Am Rande Der Schatten
Qual.
»Nun ja, vielleicht für diese Spinner!«
»Kylar!« Elene zog die Augenbrauen hoch, als wolle sie sagen: Wir stehen mitten auf einem überfüllten Marktplatz, würdest du bitte den Mund halten?
Er schaute sich um. Er hatte noch nie im Leben so viele Ohrringe gesehen. Wie war es möglich, dass sie ihm zuvor nicht aufgefallen waren? Und er hatte recht. Fast alle waren aus Gold, und alle Leute trugen ihr Haar so, dass ihre Ohren entblößt blieben.
»Dieses Mädchen habe ich schon einmal gesehen«, bemerkte Kylar.
»Capricia?«
»Als ich neulich nachts unterwegs war, wollten einige Banditen ihr wehtun. Früher hätte ich sie getötet. Stattdessen habe ich ihnen Angst gemacht.«
Sie schien nicht recht zu wissen, warum er ihr das jetzt erzählte. »Nun, das ist wunderbar. Siehst du? Gewalt löst keine …«
»Schatz, einer von ihnen war der Shinga. Ich habe einen rachsüchtigen Mann dazu gebracht, sich vor seinen Untergebenen in die Hose zu machen. Gewalt war die einzige Lösung. Dieses Mädchen steckt jetzt tiefer in Schwierigkeiten als an dem Tag, bevor ich ihr geholfen habe.« Er fluchte leise. »Warum musstest du mich dorthin bringen? Wir haben nicht einmal genug, um ein Geburtstagsgeschenk für Uly zu kaufen. Wie sollten wir uns diese Ringe leisten können?«
»Es tut mir leid, in Ordnung?«, sagte Elene. »Ich wollte nur sehen, wie es ist.«
»Es ist das Schwert, nicht wahr? Du willst immer noch, dass ich das Schwert verkaufe.«
»Hör auf damit! Ich habe kein Wort von dem Schwert gesagt. Es tut mir leid. Ich dachte, es könnte dich interessieren. Ich bitte dich nicht, mir irgendetwas zu kaufen.« Jetzt sah sie ihn nicht an, und sie hielt gewiss nicht seine Hand. Nun, das war besser als Tränen. Nicht wahr?
Er ging eine Weile neben ihr her, während sie so tat, als stöbere sie in den Freiluftläden; sie nahm Waren in die Hand, untersuchte Stoffe und betrachtete Puppen, die sie sich nicht leisten konnten.
»Also«, erklärte er schließlich. »Da wir uns ohnehin bereits streiten …«
Sie drehte sich um und blickte zu ihm auf, ohne zu lachen. »Ich will nicht über Sex reden, Kylar.«
Er hob in gespielter Unterwerfung die Hände. Versuchte immer noch, witzig zu sein. Immer noch erfolglos.
»Kylar, erinnerst du dich daran, wie es sich anfühlt zu töten?«
Allzu weit brauchte er da nicht zurückzudenken. Es war ein Triumphgefühl, die schreckliche Freude der Meisterschaft,
gefolgt von Trostlosigkeit, einer kranken Leere in der Brust, dem Wissen, dass selbst ein hartgesottener Verbrecher sich vielleicht hätte ändern können und nun nie mehr die Chance dazu haben würde. Verstand sie, dass ein Teil von ihm das liebte?
»Schatz, wir haben nur ein begrenztes Maß an Zeit und ein begrenztes Maß an Gaben. Du hast mehr Gaben als die meisten, und ich weiß, dass du Gutes tun willst. Ich weiß, dass du in diesem Punkt voller Leidenschaft bist, und ich liebe dich dafür. Aber schau dir an, was geschieht, wenn du versuchst, die Welt mit einem Schwert zu retten. Dein Meister hat es versucht, und sieh dir an, was für ein verbitterter, trauriger alter Mann er geworden ist. Ich will nicht zusehen, wie dir das Gleiche widerfährt. Ich weiß, dass dir das Leben als Apotheker nach dem Wohlstand, den du als Blutjunge hattest, und nach den Dingen, die du getan hast, wie ein geringer Ehrgeiz erscheint. Er ist nicht gering, Kylar. Er ist riesig. Du kannst so viel mehr an Gutem für die Welt tun, indem du ein guter Vater bist und ein guter Ehemann und ein Heiler, als du es als Auftragsmörder jemals hättest tun können. Denkst du, es sei ein Fehler, dass der Gott dir die Fähigkeit zu heilen gegeben hat? Das ist die göttliche Ökonomie. Er ist bereit, das, was wir zerstört haben, mit neuen und schönen Dingen zu verdecken.
So, wie es auch mit uns beiden gegangen ist. Wer hätte gedacht, dass du und ich sicher aus der Gasse herauskommen und einander wiederfinden würden? Wer hätte gedacht, dass wir Uly adoptieren könnten? Sie hat jetzt eine Chance - nachdem sie als Kind eines Meuchelmörders und einer Bordellwirtin zur Welt gekommen ist. Einzig der Gott konnte das tun, Kylar. Ich weiß, du glaubst noch nicht an ihn, aber hier ist seine Hand am Werk. Er hat uns diese Chance gegeben, und
ich will, dass du daran festhältst. Bleib bei mir. Verlasse dieses Leben. Du warst nicht glücklich dort. Warum solltest du zurückkehren wollen?«
»Das will ich gar nicht«, sagte er. Aber es war nur die halbe
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