespann muss eingearbeitet werden. So dauerte es eine Weile, bis Alfred sich wieder auf den Weg in die Wildnis aufmachen konnte.

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