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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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zu verletzbar gemacht.
    Jetzt stützte Logan sich mit den Händen an der Wand ab und ging in die Hocke. Fin rutschte nah an ihn heran, höhnisch grinsend und leise fluchend. Endlich stellte er einen Fuß auf Logans Schenkel, stieg auf seinen Rücken und dann auf seine Schultern, wobei er sich mit seinen eigenen Händen an der steilen Wand nach oben tastete.
    Überraschenderweise war das Gewicht nicht schlimm. Logan dachte, dass er es schaffen konnte. Er brauchte lediglich die Knie steif zu machen und sich an die Wand zu lehnen, und er konnte es schaffen. Auf keinen Fall würde er aus eigener Kraft das Seil hinaufklettern können, aber vielleicht würden seine Freunde ihn hinausziehen. Wenn er als Letzter ging, würde er das Seil um sich binden, und Lilly, Knirsch und Natassa konnten ihn rausziehen. Wenn er nur aufhören würde zu zittern.
    »Beeil dich«, sagte er.
    »Du bist so verdammt groß«, erwiderte Lilly. »Kannst du dich nicht hinhocken?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Scheiße«, sagte sie. »Na schön. Bitte Knirscher, dir zu helfen. Du bist der Einzige, auf den er hört.«
    »Worum soll ich ihn bitten?« Er wusste, es hätte offensichtlich sein sollen, aber er konnte nicht klar denken.
    »Mich hochzuheben«, antwortete Lilly.
    »Oh. Knirsch. Heb sie hoch. Nein, Knirsch, nicht so.« Es erforderte einige Anweisungen, aber schließlich verstand
Knirsch und hockte sich neben Logan, während Lilly auf seinen Rücken kletterte und sich dann auf seine Schultern stellte. Anschließend nahm sie den Schlüssel zwischen die Zähne und versuchte auf Logan hinüberzusteigen.
    Logan war viel größer als Knirscher, daher musste Lilly auf Logans Schulter steigen, wo bereits Fin stand. Logan taumelte unter dem ungleichmäßig verteilten Gewicht.
    »Steh still«, zischte Fin. Wiederholt verfluchte er Logan, während Natassa Logan eine Hand auf die Schulter legte und versuchte, ihm Halt zu geben.
    Logan brach der kalte Schweiß aus. »Los«, sagte er. »Beeil dich nur.«
    Lillys Gewicht drückte wieder auf seine linke Schulter, dann schwankte das Gewicht über ihm hin und her, während sie und Fin versuchten, das Gleichgewicht zu halten. Logan konnte nicht erkennen, was sie taten. Er presste die Augen fest zu und hielt sich an der Wand fest.
    »Ihr könnt das schaffen«, flüsterte Natassa. »Ihr könnt das schaffen.«
    Plötzlich verlagerte sich das Gewicht hart nach rechts, und die Locher keuchten auf. Logan sackte zusammen, dann kämpfte er wieder. Sein rechtes Bein zitterte vor Anstrengung.
    Plötzlich wurde die Last leichter, und rund um das Loch war ein leises Aufstöhnen zu hören. Logan blinzelte nach oben und sah, dass Lilly auf Fins Rücken war, und sie hatte mit einer Hand das Gitter über sich gepackt, sodass sie einen Teil ihres Gewichts nun selbst trug.
    Dann hörten sie das Geräusch, das sie fürchteten. Es war das Geräusch von Leder und klirrenden Kettenpanzern, und außerdem konnten sie einen Schwall von Flüchen und ein Schwert hören, das auf die Felsen klopfte. Gorhky kam.

39
    Die Hexerstunde war angebrochen. Ein eisiger Wind peitschte die Wolken durch die Berge. Es war kalt, zu kalt für Schnee. Der Wind durchschnitt Umhänge und Handschuhe, und die Männer zitterten auf ihren Posten. Die Wolken sahen aus wie Gespenster, die über die Felsen huschten und an den Mauern emporwogten. Dicke, breite Kohleöfen, die überall entlang der Mauern brannten, trugen nichts dazu bei, die Kälte abzuwehren. Die Hitze wurde davongeweht, von der Nacht verschluckt. Bärte gefroren, und Muskeln wurden steif. Offiziere blafften den Männern zu, dass sie in Bewegung bleiben sollten, mit erhobenen Stimmen, um den vertrauten Schrei des Windes zu übertönen.
    Diese hohen Schreie waren für gewöhnlich Gegenstand immer wieder neu erzählter Witze und Vergleiche mit den letzten Schlafzimmereroberungen der Männer, manchmal begleitet von Imitationen. Regnus Gyre hatte die Männer nie dafür bestraft, wenn sie in diese Winde geheult hatten. Es wehrte Ängste ab, sagte er. An jedem anderen Ort wäre es eine Ablenkung gewesen, hätte es den Männern unmöglich gemacht, Eindringlinge zu hören, aber in Schreiende Winde konnte man ohnehin nichts hören.
    Heute Nacht heulte niemand. Heute Nacht schienen diese Schreie unheilverkündend. Und wenn die Männer schon
schlecht hörten, so sahen sie nicht viel besser. Die dahinjagenden Wolken waren dick und blendeten den Mond und die Sterne so vollkommen aus, dass sie sich glücklich

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