Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)
Town? Der Modus Operandi ist ja sehr ähnlich, und wenn wir Dean mit dem Tatort in Verbindung bringen könnten …«
Der Chef verzog das Gesicht. »Das ist ein bisschen verzwickt, Matthew. Wir stehen enorm unter Druck, da zu einem Schuldspruch zu kommen – Spannungen in der Community, Sie wissen schon. Und alle Ihre Zeugen geben an, dass Dean den Club vor dem Tatzeitpunkt verlassen hat, nicht wahr?«
»Ja.« Zumindest die, die tatsächlich ausgesagt hatten. Und das Taxi, das Dean angeblich nach Hause gebracht hatte, war nicht zu ermitteln gewesen. Aber. Aber, aber, aber.
»Das Letzte, was wir wollen, ist, dass sich die Presse wieder einschaltet. Wollen Sie dem noch mal nachgehen? Heimlich, still und leise sozusagen?«
Hegarty beschloss, nicht zu gestehen, dass er das längst getan hatte. »Nun, Sir, die Sache ist die: Ich bitte Sie darum, mich von dem Fall abzuziehen.«
Bartons Augenbrauen schossen in die Höhe. Hegarty fuhr unbeirrt fort: »Ich bin befangen.«
»Inwiefern?« Jetzt drohte der arme Gummibaum auch noch zu ersaufen.
»Äh, aus persönlichen Gründen, Sir. Ich bin persönlich befangen. In den PACE-Codes heißt es – na, Sie wissen ja.« Er verstummte.
Jetzt verschwanden die Augenbrauen fast unter dem rotblonden Haar. »Gibt es da etwas, das Sie mir erzählen sollten, Matthew? Ist irgendetwas passiert?«
»Nein, Sir.« Er dachte an ihre Lippen auf seiner Wange, am Singapurer Hafen. »Noch nicht.«
Hegarty war zwar wunschgemäß von den Ermittlungen abgezogen worden, musste als festnehmender Beamter aber bei Dans Gerichtsverfahren aussagen, und deshalb war er an diesem Tag herbeizitiert worden, von dieser verdammten Aussi-Tussi, der Anwältin, die Charlotte in Singapur aufgetan hatte. Zierlich wie ein kleines Mädchen saß sie hinter dem Tisch und ging immer wieder die einzelnen Beweise durch. Normalerweise reichte die Polizei der Verteidigung nicht mal den kleinen Finger, doch nach Hegartys zur Unzeit erfolgtem Eingeständnis hatte die Chefetage verfügt, man solle sich ausnahmsweise mal von der kooperativen Seite zeigen. Deshalb saßen sie also hier, zusammen mit dem Staatsanwalt, einem gewissen Adam Hunt. Stock im Arsch und offenkundig sehr von sich eingenommen.
Kylie sagte: »Erläutern Sie mir bitte den ganzen Vorgang, Officer. Was führte Sie am Morgen des zehnten Mai zu Daniel Stockbridge?«
»Das habe ich Ihnen doch bereits gesagt«, erwiderte Hegarty ungeduldig. »Wir fanden auf dem Schreibtisch in dem Büro seine Firmenkreditkarte, fragten bei seinem Arbeitgeber nach und bekamen seine Adresse. Es war ganz einfach.« Ja, Haussmann’s war nur allzu bereit gewesen, alles herauszurücken, was sie über Daniel Stockbridge hatten. Das fiel unter die berühmten Warnsignale von Hegartys Vater: Wenn dir jemand unbedingt helfen will, mein Junge, dann frage dich: Warum? Aber er hatte sich das eben nicht gefragt, weil er viel zu begierig gewesen war, seinen ersten großen Fall zu lösen.
»Von dieser Kreditkarte einmal abgesehen: Konnten Sie ihn noch auf andere Weise mit dem Vorfall in Verbindung bringen?«
»Das war nicht irgendein ›Vorfall‹ – das war Mord. Zahlreiche Zeugen haben gesehen, wie er mit dem Opfer in den hinteren Bereich des Clubs ging.«
»Dem mutmaßlichen Opfer …«
»Dem Verstorbenen . Und ein Taxifahrer identifizierte ihn als Fahrgast, der wenig später vor dem Club in seinen Wagen stieg.«
»Aber wie konnten Sie so sicher sein, dass er es tatsächlich war?«
»Zwei Zeugen haben ihn bei einer Gegenüberstellung eindeutig identifiziert, und anschließend gab er zu, Mr Johnson am Tatort tätlich angegriffen zu haben. Daraufhin beschlossen wir, die Anklage einzuleiten.«
Kylie klickte eine Zeit lang mit ihrem Kugelschreiber herum. »Ihre Zeugen, das waren Johnsons Schwester und seine Geliebte, nicht wahr? Die waren bestimmt ziemlich erschüttert.«
Diese Finte war Hegarty nicht neu. »Hörensagen. Darauf antworte ich nicht.«
»Egal. Was genau hat Mr Stockbridge gestanden?«
»Einen leichten Schlag. Er sagte bei seiner Vernehmung, das Opfer sei anschließend ›okay‹ gewesen. Sie können das alles nachlesen.«
»Das mutmaßliche Opfer. Genau. Und die Spurensicherung fand nur minimale Mengen Blut auf dem Hemd des Angeklagten, nicht wahr?«
»Ja, aber …«
»Beantworten Sie bitte nur die Frage, Officer.« Sie zwinkerte ihm zu, und er wandte den Blick ab und biss die Zähne zusammen. »Auf dem Hemd des Angeklagten fanden sich also keine nennenswerten
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