Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis
bald eine Ehefrau auf ihn warten würde, wenn er von langen, strapaziösen Reisen im Schnee zurückkehrte. Ihm fiel ein, dass sich seine äußerliche Erscheinung durch die Dauerbeanspruchung durch Wind, Kälte, Sonne und dem Leben im Freien sicher geändert hatte.
»Auf vorteilhafte Weise, kann ich nur hoffen, zumindest nachdem ich mich rasiert habe«, dachte er, als er sich nach der Rückkehr kritisch im Spiegel musterte, »ausgenommen die Zähne natürlich.«
Am 17. April 1952 war es endlich soweit. Jacks Ohren lauschten schon auf das Brummen der herannahenden Maschine.
»Ist es wirklich zweieinhalb Jahre her?«, fragte er sich, während er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat und seine Lippen aufeinanderpresste in dem Versuch, die unvollständige Zahnreihe zu verbergen.
»Oder sehe ich besser aus, wenn ich sie gleich mit offenem Mund anstrahle, auf das Risiko hin, dass sie einen Schreck bekommt?«
Er hatte so oft von diesem Augenblick geträumt. Der kleine Flieger, der in ihm eindrückliche Erinnerungen an seinen eigenen ersten Flug nach Coppermine weckte, setzte auf das Wasser auf und zischte ans Ufer. Dann sah er Bettys fröhliches Gesicht an der Tür.
Sie standen einander einen kurzen Augenblick voll Verlegenheit gegenüber. Jeder wartete darauf, dass der andere anfing zu reden. Betty bewunderte Jacks Sonnenbräune und stellte mit Erleichterung fest, dass die Strapazen der Arktis dem Zwinkern in seinen Augen, das sie so lieb gewonnen hatte, nicht geschadet hatten. Er versicherte ihr lachend, dass er in keine Schlägerei verwickelt worden war und dass die reparierten Zähne sich irgendwo in einem der Postsäcke befanden, die gerade aus dem Flieger ausgeladen wurden. Sie erzählte von der Hochzeitstorte und wie froh sie um den alten britischen Brauch war, Hochzeitstorten aus mit hartem Zuckerguss verkleidetem, haltbarem Rosinenteig zu backen und auf diese Weise ein stabiles Bauwerk aus ihnen zu machen. Mit einer Sahnetorte wäre die Reise in der Tat schwieriger gewesen.
Das Eis war gebrochen. Und Jack kam es so vor, als wären sie nie getrennt gewesen und würden sich schon ihr Leben lang kennen. Bald gab es eine Menge zu erzählen. Mit einer einzigen Reisetasche ausgestattet und zwei Kartons, in dem einen ein sorgfältig gefaltetes Hochzeitskleid und im anderen eine Hochzeitstorte, betrat Betty MacLaren ihre neue Welt.
Hochzeit ganz in Weiß
»Wo hat dein Vater so einen tollen Mann für dich gefunden?«, flüsterte eine neugierige Nachbarin in gebrochenem Englisch. Kaum hatte Betty ihre Tasche im bescheidenen Missionshaus ausgepackt, das noch mit den gepackten Umzugskisten der Familie Webster voll stand, machte sie ihre erste wichtige Entdeckung: Hier gab es keine Privatsphäre. Zu allen Tages- und manchmal auch Nachtzeiten gab es im Missionshaus ein reges Kommen und Gehen. Ihre Hochzeit würde das Ereignis des Jahres werden. Alle waren auf die neue weiße Frau gespannt und kamen, um sie zu besichtigen.
»Mein Vater?! Ich habe ihn selbst gefunden!«, flüsterte Betty zurück. »Eigentlich war es andersrum. Er hat mich gefunden.«
Die Nachbarin sah empört aus.
»Aber woher konntest du wissen, dass er Eisbären und Karibus jagen, Fallen legen, Fische fangen, Robben häuten, Schneehäuser bauen kann?«
Betty musste kurz nachdenken.
»Er hat mir geschrieben, dass er es kann, und ich glaubte ihm«, antwortete sie zuversichtlich, aber leicht verwirrt.
Die Nachbarin schaute sie mitleidsvoll an. »Eine unsichere Sache, die ihr da vorhabt. Bei uns entscheiden die Eltern, wen und wann wir heiraten.«
Plötzlich war Betty alles klar. Ihre Augen leuchteten auf.
»Erzähl mir, wie du deinen Mann gefunden hast!«
Die Nachbarin zog ihren Hocker ein Stück näher an sie heran und schaute Betty intensiv an.
»Wir kennen uns alle, unsere Eltern beobachten genau, wer in der Nachbarschaft seine Söhne oder Töchter am besten erzieht. Es werden schon ganz früh Verhandlungen geführt.«
»Und seit wann wusstest du, wen du heiratest?«, fragte Betty, von ihrem ersten Kulturschock gleichzeitig fasziniert und entzückt.
»Schon immer«, antwortete ihre neue Freundin, »unsere Väter jagten zusammen. Die eine Familie bekam einen kleinen Jungen, meine Eltern bekamen zur gleichen Zeit mich, und das Abkommen wurde gemacht.«
»Und wenn du ihn nicht geliebt hättest?«, fragte Betty, deren Augen immer größer wurden.
»Geliebt?« Die Frau lachte. »So lange er Robbenspeck und -fleisch für mich und meine
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