Am Samstag aß der Rabbi nichts
ganzen Tag. Zu Hause angekommen,
ließ er den Wagen draußen stehen, anstatt ihn in die Garage …»
«Weil er zu bequem war, auszusteigen und die Garagentür zu
öffnen?», fragte Beam.
«Nein; die Garage stand offen. Das ist hier üblich. Wir
haben nicht viele Diebe in der Gegend. Man lässt die Tür tagsüber offen und
schließt nur für die Nacht.»
«Wissen Sie das im Falle Hirsh?», erkundigte sich Beam.
«Ja. Wir kommen noch später darauf zurück … Also weiter:
Patricia Hirsh, die Frau von Isaac Hirsh, ging zu der in der Nachbarschaft
wohnenden Familie Marcus, um die Kinder zu beaufsichtigen, während die Eltern
in der Synagoge waren. Sie hatte versprochen, früh drüben zu sein, deshalb stellte
sie Hirsh das Abendbrot auf den Tisch und verließ um 18 Uhr 30 das Haus. Hirsh ging nach dem
Essen gegen 19 Uhr fort.»
«Stimmt die Zeit?», fragte der Rabbi.
«Ja, ziemlich genau. Wir haben das von dem Mann, der den
Schnaps abgeben sollte – Sie erinnern sich? Gut; Hirsh fuhr dann in Richtung
Labor los. Als Nächstes wurde er von der Besatzung eines Streifenwagens auf
einem Rastplatz an der Fernstraße 128 gesehen, etwa vierhundert
Meter vom Labor entfernt. Die Streife fuhr, wie Sie wissen, später nochmals
zurück und fand die Verpackung der Flasche.»
«Wann war das?»
Lanigan zuckte die Achseln. «Die Beamten haben die Zeit nicht
notiert – es bestand keinerlei Veranlassung. Sie wissen nur noch, dass es
irgendwann am Abend war; sie erinnerten sich nicht einmal an die genaue Stelle
und mussten erst sämtliche Rastplätze in ihrem Sektor abklappern, bis sie den richtigen
fanden. Wir wissen also nur, dass Hirsh im Laufe des Abends dort war. Das war
das letzte Mal, dass er lebend gesehen wurde.»
«Moment mal … Sagten Sie nicht, dass er selbst nicht
gesehen wurde, sondern nur sein Wagen?», fragte der Rabbi.
«Nun, sie sahen eine Gestalt im Wagen. Wir nehmen an, dass
es Hirsh war … Ist das wichtig?»
«Wahrscheinlich nicht. Weiter.»
«Mrs. Hirsh kam kurz nach elf nach Hause, und …»
«So spät?», warf der Rabbi ein. «Der Gottesdienst war
bereits um Viertel nach zehn zu Ende.»
«Die Marcus sind nicht direkt nach Hause gegangen; sie haben
noch Freunde besucht», erklärte Beam. «Ich weiß es von Mrs. Marcus.»
«Und dann haben sie noch sicher eine Weile mit Mrs. Hirsh
geplaudert», sagte Lanigan. «Jedenfalls, gegen Mitternacht rief sie im Labor
an, um ihren Mann zu fragen, wann er nach Hause …»
«Woher wusste sie, dass er dort war?», wollte der Rabbi wissen.
«Er hatte es ihr beim Abendbrot gesagt. Außerdem ging er oft
noch einmal hin … Der Nachtwächter teilte ihr mit, Hirsh sei nicht dort
gewesen.» Lanigan berichtete weiter, wie sie einen Streifenwagen zu Mrs. Hirsh
geschickt hatten, um nähere Einzelheiten zu erfahren, und wie dem Beamten die geschlossene
Garagentür aufgefallen sei – er hatte sich erinnert, dass sie kurz zuvor noch
offen gewesen war.
«Er ging also in die Garage», fuhr Lanigan fort. «Der Wagen
stand dort, ganz dicht bei der Wand. Er drückte sich durch, öffnete die
Wagentür und fand Hirsh tot auf dem Mitfahrersitz liegen, neben sich die halb
leere Wodkaflasche. Die Zündung war angestellt, aber der Motor lief nicht – kein
Benzin mehr. Der Beamte benachrichtigte das Revier, worauf wir den Arzt und
einen Fotografen hinschickten – die übliche Prozedur.»
Er zog ein großes Foto hervor. «Diese Aufnahme zeigt am besten
die Situation; sie wurde von der Einfahrt aus gemacht. Beachten Sie den geringen
Abstand zwischen Fahrersitz und Wand – höchstens fünfzig Zentimeter. Auf der
anderen Seite steht eine Mülltonne, knapp dreißig Zentimeter vom Wagen
entfernt. Das ist wichtig; darauf basiert Charlie Beams Selbstmord-Hypothese … Was
man nicht auf dem Bild sieht: Die Stoßstange berührt die Garagenwand. Also gut;
da der Wagen kein Benzin mehr hatte, ließen wir ihn stehen und nahmen die
Leiche heraus. Erst am nächsten Morgen holten wir ihn ins Revier – er steht
übrigens noch dort; Mrs. Hirsh fährt selbst nicht, und wir haben ihn noch nicht
zurückgebracht … Ja, das wär’s wohl.» Er lehnte sich zurück, aber dann fiel ihm
noch etwas ein: «Ach ja – wir ließen die Autopsie vornehmen; die im Körper
enthaltene Alkoholmenge entsprach dem, was in der Flasche fehlte. Der Eintritt
des Todes wurde anhand des Mageninhalts bestimmt und auf etwa halb neun
festgesetzt.»
Die vier saßen eine Weile schweigend da. Schließlich sagte der
Rabbi:
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